„Lokal für Akzeptanz sorgen“

Interview mit Dipl.-Ing. (FH) Michael Raschemann, Geschäftsführer der Energiequelle GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Raschemann, die Energiequelle GmbH ist bereits seit 1997 am Markt. Wie hat sich der Markt der erneuerbaren Energien verändert?

Michael Raschemann: Er ist stark abhängig von Gesetzen, Einspeisungspreisen und Subventionen. Seit dem Krieg in der Ukraine ist Energie auch ein Spekulationsobjekt geworden. Deshalb muss sich dieser Markt jetzt noch größeren Herausforderungen stellen. Die Kosten und der CO2-Fußabdruck der fossilen Energie sind viel transparenter geworden. Das Kostenmodell spielt eine wichtige Rolle. Heute haben wir immer noch ein verschleierndes Prinzip, denn die Preise werden nach dem Strommarktdesign berechnet. Das heißt, die Ratio wird nicht berücksichtigt, sondern die teuerste Kilowattstunde bestimmt den Preis nach außen. Langsam entsteht aber eine Sensibilität für die Problematik. Durch die größer werdende Markttransparenz und die Wahrhaftigkeit der Kosten verbessert sich die Vergleichbarkeit von erneuerbaren Energien zu fossilen oder Kernkraftenergien.

Erneuerbare Energien sind heute nicht nur wettbewerbsfähig. Sie bieten auch Sicherheit und durch die neuen Möglichkeiten der Speicherung Versorgungsgarantien.

Wirtschaftsforum: Aber der Standort, insbesondere von Windkraftanlagen, ist immer noch ein Thema. Oft gibt es Widerstand gegen die Errichtung neuer Anlagen...

Michael Raschemann: Das stimmt, denn wer möchte schon in seinem eigenen Garten Windräder oder eine PV-Anlage stehen haben? Deshalb ist es wichtig, auch den Anwohnern – das sind meistens Dorfbewohner, denn dort stehen die Flächen zur Verfügung – einen Anreiz zu bieten. Wenn sie den vor ihrer Tür erzeugten Strom günstiger nutzen könnten, würde auch die Akzeptanz steigen. Wir brauchen ein neues Tarifdenken, das lokales Engagement belohnt und fördert. Das gilt nicht nur für Strom, sondern auch für Wärmenetze. Dieses Modell müsste aber von der Politik unterstützt werden. Sie sollte Ihren Beitrag leisten und die Problematik verstehen, die in vielen Dörfern herrscht.

Wirtschaftsforum: Wie sieht das Leistungsspektrum von Energiequelle heute aus?

Michael Raschemann: Wir planen und bauen, verwalten und betreuen Anlagen aus den Bereichen Wind, Biogas und Photovoltaik. Seit 2015 haben wir auch einen Stromspeicher. Aus finanziellen Gründen geben wir den größten Teil der Projekte zum Verkauf ab. Dies ist ein Markt mit hohem Potenzial. Wir versuchen aber jedes Jahr einige unserer Projekte im eigenen Portfolio zu halten. Mit dem energieautarken Dorf Feldheim haben wir den Beweis geliefert, dass grüne und günstige Energie zusammen funktionieren.

Wirtschaftsforum: Wer sind Ihre Kunden?

Michael Raschemann: Unser Kundenportfolio ist sehr gemischt. Es reicht vom privaten Investor, der einige Tausend EUR in eine Anlage investieren will, über den, der eine ganze Anlage erwerben möchte, bis hin zu Fonds, meist von Banken oder Versicherungen, Unternehmen, Energieversorgern und seit Kurzem auch Kommunen.

Wirtschaftsforum: Wie ist das Unternehmen heute aufgestellt?

Michael Raschemann: Wir sind an 20 Standorten in vier Ländern vertreten, in Deutschland, Polen, Frankreich und Finnland. Demnächst gehen wir auch nach Südafrika. Über 450 Mitarbeitende sind bei Energiequelle beschäftigt. Unser Jahresumsatz liegt bei 250 Millionen EUR. Die Nachfrage nach unseren Projekten ist hoch, die Möglichkeiten, Projekte zu realisieren, sind jedoch begrenzt.

Wirtschaftsforum: Gibt es aktuelle Projekte, die Sie besonders hervorheben würden?

Michael Raschemann: Wir sind an einem Förderprojekt, dem Verbundvorhaben ‚Reallabor: RefLau – Referenzkraftwerk Lausitz‘ beteiligt, das gerade mit 28,5 Millionen EUR aus dem Klima- und Transformationsfonds des Bundes gefördert wurde. Es soll als Referenz für die Umstellung von konventionellen Kraftwerksstandorten auf erneuerbare Stromerzeugung dienen.

Wirtschaftsforum: Was ist Ihrer Meinung nach erforderlich, damit die Energiewende wirklich gelingt?

Michael Raschemann: Es ist notwendig, über den Tellerrand hinauszudenken und auch Themen wie Wasserstoff weiterzuentwickeln, um noch mehr Möglichkeiten im Bereich der grünen Energie zu haben. Wasserstoff kann als Ersatz für Erdgas dienen. Er ist zwar noch etwas teurer, kann aber eine Lösung sein. E-Fuels könnten zum Antrieb von Schiffen, Flugzeugen und in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Auch die Sensibilität bei den Bürgern muss erhöht werden. Der Umgang mit Energie ist zu überdenken. Und wir brauchen mehr Möglichkeiten, Direktstrom zu nutzen. Ich finde es außerdem wichtig, die Politik zu erneuerbaren Energien internationaler zu sehen. Strom sollte von einer Zeitzone zur anderen geschickt werden können, wenn dort Bedarf besteht, aber gerade keine Wind- oder Sonnenenergie zur Verfügung steht. All das setzt voraus, dass die Politik den Handlungsspielraum verändert und zur Akzeptanz von erneuerbaren Energien beiträgt.

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