„Das Nachhaltigkeitsthema ist ideologisch getrieben“

Interview mit Jens Dörffler, Geschäftsführender Gesellschafter der Dörffler & Schütz Transport + Logistik GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Dörffler, wie sehr haben die jüngsten Krisen Ihr Unternehmen getroffen?

Jens Dörffler: Dank unserer kurzen Entscheidungswege konnten wir auf alle Krisen flexibel reagieren. Das war für uns sehr wichtig, denn seitens des Staates gab es keine nennenswerte Unterstützung. Wir hatten zum Beispiel im Zuge des von der Regierung gewünschten Umstiegs auf erneuerbare Energien LNG-Lkw angeschafft. Die Energiekrise hatte zur Folge, dass der Preis von LNG etwa um das Sechsfache gestiegen ist – worüber gar nicht gesprochen wurde. Die Lkw standen deshalb bei uns auf dem Hof bei weiterhin laufenden Kosten.

Das ganze Thema Nachhaltigkeit ist teilweise sehr ideologisch getrieben. Aktuell sehe ich auch kein Wirtschaftswachstum, sondern eher das Gegenteil. Unsere Branche ist ein Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung, und die Entwicklung ist rückläufig.

Wirtschaftsforum: Welche Probleme sehen Sie in der derzeitigen Nachhaltigkeitsdebatte?

Jens Dörffler: Meiner Meinung nach sollte beispielsweise, anstatt nur die E-Mobilität und den Autoverkehr zu fördern, dafür gesorgt werden, dass der öffentliche Nahverkehr funktioniert. Nicht nur Unternehmen, auch die Bürger sollen in erneuerbare Energien investieren und wissen teilweise nicht, wie sie das bezahlen sollen. Viele Unternehmen wandern ab, weil sie Sorgen haben, was die weitere Entwicklung betrifft. Niemand sieht diese Gefahr, und es wird nicht gegengesteuert. Dann haben wir die Wertminderung bei den Eigenheimen. Jetzt werden alte Häuser für billiges Geld auf den Markt geworfen, weil sie für horrendes Geld energetisch saniert werden müssen. Meiner Ansicht nach ist auch mehr Innovationsoffenheit notwendig.

Wirtschaftsforum: Welche Veränderungen würden Sie sich konkret wünschen?

Jens Dörffler: Ich bin bereit, in regenerative Energie zu investieren. Aber in vielen Bereichen fehlt die Infrastruktur. Die Lkw müssten überall aufladbar sein beziehungsweise Wasserstoff tanken können. Die Industrie ist auch noch nicht bereit, die für umweltfreundliche Technologien erforderlichen Kosten zu tragen. Deshalb wären dafür Förderprogramme sinnvoll. Wir als Unternehmer sollten wieder das Gefühl bekommen, dass die Regierung den Mittelstand als die Säule anerkennt, die das Land trägt. Derzeit wird nur auf Konzernbasis gedacht. Die administrativen Anforderungen bringen viele Mittelständler an ihre Grenzen. Hier wäre eine Vereinfachung der Prozesse wünschenswert.

Wirtschaftsforum: Kommen wir zu einer anderen Problematik, dem Fachkräftemangel. Wie erleben Sie die Situation?

Jens Dörffler: Dieses Problem ist größer geworden. Ich möchte gern Flüchtlinge integrieren und ihnen einen Job geben. Aber die Hürden sind, insbesondere im Fahrerbereich, unheimlich hoch. Ich habe einen Fahrer aus dem Irak, dessen Aufenthaltsstatus immer nur für vier Wochen verlängert wird – seit sechs Jahren. Bei der Ausländerbehörde heißt es dazu, man prüfe noch den Sachverhalt.

Wirtschaftsforum: Was tun Sie sonst noch dafür, gutes Personal zu gewinnen?

Jens Dörffler: Bei uns sind 60 Mitarbeiter beschäftigt, und wir haben glücklicherweise keine hohe Fluktuation, selbst im Fahrerbereich, wo die Mitarbeiter sofort eine Stelle in einem anderen Unternehmen finden würden. Als Arbeitgeber ist eine gute Außenwirkung wichtig. Wir haben heute einen Arbeitnehmermarkt. Man muss sich als Arbeitgeber an die neuen Verhältnisse anpassen und den Mitarbeitern etwas bieten. Wir holen das Feedback unserer Beschäftigten ein, um Dinge zu verbessern. Das ist in unserer Branche nicht selbstverständlich. Beim Bau unseres Firmengebäudes haben wir zum Beispiel auch darauf geachtet, dass es für die Mitarbeitenden ansprechend ist. Sie sollen sich bei der Arbeit wohlfühlen. Das hat auch mit dem familiären Charakter unseres Unternehmens zu tun.

Mein Geschäftspartner Torsten Schütz, der wie ich ich 50% der Anteile hält, und ich haben immer ein offenes Ohr für familiäre Belange unserer Mitarbeiter. Wir geben ihnen das Gefühl, ernst genommen und wertgeschätzt zu werden; das ist uns sehr wichtig. Als in der Coronazeit Mitarbeiter in Kurzarbeit waren, haben wir auf unser Gehalt verzichtet und es auf die Beschäftigten umgelegt. In diesem Jahr sind wir von der deutschen Gesellschaft für Verbraucherstudien als Top-Arbeitgeber im Speditionswesen ausgezeichnet worden, darauf sind wir stolz.

Wirtschaftsforum: Warum ist Dörffler & Schütz so erfolgreich?

Jens Dörffler: Verglichen mit anderen Unternehmen unserer Größe haben wir eine gute Kostenstruktur und Effektivität. Einer der wichtigsten Faktoren für den Unternehmenserfolg ist unser Personal. Während der Pandemie haben die Mitarbeiter im Zwei-Wochen-Rhythmus abwechselnd in zwei Schichten gearbeitet. Alle haben mitgezogen. Wir haben auch immer offen kommuniziert.

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