„Werbeartikel sind keine Wegwerfprodukte“
Interview mit Jessica Sue Talent, Prokuristin der Dieter Kehl Werbeartikel GmbH
Wirtschaftsforum: Frau Talent, als Entwicklerin und Herstellerin von Werbeartikeln bewegen Sie sich im sehr sensiblen Umfeld der Markenführung. Was ist dabei wichtiger: eine zielsichere Kreativität oder die erforderliche logistische Schlagkraft?
Jessica Sue Talent: Das Spannende an unserer Branche ist sicherlich die Kombination aus beidem. Beim Thema Marketing sind wir dabei die Spezialisten für die Produkte: Wenn ein Unternehmen sein Corporate Design und seine übergeordnete Strategie festgelegt hat, liegt unsere Stärke in der gemeinsamen Sondierung der passenden Produkte und ihrer Platzierung sowie der konsequenten Umsetzung der Vorstellungen, die wir zusammen mit dem jeweiligen Unternehmen erarbeitet haben. Dank unserer Lagerinfrastruktur können wir gleichzeitig durch ein hohes Maß an logistischer Flexibilität überzeugen: Gerne liefern wir dem Kunden die Produkte direkt zu seinem Messestand oder Point of Sale oder halten sie bis zu seinem gewünschten Auslieferungsdatum in unserem Lager vorrätig.
Wirtschaftsforum: Welchen Trends begegnen Sie aktuell im Werbemittelmarkt?
Jessica Sue Talent: Mit Sicherheit spielt das Thema Nachhaltigkeit heute eine noch bedeutendere Rolle als noch vor einigen Jahren. Das gilt sowohl für die verwendeten Materialien als auch für den eigentlichen Einsatzzweck des jeweiligen Produktes. Vor diesem Hintergrund werden heute im Allgemeinen auch etwas geringere Stückzahlen geordert – dafür ist jedoch der Anspruch an die qualitative Hochwertigkeit des Produktes oft stärker ausgeprägt als früher.
Wirtschaftsforum: Wie tragen Sie diesen Ansprüchen Rechnung?
Jessica Sue Talent: Wir haben sehr viele Möglichkeiten gefunden, um an dieser Stelle kreativ zu werden: So verwenden wir als Rohstoffe für einige Produkte beispielsweise Kunststoffrecyclate, die in der verarbeitenden Industrie als Abfallprodukte angefallen sind. Gleichzeitig sind wir auf Produkte gestoßen, von denen man sich früher gar nicht hätte vorstellen können, diese zu einem aussagekräftigen und ansprechenden Werbeartikel hin zu entwickeln. Wir haben beispielsweise ein Bienenwachstuch im Sortiment, das mit dem entsprechenden Firmenlogo gebrandet werden kann und das der Kunde anschließend wirklich jeden Tag nutzen kann. Das schafft noch einmal eine ganz neue Wertigkeit und transportiert zugleich den nachhaltigen und zukunftsgerichteten Gedanken des jeweiligen Unternehmens. Fest steht: Werbeartikel sind keine Wegwerfprodukte, sondern müssen eine Geschichte zu erzählen haben und zudem eine klare, sinnhafte Bedeutung transportieren. Wenn das gelingt, ist die Werbewirkung sicherlich noch einmal größer als früher.
Wirtschaftsforum: Gleichzeitig wird das Marktumfeld immer digitaler. Ist das eine besondere Herausforderung für die eher haptische Welt der Werbeartikel?
Jessica Sue Talent: Natürlich macht die Digitalisierung auch vor unserer Branche nicht Halt. Ich glaube aber nicht, dass physische Produkte deshalb langfristig verschwinden werden und die Zukunft der Werbewelt allein in digitalen Newslettern besteht – ganz im Gegenteil: Denn dadurch, dass die haptische Erlebbarkeit von Produkten ein Stück weit aus unserem Alltag verschwindet, werden die verbleibenden Gelegenheiten, an denen wir ein Produkt mit allen Sinnen erfahren können, doch nur wertvoller. Ein gut durchdachter Artikel, der die Haltung einer Marke prägnant zusammenfasst und eine einnehmende Geschichte zu erzählen hat, sticht dann nur umso deutlicher hervor und bleibt dem Kunden noch länger im Gedächtnis.
Wirtschaftsforum: Die Haltung Ihres Unternehmens haben Sie einmal mit dem Leitsatz ‘Kehl ist Familie’ umrissen. Welche Werte verbergen sich dahinter?
Jessica Sue Talent: Meine Position als Prokuristin habe ich 2019 nach dem Tod meines Vaters angetreten. Das war für mich persönlich und auch für das Unternehmen eine sehr schwere Zeit. Gemeinsam mit meiner Mutter Anja Kehl-Talent, Geschäftsführerin, führe ich heute das Unternehmen. Ein Jahr später begann eine globale Pandemie mit zahllosen wirtschaftlichen Verwerfungen, die den Werbemittelmarkt noch einmal besonders traf. Und in all diesen schwierigen Jahren stand unser gesamtes Team unverrückbar zusammen. Gerade ich persönlich konnte dort sehr viel Halt finden. Ohne all die Unterstützung unserer Mitarbeiter hätten wir das nicht geschafft. Unsere langjährig kultivierten Werte – Offenheit, Wertschätzung und Vertrauen – haben sich bezahlt gemacht. Und dank der zahlreichen Digitalisierungsschritte, zu denen uns die Pandemie gezwungen hat, sind wir heute in einer stärkeren Position als zuvor.