Finanzielle Unabhängigkeit? Ohne Finanzcheck am Anfang geht das nicht

Interview mit Isabell Pohlmann, Freie Journalistin und Autorin

Wirtschaftsforum: Frau Pohlmann, in Ihrem Buch sprechen Sie von finanzieller Unabhängigkeit von Frauen. Ist diese Unabhängigkeit nicht für beide Geschlechter interessant oder warum sparen Sie die Herren der Schöpfung aus?

Isabell Pohlmann: Natürlich ist diese Unabhängigkeit auch für Männer interessant, und auch sie können in unserem Ratgeber Tipps für ihre Finanzen finden – ganz gleich, ob es ums Steuern sparen oder um den passenden Versicherungsschutz geht. Beim Blick auf die Finanzen von Frauen und Männern gibt es allerdings einen gravierenden Unterschied: Viele Frauen haben eine ganz andere finanzielle Ausgangsposition als Männer. Das beginnt beim Grundgehalt, das für Frauen im Schnitt immer noch niedriger ausfällt. Hinzu kommt, dass es häufig die Frauen sind, die die längeren beruflichen Auszeiten für die Familie nehmen und anschließend in Teilzeit statt in Vollzeit arbeiten. All das hat Folgen – nicht nur für die finanziellen Spielräume heute, sondern auch für die Rente. Genau auf diese besondere Ausgangsposition wollen wir mit unserem Ratgeber reagieren und Frauen gebündelte Tipps geben, um das Beste aus ihrer Situation zu machen.

Isabell Pohlmann, Freie Journalistin und Autorin
„Beim Blick auf die Finanzen von Frauen und Männern gibt es allerdings einen gravierenden Unterschied: Viele Frauen haben eine ganz andere finanzielle Ausgangsposition als Männer.“ Isabell Pohlmann

Wirtschaftsforum: Der Titel lautet „Finanzplaner Frauen“ und Sie skizzieren dabei auch anschaulich einige Lebenswege/Lebenspläne. Wie „lebensnah“ sind Ihre Entwürfe wirklich und wie gelingt Ihnen der Spagat zwischen Theorie und Praxis?

Isabell Pohlmann: Vor dem Schreiben dieses Ratgebers haben wir mit Frauen gesprochen – in ganz unterschiedlichen Lebenslagen. Dazu gehörte die berufstätige Single-Frau genauso wie die junge Mutter, die sich Gedanken über die Rückkehr in den Beruf macht, oder auch ältere Frauen, die verunsichert waren über die zu erwartende Rente. Einige Themen sind für sie alle relevant, zum Beispiel die Frage der Altersvorsorge. Denn fest steht, dass die gesetzliche Rente allein im Ruhestand nicht ausreichen wird und zusätzliche Vorsorge nötig ist. In der praktischen Umsetzung gibt es dann aber Unterschiede – zum Beispiel, weil nicht jedes Vorsorgeprodukt in jeder Lebenssituation gleich gut geeignet ist. Diese Unterschiede haben wir aufgegriffen und Frauen in zehn verschiedenen Situationen zunächst eine erste Checkliste mit wichtigen und sinnvollen Handlungsschritten zusammengestellt, um anschließend zu Themen wie Steuern, Geldanlage oder eben Vorsorge ins Detail zu gehen. Ich denke, viele Frauen werden sich in einer der vorgestellten Lebenssituationen wiederfinden.

Wirtschaftsforum: Sparen ist eigentlich eine Tugend der Deutschen. Jetzt vermiesen Niedrigzinsen das althergebrachte Sparbuch. Wie aufgeschlossen sind denn Frauen Ihrer Meinung nach zu möglichen Alternativen?

