„Wir lieben diese familiär geprägte Arbeitsweise!“
Interview mit Kai-Uwe Michels, Vorstand und Johannes Michels, Referent des Vorstandes der Michels Unternehmensgruppe

Wirtschaftsforum: Herr Michels, zur Michels Unternehmensgruppe gehören verschiedene Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen. Bitte erläutern Sie uns den Aufbau der Gruppe.
Kai-Uwe Michels: Zu unserer Gruppe gehören Fach- und Rehabilitationskliniken, Tageskliniken, Pflegeeinrichtungen und Seniorenresidenzen sowie Hotels und Berufsfachschulen. Wir betreiben Rehakliniken in Sachsen, Berlin-Brandenburg und Niedersachsen mit Fachabteilungen für Neurologie, Orthopädie, Kardiologie und Psychosomatik. Hinzu kommen Reha-Tageskliniken in Berlin und Leipzig, zwei Pflegezentren für Patienten im Wachkoma sowie weitere stationäre Pflegeeinrichtungen, die auf Menschen nach einem Schlaganfall spezialisiert sind. Ergänzt werden diese Pflegeeinrichtungen durch Seniorenresidenzen in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen. Eine weitere Sparte unserer Gruppe sind Hotels. Dazu gehören vier Hotels und ein Gästehaus auf Norderney sowie zwei Hotels auf Sylt. Darüber hinaus vermieten wir Ferienwohnungen auf Norderney und Sylt. Ebenso Teil unserer Gruppe sind zwei Berufsfachschulen in Brandenburg und Sachsen, in denen wir Pflegekräfte, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten ausbilden. Last but not least sind wir Miteigentümer des neu gegründeten Fährunternehmens ‘Meine Fähre’, das die Insel Norderney mit dem Festland verbindet.
Wirtschaftsforum: Beeindruckend. Wie kam es zum Aufbau einer solch vielseitigen Unternehmensgruppe? Erzählen Sie uns bitte etwas über die Historie.
Kai-Uwe Michels: Gerne. Los ging es 1932 im westfälischen Münster. Dort steht die Wiege unserer Familie. Hier fing mein Großvater Josef Michels damit an, Dachrinnen, Töpfe und Ähnliches zu reparieren. Zusammen mit meinem Vater Kurt entwickelte er daraus nach dem 2. Weltkrieg ein Handwerksunternehmen für Sanitär, Heizung und Klima. Dieses Handwerksunternehmen war zunächst in Münster und Umgebung, später auch im ganzen Bundesgebiet tätig. Anfang der 1970er-Jahre kam mein Bruder Kurt-Josef Michels ins Unternehmen und die Firma unternahm die ersten vorsichtigen Schritte in Richtung Dienstleistung. Auf unserer Familien-Heimatinsel Norderney installierte die damalige Firma Josef Michels eine erste Kurklinik der LVA Westfalen, parallel dazu wurden Kontakte zur Hotellerie auf der Insel geknüpft. So kam auch das erste Hotel dazu. Man freute sich über dessen gute Auslastung im Sommer, im Winter standen jedoch viele Betten leer. Deshalb haben wir der heutigen Deutschen Rentenversicherung Bund die im Winter leeren Hotelbetten für Patienten mit Atemwegs- und Hauterkrankungen angeboten. Das waren unsere ersten Schritte in den Reha-Bereich.
Wirtschaftsforum: Wem gehört die Michels Unternehmensgruppe?
Kai-Uwe Michels: Seit der Gründung 1932 bis heute ist die Firma in Familienhand. Wir haben keine fremden Dritten an Bord. Das Unternehmen gehört mehrheitlich meinem Bruder sowie mir als Minderheitsgesellschafter. Diese Struktur hat sich als sehr stabil erwiesen. Daran wollen wir festhalten und auch in Zukunft keine fremden Dritten kapitalmäßig hereinlassen. Wir richten unseren Blick deshalb auch auf die nächste Generation, zu der mein Neffe Johannes zum Glück gehört. Deshalb denken wir auch in Richtung einer familiengetragenen Stiftung.
Wirtschaftsforum: Sie sind in der Gruppe breit aufgestellt und betreiben sogar zwei Berufsfachschulen. Was waren die Beweggründe zur Einrichtung dieser Schulen?
