Smart Data statt Big Data

Interview mit Jens Junak, Country Manager bei Creditsafe Deutschland

Wirtschaftsforum: Herr Junak, Sie agieren in einem sehr wettbewerbsintensiven Marktumfeld. Was ist das Besondere an den Informationen von Creditsafe?

Jens Junak: Wir bieten ausschließlich B2B-Wirtschaftsinformationen. Die Unternehmen können auf diese über einfache technische Wege zugreifen. Für einen pauschalen und transparenten Nutzungspreis steht ihnen unsere komplette Datenbasis zur Verfügung. Hier sind wir sehr global aufgestellt. Die Datenbasis umfasst 365 Millionen Unternehmen in über 160 Ländern weltweit, zu denen online in Echtzeit Daten vorhanden sind.

In wenigen Sekunden stehen Informationen zur Risikobewertung, Bonitäts- und Compliance-Informationen, zum Beispiel zur Terrorbekämpfung oder zum Thema Geldwäsche zur Verfügung. Alle diese Bereiche decken wir mit ab. Hinzu kommt die Aktualität unserer Daten. Wir agieren über hochautomatisierte Prozesse mit Schnittstellen zu unseren Datenlieferanten und so sind wir immer aktuell.

Wirtschaftsforum: Welche Veränderungen bemerken Sie durch die COVID-19-Krise?

Jens Junak: Wir gehen davon aus, dass wir in der Wirtschaft ein Vor-Corona-Niveau erst wieder gegen Ende 2022 oder Anfang 2023 erreichen werden. Noch ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen niedrig, der Grund dafür ist die ausgesetzte Insolvenzantragspflicht. Die tatsächliche Insolvenzwelle kommt, wenn die Pandemie überwunden ist, staatliche Maßnahmen enden und sich das Wirtschaftsleben wieder normalisiert. Das heißt, Unternehmen müssen in der nächsten Zeit verstärkt mit Zahlungsausfällen rechnen. Deshalb ist das Risikomanagement sehr wichtig, insbesondere für exportlastige Branchen. Es zeichnen sich jetzt bereits die sogenannten Gewinner der Krise ab, unter anderem Unternehmen aus der IT- oder Pharma-Branche, während Tourismus und Einzelhandel stark betroffen sind.

Wirtschaftsforum: In einem Ihrer jüngsten Statements warnen Sie ausdrücklich vor Zombie-Unternehmen. Was genau verstehen Sie darunter?

Jens Junak: Zombie-Unternehmen sind unprofitable und oft hochverschuldete Unternehmen. Die Zinslast wird durch Fremdkapital und nicht durch das operative Geschäft gedeckt, da im operativen Geschäft keine Gewinne gemacht werden. Sie überleben nur noch durch die Niedrigzinsphase.

Wirtschaftsforum: Wie kann man verhindern, zum Zombie-Unternehmen zu werden?

Jens Junak: Man muss vor allem proaktives Risikomanagement betreiben und die Prozesse aktuell anpassen können, zum Beispiel durch ein strafferes Mahnwesen, durch die Einbeziehung externer Informationen und den aktiven Austausch mit Kunden und Lieferanten. Außerdem ist es bedeutend, eine Risikokultur zu etablieren, um das Risiko systematisch zu steuern. Dafür gibt es Verbände, die Richtlinien definieren. Man darf es zum Beispiel nicht dem Vertrieb überlassen, die Zahlungen sicherzustellen, sondern sollte ein Kreditmanagement haben. Vertrieb und Finanzen müssen klar getrennt sein.

Wirtschaftsforum: Stellen Sie spezielle Informationen rund um das Thema COVID-19 bereit?

Jens Junak: Wir haben einen COVID-Indikator entwickelt. Er gibt unabhängig von unserem eigenen Score-System erweiterte Informationen zu Chancen und Risiken in einzelnen Branchen, zum Infektionsgeschehen, Geo-Informationen sowie aktuelle Daten zur Liquidität, die zum Teil ja durch staatliche Eingriffe aufrechterhalten wird. Wir arbeiten hier mit einer Gefährdungs-Beurteilung in fünf Stufen. Weiterhin unterstützen wir die Optimierung des Risikomanagement unserer Kunden durch die Bereitstellung von relevanten und aktuellen Informationen – über Webinare, Ratgeber bis hin zum Insolvenz-Monitor, der das aktuelle Insolvenzgeschehen überwacht.

Wirtschaftsforum: Wie hat sich Creditsafe in den letzten Jahren entwickelt?

Jens Junak: Uns gibt es seit Mitte der 1990er-Jahre, seit dem Aufkommen des Internets. Unsere Hauptaktivitäten werden aus Wales zentral gesteuert. Wir sind global aufgestellt, mit vielen verschiedenen Einheiten in Europa sowie in Asien und Nordamerika. Unser Gründungsansatz im Jahre 1997 war es, Wirtschaftsinformationen digital zu gestalten. Damit waren wir ein Pionier am Markt. In Deutschland sind wir seit 2010 aktiv. In den letzten Jahren haben wir noch einmal umfangreiche Investitionen in Daten, Volumen und Aktualität vorgenommen und haben uns deutschlandweit zu einer der vier führenden Auskunfteien entwickelt.

„Da Unternehmen in der kommenden Zeit verstärkt mit Zahlungsausfällen rechnen müssen, ist das Risikomanagement extrem wichtig.“ Jens JunakCountry Manager
Jens Junak

Wirtschaftsforum: Was sind die wichtigsten Themen auf Ihrer Agenda für das Jahr 2021?

Jens Junak: Wir werden unsere Produkte weiter optimieren und die Abdeckung erweitern, zum Beispiel bei der proaktiven Benachrichtigung von Kunden über Veränderungen. Aktuell können wir diese über Änderungen bei Unternehmen in 31 Ländern informieren – in diesem Jahr werden 20 weitere folgen. Darüber hinaus werden wir unsere Beraterfunktion weiter stärken. Wir merken, dass die Unternehmen einen steigenden Beratungsbedarf haben, zum Beispiel, welche Daten relevant für Ihre Risikosteuerung sind. Wir machen ja nicht Big Data, sondern Smart Data – das werden wir verstärkt kommunizieren.

Wirtschaftsforum: Gibt es eine Vision für Creditsafe?

Jens Junak: Wir sehen uns noch in der Rolle des Challengers, möchten also in Zukunft Marktanteile hinzugewinnen und weiterwachsen – allerdings solide und gesund. Wir möchten uns langfristig als globaler Datenpartner positionieren, auch für Compliance- und Betrugsthematiken. Insbesondere unseren Großkunden möchten wir individuelle Lösungen anbieten und uns gemeinsam mit Ihnen entwickeln.

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