Isabell Pohlmann: Einige Studien deuten darauf hin, dass Frauen in Sachen Geldanlage vorsichtiger sind als Männer. Und auch die Gespräche mit den Frauen vorab haben gezeigt, dass der Aspekt Sicherheit bei der Geldanlage eine besondere Rolle spielt. Deutlich wurde aber auch, dass durchaus die Bereitschaft da ist, das Geld anders anzulegen und etwas Risiko einzugehen. Für die Entscheidung über die weitere Geldanlage ist aber nicht nur entscheidend, ob Frauen Produkten wie Wertpapieren oder Indexfonds gegenüber aufgeschlossen sind. Wichtig ist zudem, dass sie sich wie auch die Männer vor ihrer Anlageentscheidung darüber klar werden, welches Ziel sie verfolgen und welchen Zeithorizont sie haben: Wird das Geld etwa als sichere Zusatzeinnahme im Ruhestand gebraucht? Geht es um das Ansparen von Eigenkapital für den Traum vom Eigenheim? Oder geht es darum, Geld anzulegen, das zum Beispiel aufgrund des guten Verdienstes der letzten Jahre oder nach einer Erbschaft erst einmal nicht gebraucht wird? All das sollte in die Entscheidung für oder gegen eine Geldanlage mit einfließen.

„Bei aller möglichen Skepsis gilt: An manchen Versicherungen kommen Frauen wie Männer nicht vorbei.“ Isabell Pohlmann
Isabell Pohlmann, Freie Journalistin und Autorin

Wirtschaftsforum: Sie sprechen viel über Absicherung durch Versicherungen, Rente oder andere Vorsorgemaßnahmen. Dabei herrscht aktuell große Skepsis gegenüber den Anbietern, egal ob Unternehmen oder Staat. Sind die Angebote besser als ihr Ruf?

Isabell Pohlmann: Hier lohnt es sich, genauer zu unterscheiden. Denn bei aller möglichen Skepsis gilt: An manchen Versicherungen kommen Frauen wie Männer nicht vorbei. So sollte zum Beispiel eine Privathaftpflichtversicherung in keinem Haushalt fehlen. Jeder, der von seinem Einkommen lebt, sollte wenn möglich eine Berufsunfähigkeitsversicherung haben. Und für jeden, der andere zu versorgen hat, ist eine Risikolebensversicherung äußerst sinnvoll. Je nach Lebenssituation sind weitere Verträge empfehlenswert. Geht es um das Thema Altersvorsorge, ist es hingegen tatsächlich so, dass zum Beispiel die staatlich geförderten Vorsorgeprodukte wie Riester- oder Rürup-Rente ihre Schwächen haben, etwa die mit dem Vertragsabschluss verbundenen Kosten. Andererseits kann zum Beispiel gerade der Riester-Vertrag für viele Frauen doch ein interessantes Produkt sein: Schließlich können gerade Frauen mit Kindern enorm von den staatlichen Zulagen profitieren. Deshalb sollten sie das Thema „Riester-Rente“ nicht gleich aus den Augen verlieren, sondern sich Gedanken über einen passenden Vertrag machen und Angebote vergleichen. Es muss ja auch keine Riester-Rentenversicherung sein: Je nach Lebenssituation können zum Beispiel staatlich geförderte Fondssparpläne oder Bausparverträge interessant sein.

Isabell Pohlmann, Freie Journalistin und Autorin
„Es ist sinnvoll, die Themen rund ums Geld nicht komplett aus der Hand zu geben. Auch dann nicht, wenn der Partner vielleicht mehr Interesse dafür hat als man selbst.“ Isabell Pohlmann

Wirtschaftsforum: Abschließend Ihre Empfehlung: Was ist für Sie der erste Schritt in die finanzielle Unabhängigkeit?

Isabell Pohlmann: Ohne einen Finanzcheck geht es nicht: Wo stehe ich heute beruflich und finanziell? Und hier sage ich bewusst: Wo stehe „ich“? Für alleinstehende Frauen wird diese Überlegung selbstverständlich sein, und das sollte sie auch für Frauen in einer Partnerschaft sein. Häufig wird das Paar zwar zunächst auf das gemeinsame Budget schauen, doch für die Frau ist es wichtig zu wissen, wie es um ihre eigenen Finanzen steht. Schließlich weiß niemand, was kommt: Eine Trennung, eine schwere Erkrankung oder auch der Tod des Partners kann das bisherige Leben komplett auf den Kopf stellen. Um für solche Situationen gewappnet zu sein, ist es sinnvoll, die Themen rund ums Geld nicht komplett aus der Hand zu geben. Auch dann nicht, wenn der Partner vielleicht mehr Interesse dafür hat als man selbst.