Kai-Uwe Michels: Wir sind davon ausgegangen, dass uns der Fachkräftemangel in Pflege und Therapie noch viele Jahre begleiten wird. Um dieses Thema zu besetzen, haben wir also die Berufsbildungsrakete gezündet, die mittlerweile in einer vernünftigen Höhe fliegt. Deshalb können wir jetzt die ersten 19 jungen Azubis aus unserer eigenen Pflegeschule in die eigenen Häuser übernehmen. Das war von Beginn an das Ziel. Das Gleiche gilt für Physiotherapeuten und die Ergotherapeuten. Demnächst wollen wir zusätzlich auch noch Logopäden ausbilden. Um Pflegekräfte zu gewinnen, engagieren wir uns auch im Ausland. Dazu kann mein Neffe aber mehr erzählen.
Johannes Michels: Vor einigen Jahren haben wir uns dazu entschieden, die klassischen Agenturen für die Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland auszuhebeln. Deshalb haben wir in Albanien in Kooperation mit dem Goethe-Institut eine Sprachschule aufgebaut. Da wir vorher schon gute Erfahrungen mit albanischen Fachkräften gemacht haben, fiel unsere Wahl auf dieses Land. In der Schule unterrichten wir zur Zeit rund 50 Pflegefachkräfte und Physiotherapeuten aus Albanien. Im Deutschunterricht führen wir sie bis zum Niveau B 2. Anschließend kommen sie zu uns nach Deutschland und legen ihre Anerkennungsprüfung an unserer Berufsfachschule ab. Danach können sie auf den Stationen als vollwertige Pflegefachkräfte eingesetzt werden. Ähnliches machen wir mit Kooperationspartnern auch in Kirgisistan, Indonesien und Usbekistan.
Wirtschaftsforum: Wie ist Ihr Vertrieb in den verschiedenen Geschäftsbereichen organisiert?
Johannes Michels: In unseren Hotels und Ferienwohnungen haben wir viele Stammgäste. Da brauchen wir gar nicht so viel Werbung zu machen, nutzen jedoch auch die gängigen Buchungsportale.
Kai-Uwe Michels: Um unsere Fachkliniken herum haben wir gut funktionierende Netzwerke mit Kliniken, Sozialarbeitern, Chefärzten und Berufsgenossenschaften aufgebaut. Mit diesen Akteuren stehen wir in ständigem Kontakt. Für alle Bereiche gibt es auch unterschiedliche Webseiten.
Wirtschaftsforum: Wie digital ist die Michels Unternehmensgruppe?
Johannes Michels: Für uns ist die Digitalisierung enorm wichtig. Wir verfolgen hier innovative Ansätze nicht nur in der Systemautomatisierung, sondern auch im Bereich der Robotik. So haben wir in unseren geriatrischen Rehaeinrichtungen nachts Roboter im Einsatz, um das Pflegepersonal zu entlasten. Der Roboter fährt über die Flure und erfasst durch die geschlossenen Zimmertüren, ob alles in Ordnung ist: Schläft der Patient, ist er vielleicht unruhig, ist er atmungsstabil und ähnliche Faktoren. Wir haben auch eine digitale Patientenkurve im Einsatz, die überall abgerufen werden kann. Auch in der Verwaltung sind wir digital organisiert und nutzen hier spartenübergreifend Synergien.
Wirtschaftsforum: Und wie sieht es mit der Nachhaltigkeit aus?
Kai-Uwe Michels: Für uns war das schon ein Thema lange bevor es allgemein präsent wurde. Wir erzeugen Energie mittels Photovoltaik, Öl- und Gasheizungen gibt es bei uns nicht mehr. Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Abfallmanagement, zum Beispiel der sinnvollen Weiterverwertung von Speiseresten. Bei den Patiententransporten steigen wir auf E-Fahrzeuge um. So gibt es sehr viele Themen in diesem Bereich, die wir bearbeiten.
Wirtschaftsforum: Was macht den fast 100-jährigen Erfolg des Familienunternehmens aus?
Kai-Uwe Michels: Vor allem Kontinuität, Stabilität und Qualität. Man weiß, dass auf uns Verlass ist. Das Wichtigste sind jedoch die fast 4.000 Menschen, die für uns arbeiten.
Wirtschaftsforum: Was sind für Sie die wichtigsten Themen der kommenden Jahre?
Kai-Uwe Michels: Wir wollen weiter höchst innovativ bleiben und keine Investoren bei uns im Haus haben.