„Fehlende Produktmanager als Bremsklotz der IT“

Interview mit Konrad Krafft, Geschäftsführer der doubleSlash Net-Business GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Krafft, Sie sind als Mitgründer von doubleSlash schon von Anfang an dabei. Welche Intention steckte hinter der Gründung?

Konrad Krafft: Ich bin inzwischen der letzte in der Firma verbliebene Gründer. Wir waren sechs Entwickler, die sich aus einem gemeinsamen Karstadt-Projekt kannten. Wir hatten MyWorld, eines der ersten Internet-Kaufhäuser, gebaut. 1999 haben wir doubleSlash gegründet und Internet-Technologie für Geschäftsprozesse angeboten. Damit wurden wir schnell erfolgreich. In den ersten zehn Jahren haben wir Kunden wie BMW, Deutsche Post oder Telekom beraten. Ziel war aber immer die Softwareentwicklung. Mitte der 2000er-Jahre sind wir, unter anderem durch unsere Kontakte zu BMW, in das Thema Connected Mobility eingestiegen. Damals gab es noch keine Internettechnologie im Auto; wir waren hier Pioniere und haben erste Services für digitale Dienste im Fahrzeug gebaut. Das Thema Mobilität haben wir immer weiter entwickelt und sind heute auch für Porsche und ZF tätig.

Wirtschaftsforum: Wie ist doubleSlash heute aufgestellt?

Konrad Krafft: Ich habe nach einen Modell gesucht, das nachhaltig ist und die Mitarbeiter mit einbindet. Mit der ZF Friedrichshafen AG habe ich an unserem Standort einen Investor gefunden. Neben ihr halten eine Mitarbeitergesellschaft und ich die Anteile an der Firma. Wir beschäftigen rund 250 Mitarbeiter und erwirtschaften einen Jahresumsatz von 25 Millionen EUR. Im Jahr 2020 sind wir trotz Corona um knapp 20% gewachsen.

Wirtschaftsforum: Wo stehen Sie im Marktvergleich?

Konrad Krafft: Im Bereich Connected Mobility sind wir Technologie-Marktführer. Ansonsten sind wir bei der Technologie immer Fast Follower. Wir haben ein großes Innovationsnetzwerk. Unseren Mitarbeitern geben wir die Zeit, um zu recherchieren und sich weiterzubilden. Wir kennen weltweit alle Entwicklungen und sind auch mit Universitäten vernetzt. Bei allem haben wir den Nutzen in der Anwendung im Blick.

Wirtschaftsforum: Wie sieht Ihr Produktportfolio heute aus?

Konrad Krafft: In der Softwareentwicklung umfasst unser Angebot Design, Build und Run. Unser Schwerpunkt liegt auf der Architektur, die wir entsprechend der Business-Prozesse entwerfen. Mit dem Betrieb beschäftigen wir uns seit zwei bis drei Jahren wieder, nachdem man am Markt lange Zeit auf Arbeitsteilung gesetzt hat. Wir stehen für eine agile Produktorganisation, damit sich die Teams bei unseren Kunden stark fokussiert auf die Produkte einlassen. Unser USP ist vor allem die Qualität unserer Produkte; das bestätigen uns unsere Kunden immer wieder. Ein Proof of Concept ist schnell erreicht, aber wir sind stark, wenn es um verfügbare, robuste und langlebige Systeme geht. Unsere Software kann sich anpassen und ständig weiterentwickeln.

Wirtschaftsforum: Warum ist die agile Produktorganisation so wichtig?

Konrad Krafft: Die Kunden glauben meist, das Hauptproblem sei die Cloudifizierung, die IT noch agiler zu machen und Rechner-Ressourcen schneller zu aktivieren. Aber dazu muss die Produktorganisation agiler werden. Es gibt nach wie vor Silos, und alles zieht sich wie Kaugummi. Die funktionale Organisation ist dann der Bremsklotz der IT. Die Lösung aus diesem Dilemma ist die agile Organisation.

Wirtschaftsforum: Welche Faktoren sind Ihrer Meinung nach dafür verantwortlich, dass sich doubleSlash so erfolgreich entwickelt hat?

Konrad Krafft: Unsere Leute, unsere Kultur und unsere Werte. Der doubleSlash-Spirit basiert auf flachen Strukturen, Teamplay und dem Fehlen jeglichen Statusdenkens. Gemeinschaft ist ein wichtiger Faktor. Unsere Mitarbeiter sind flexibel und alle stehen zusammen, auch in Zeiten des Umbruchs. Dazu kommt unsere Kundenorientierung gepaart mit hoher Technologie-Affinität.

Wirtschaftsforum: Welche Entwicklung erwarten Sie für die nahe Zukunft?

Konrad Krafft: 2021 wird ein erfolgreiches Jahr werden. Wir werden uns noch stärker als Produktpartner platzieren, als Partner, der Produkte und Projekte ganzheitlich abwickeln kann. Viele Kunden klagen, dass das Thema Produktmanagement bisher vernachlässigt wurde. Wir wollen die Lücke zwischen der Fachabteilung und der IT weiter schließen – hier treffen häufig zwei Sprachwelten aufeinander – und damit unser Leistungsspektrum abrunden. Produkt-Teambuilding steht dabei an erster Stelle. Insgesamt wollen wir uns mehr in Richtung ganzheitlicher Produkt- und Lösungsanbieter bewegen. Software-Defined-Machines sind zum Beispiel ein interessantes Thema. Mit unserer Software Creation Factory haben wir einen guten Unterbau für unsere Produktentwicklung.

Wirtschaftsforum: Was ist darunter zu verstehen?

Konrad Krafft: Wir erfinden nicht jedes Mal das Rad neu, sondern können wiederverwendbare Bausteine einsetzen. Das können Konzepte sein, die zur Blaupause werden, wie etwa die Tankkarte im Bereich Mobility Services. Oder wenn man einmal verstanden hat, wie man mit dem Handy Mautgebühren bezahlt, kann man es auch einsetzen, um Schranken zu öffnen. Wir arbeiten Muster heraus und bieten sie den Kunden als Templates an.

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