Fotos: abgelichtet fotografie

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Finanzen

Finanzpartner mit dem anderen Blick

Interview mit Simon Schach, Geschäftsführer Vertrieb der nordwest Factoring & Service GmbH

Finanzpartner mit dem anderen Blick

Die Aufträge brechen weg, aber die Forderungen laufen weiter. Ein Schreckensszenario für Unternehmen. Liquiditätsprobleme können verschiedene Gründe haben. Ein wichtiges Instrument um sie zu beheben, ist das Factoring, eine Finanzierungsform,…

„Wir helfen dabei, das Zahlungsverhalten der Krankenkassen zu überbrücken!“

Interview mit Andreas Dehlzeit, Sprecher der Geschäftsführung und Christian Grosshardt, Teamleiter Marketing der SozialFactoring GmbH

„Wir helfen dabei, das Zahlungsverhalten der Krankenkassen zu überbrücken!“

Leistungserbringer im Sozial- und Gesundheitswesen versorgen ihre Patienten täglich mit wichtigen Leistungen. Die Vergütung ihrer Leistungen durch die Kranken- und Pflegekassen erhalten Sie allerdings oftmals erst nach 30 oder 60…

„Eine gute Vermögensberatung ist persönlich!“

Interview mit Thomas Buckard, Sprecher des Vorstands der MPF AG

„Eine gute Vermögensberatung ist persönlich!“

Die MPF AG aus Wuppertal will nicht nur Vermögen betreuen, sondern auch die Persönlichkeiten dahinter – denn gerade wenn es um Geld geht, unterscheiden sich die individuellen Bedürfnisse bisweilen fundamental.…

Spannendes aus der Region

Technologie, die Lebensqualität verbessert

Interview mit Larry Jasinski, Geschäftsführer der Lifeward GmbH

Technologie, die Lebensqualität verbessert

Mobilität steht für Selbstständigkeit – für viele selbstverständlich, für andere ein verlorenes Privileg. Nach einem Unfall oder einer neurologischen Erkrankung wird der Alltag oft zur Herausforderung, physisch wie psychisch. Die…

Einzigartige Propeller-Innovation für die Luftfahrt

Interview mit Eric Greindl, Vice President der MT-Propeller Entwicklung GmbH

Einzigartige Propeller-Innovation für die Luftfahrt

Moderne Propellertechnik aus Niederbayern – mit dieser Vision hat sich die MT-Propeller Entwicklung GmbH als Innovationsführer im internationalen Luftfahrtmarkt etabliert. Gegründet von Luftfahrtpionier Gerd Mühlbauer, setzt das Unternehmen auf Hightech,…

Dienste von Menschen für Menschen

Interview mit Maximilian Kammermeier, Geschäftsführender Gesellschafter der ESD Gruppe

Dienste von Menschen für Menschen

Sicherheit, Reinigung, Logistik – klingt nach nüchternem Pflichtprogramm? Nicht bei ESD. Was 1947 als kleine Sicherheitsfirma begann, ist heute ein agiler Multidienstleister mit Herz, Verstand und Vision. Die ESD Dienstleistungsgruppe…

Das könnte Sie auch interessieren

Die Küche zum Rocken bringen

Interview mit Stefan Marquard, Sterne- & TV-Koch sowie Buchautor

Die Küche zum Rocken bringen

Wenn einer die Küche rockt, dann Stefan Marquard. Er ist sowohl Sternekoch als auch Autor, hat mit der ‘Rockchef-Kollektion‘ eine eigene Berufskleidungslinie kreiert und ist in mehreren Fernsehshows unterwegs. Wirtschaftsforum…

Mit Know-how und KI: Software für den Kreditprozess

Interview mit Thomas Jansen, Vorstand der SUBITO AG

Mit Know-how und KI: Software für den Kreditprozess

Unternehmen steigern ihre Effizienz, indem Abläufe so weit wie möglich automatisiert werden. Mitarbeitende können dann dort eingesetzt werden, wo es den Menschen wirklich braucht. In der Finanzindustrie sind es vor…

Peter Maffay: Beim Blick in den Sternenhimmel kann man wunderbar entspannen!

Interview mit Peter Maffay, Sänger und Autor

Peter Maffay: Beim Blick in den Sternenhimmel kann man wunderbar entspannen!

Peter Maffay reist als Sänger und Autor von Stadt zu Stadt – doch auf dem Land fühlt er sich am wohlsten. In seinem neuen Buch ‘Hier und Jetzt – Mein…

TOP