Funktionelle Beschichtungen vom Experten
Interview mit Dr. Gerhard Reusmann, CTO, COO der Dörken Coatings GmbH & Co. KG
Wirtschaftsforum: Herr Dr. Reusmann, was sind aktuell die wichtigsten Säulen des Geschäfts und wo sehen Sie Dörken Coatings am Markt?
Dr. Gerhard Reusmann: Dörken Coatings steht auf zwei Standbeinen. Wir sind im Korrosionsschutz tätig und im Bereich Baufarben. Im Segment des automobilen Korrosionsschutzes sind wir weltweit Marktführer. Hier geht es um kleine Teile und Hochsicherheitsteile. Wir bewegen uns in einer Nische, in der nur wenige Hersteller zugelassen sind. Darüber hinaus bieten wir Korrosionsschutzlösungen auch für andere Branchen, wie zum Beispiel den Schienenverkehr, die Windindustrie und auch die Baubranche. Auch hier sind wir mit unseren Lösungen marktführend. Im Bereich der Baufarben sind wir zwar ein vergleichsweise kleiner Anbieter, überzeugen aber mit unseren Speziallösungen und Funktionsfarben auf Topniveau.
Wirtschaftsforum: Bitte geben Sie uns ein Beispiel für eine Beschichtungslösung im Automobilbereich.
Dr. Gerhard Reusmann: Zum Beispiel haben die Oberflächen für Radschrauben sehr hohe Anforderungen. Die Radschrauben müssen gut montierbar und gleichzeitig hoch korrosionsbeständig sein, auch bei Beschädigungen. Die Oberfläche muss so gestaltet werden, dass Industrieroboter die Teile über Programme automatisch auf eine berechnete Festigkeit verschrauben können. Wir haben ein Team, das Theorie und Praxis immer im Zweiklang sieht, und eine eigene R&D-Abteilung. So erreichen wir das Optimum an Funktionalität. Auch unsere Anwendungstechnik ist hervorragend. Wir können in unserem Prüfzentrum alle Anwendungen der Hersteller nachstellen.
Wirtschaftsforum: In welchen Ländern bedienen Sie zurzeit Kunden und wo sehen Sie Wachstumspotenzial für die Zukunft?
Dr. Gerhard Reusmann: Zu unseren Kunden zählen im Bereich des Korrosionsschutzes hauptsächlich Hersteller und Zulieferer aus der Automobilbranche, aus dem Schienenverkehr sowie aus der Wind- und Bauindustrie. Mit unseren Baufarben richten wir uns im Bausektor an Handwerker. Im Automotivebereich sind wir weltweit tätig. Wir haben überall dort, wo die Branche wichtig ist, eine eigene Niederlassung, zum Beispiel in China oder in den USA. Die Autoindustrie denkt global und erwartet weltweit den gleichen Qualitätsstandard. Zukunftspotenzial erwarten wir vor allem in China. Im Bereich der Baufarben sind zurzeit Deutschland, Frankreich und die Beneluxländer unsere Hauptmärkte. Da die Anforderungen in den Ländern unterschiedlich sind, bieten wir hier verschiedene Marken an.
Wirtschaftsforum: Was ist das Fundament für diesen sogar internationalen Erfolg von Dörken Coatings?
Dr. Gerhard Reusmann: Wir sind ein Familienunternehmen mit über 125 Jahren Tradition. Wir haben immer nachhaltig gelebt und gewirtschaftet. Zum Beispiel haben wir nie Chrom VI eingesetzt, da schon früh nachgewiesen wurde, dass es krebserregend ist. Als der Stoff dann letztendlich verboten wurde, konnten wir mit unserem alternativen Produkt unseren Umsatz verdoppeln.
Wirtschaftsforum: Spielt das Thema Nachhaltigkeit auch für Ihre Kunden eine wichtige Rolle?
Dr. Gerhard Reusmann: Absolut. Unsere Kunden kaufen zunehmend bewusster und legen mehr Wert auf Umweltfreundlichkeit. Und wir auch! Wir kaufen nur von Firmen, die selbst nachhaltig, ökologisch und auch ethisch verantwortlich agieren.
Wirtschaftsforum: Können Sie uns dafür ein Beispiel geben?
Dr. Gerhard Reusmann: Gerne. Unsere Baufarbe Lucite® MultiResist PRO ist resistent gegenüber Bakterien und Viren. Das bedeutet, dass mit Lucite® MultiResist PRO beschichtete Oberflächen keine Bakterien und Viren übertragen können. Dazu zählt auch der Corona-Virus. Für die Entwicklung dieser Baufarbe haben wir 2021 den German Innovation Award bekommen.
Wirtschaftsforum: Welche Ziele verfolgen Sie langfristig mit Dörken Coatings?
Dr. Gerhard Reusmann: Der Slogan unserer Gruppe lautet: Discover Expertise. Wir möchten als vergleichsweise kleines Unternehmen am Markt absolut sichtbar sein, für alle unsere bestehenden, vor allem aber auch für alle potenziellen Kunden, mit denen wir gemeinsam Expertise rund um das Thema Funktionalität von Beschichtungen aufbauen können. Um das zu erreichen, werden wir unser Marketing intensivieren und uns mit unseren Ingenieuren in entsprechenden Gremien und Konferenzen einbringen, indem wir Vorträge halten, Beiträge posten und unsere Stories erzählen, zum Beispiel auf YouTube. Aktuell zeigen wir unter anderem eine Blech- und Schraubenauslage, die wir auf Helgoland gemacht haben, um zu überprüfen, wie sich unsere Oberflächen unter Seeklima verhalten. So bieten wir unseren Kunden einen echten Nutzwert und sind gleichzeitig in ständigem Dialog mit ihnen.