Brücken bauen mit Molekülen
Interview mit Dr. Oliver Seidelmann, Geschäftsführer der ChiroBlock GmbH

Gegründet wurde ChiroBlock von zwei Chemikern, den beiden Geschäftsführern Dr. Oliver Seidelmann und Dr. Volkmar Wendisch. „Wir haben 1999 direkt nach dem Studium gegründet, ohne Investoren, ohne große Marktkenntnisse und mit sehr wenig Geld“, erinnert sich Oliver Seidelmann. „Das machte den Weg mühsamer, aber wir waren unabhängig.“ Die erste Geschäftsidee bestand darin, chirale Moleküle – spezielle Bausteine, die in der Pharmaindustrie von zentraler Bedeutung sind – anzubieten. Doch der Markt erwies sich als zu klein. Statt das Projekt zu beenden, nutzte das Gründerduo seine Expertise für die Entwicklung auf Kundenanfrage. So entstanden Projekte wie die Übertragung gesundheitsfördernder Stoffe aus Rotwein in andere Lebensmittel oder Konservierungsmittel für Augentropfen, die eine bessere Verträglichkeit versprachen. Auch an der Entwicklung von Lipidmolekülen, die später bei RNA-Impfstoffen eine Rolle spielten, war das Unternehmen beteiligt. „Wir füllen eine Lücke zwischen akademischer Grundlagenforschung und industrieller Produktion“, erklärt Oliver Seidelmann. Heute betreut ChiroBlock mit 25 Mitarbeitenden Kunden aus Pharma, Pflanzenschutz, Kosmetik oder Diagnostik. Über 60% des Umsatzes stammen aus dem Ausland.
Vom Labor zum Technikum – und zur Chemiewende
Vor sechs Jahren eröffnete ChiroBlock sein erstes Technikum, in diesem Jahr ein zweites. Dieses ermöglicht, Synthesen bis in den 640-l-Maßstab zu skalieren. „Unsere Kunden wollen sehen, dass eine neue Synthese nicht nur im kleinen Kolben funktioniert“, sagt Oliver Seidelmann. Eine besondere Stärke liegt in der frühzeitigen Risikoabschätzung: „Wir haben interne Tools entwickelt, um schon vor Projektstart die Erfolgschancen realistisch zu bewerten.“ Auch Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema. „Wir sprechen von einer Chemiewende: Alte Verfahren müssen durch ökologisch bessere Alternativen ersetzt werden“, so der Geschäftsführer. Neue Technologien wie Photochemie, Elektrochemie oder Flow-Reaktoren spielen dabei eine Rolle. Künstliche Intelligenz unterstützt die Planung von Synthesewegen, während die Laborarbeit Handarbeit bleibt. Die Ansiedlung im Chemiepark Wolfen bietet ideale Rahmenbedingungen: „Wir profitieren von Synergien, etwa bei Sicherheit, Einkauf oder Abfallströmen. Das ist ein Standortvorteil, den es so nur in Deutschland gibt.“ Für die Zukunft setzt ChiroBlock auf kontrolliertes Wachstum. Mehr als 50 Mitarbeitende sollen es nicht werden, dafür steht Qualität vor Quantität. „Unser Ziel ist es, innovative Lösungen für Kunden zu entwickeln und die Brücke zwischen Forschung und Industrie weiter zu stärken“, fasst Oliver Seidelmann zusammen.









