„Öl und Gas nutzen wir nicht einmal als Redundanz“

Interview mit Wilma Koolen-Hermkens, Geschäftsführerin der De Beer Breidenbach GmbH

Wirtschaftsforum: Frau Koolen-Hermkens, der Spatenstich für die neue Fabrik, die Sie gerade beziehen, erfolgte am 7. Juli 2021 mitten in der Pandemie – hätten Sie sich nicht eine schönere Zeit für diesen fundamentalen Wandel gewünscht?

Wilma Koolen-Hermkens: Die allgemeinen wirtschaftlichen Verwerfungen haben unser Unterfangen sicherlich nicht leichter gemacht – aber die strategischen Entscheidungen waren da schon lange gefallen. Denn die Ausgangssituation war einfach nicht mehr tragbar: Unser ursprüngliches Werk war schon in den 1970er-Jahren errichtet worden; seitdem hat unser Unternehmen jedoch ein beachtliches Wachstum an den Tag gelegt.

Mit verschiedenen Anbauten hat man über die Jahre zwar neue Kapazitäten schaffen können, aber auch dieser Weg schien uns 2017, als ich in die Geschäftsführung eintrat, nicht mehr in die Zukunft zu führen. Da das Gebäude insgesamt viel zu klein war, hatten wir ein Fertigteilelager in mehr als einem Kilometer Entfernung angemietet: Jeden Morgen mussten also die Erzeugnisse, die in der Nachtschicht fertiggestellt worden waren, mühsam verpackt, mit dem Gabelstapler auf einen Lkw geladen, dorthin verbracht, wieder abgeladen und verstaut werden – ineffizienter ging es nicht mehr.

Wirtschaftsforum: Wie haben Sie die Gesellschafter von der Notwendigkeit überzeugt, eine so umfassende Änderung umzusetzen?

Wilma Koolen-Hermkens: Durch die Kraft der reinen Vernunft, wenn ich als Niederländerin einmal einen deutschen Klassiker bemühen darf. Die Kalkulationen, die wir frühzeitig angestellt haben, um die Einsparungen bei Energie und Personaleinsatz zu quantifizieren und gleichzeitig die perspektivischen Wachstumsmöglichkeiten aufzuzeigen, wiesen in eine eindeutige Richtung, die die Eigentümer von De Beer Breidenbach und alle weiteren Stakeholder überzeugte. Zwei Jahre lang waren wir mit der Suche nach einem geeigneten Grundstück und der Erstellung der Baupläne beschäftigt, bis wir schließlich im Februar 2020 die Baugenehmigung erhielten.

Wirtschaftsforum: Und dann kam die Pandemie.

Wilma Koolen-Hermkens: Unübersichtlicher als in diesen Wochen kann die gesamtwirtschaftliche Lage natürlich nicht sein, weshalb wir uns entschlossen, die weiteren Schritte zunächst zu verschieben. Nach einem schwierigen Frühjahr klarte die Lage aber zunehmend auf, und unser Unternehmen schien keinen ernsthaften Schwierigkeiten ausgesetzt zu sein. Die Vorleistungen der Kommune, die gen Spätsommer die Straßenbauarbeiten für unser Objekt bereits abschloss, waren ebenfalls schon erbracht. Wir waren also guten Mutes und haben die Grundstückstransaktion schließlich im Oktober 2020 offiziell gemacht, bevor im Sommer 2021 mit den Bauarbeiten begonnen werden konnte. Derzeit beziehen wir die fertigen Räumlichkeiten und freuen uns, von nun an unter erstklassigen Bedingungen produzieren und weiter wachsen zu können.

Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielte jenseits der Optimierung der Fertigungsprozesse die Energiebilanz?

Wilma Koolen-Hermkens: Von Anfang an war es unser Ziel, in unserem neuen Objekt möglichst energieeffizient zu produzieren. Das Programm des Bundeswirtschaftsministeriums von 2021, das sehr klare Vorteile für Unternehmen vorsah, die diese Zielsetzung wirklich mit Leben füllen möchten, hat uns aber noch ehrgeiziger werden lassen. Deshalb agieren wir mittlerweile wahrscheinlich sogar CO2-negativ, auch wenn die Zertifizierungsverfahren noch nicht abgeschlossen sind. Dafür haben wir so ziemlich jede Maßnahme umgesetzt, die sich als technisch machbar und wirtschaftlich umsetzbar erwies: Neben einer Solaranlage auf dem Dach unserer Werksgebäude nutzen wir auch die Abwärme unserer Maschinen zur Energiegewinnung, während wir unsere beiden Wasserkreisläufe mit jeweils 16 und 30 °C im Winter zum Heizen und im Sommer zum Kühlen einsetzen. Auf fossile Energieträger wie Öl und Gas verzichten wir gänzlich – nicht einmal als Redundanz greifen wir darauf zurück. In der Planungsphase war diese Entscheidung noch ein bisschen kontrovers. Wenige Tage nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine rief mich aber einer unserer Gesellschafter an und sagte mir: „Wilma, das war die goldrichtige Entscheidung!“ Als einer von wenigen Spritzgussherstellern, die sich wirklich allein auf saubere Energie verlassen, sehe ich dabei auf Jahre hinaus viele Wettbewerbsvorteile für unser Unternehmen.

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