Wir sind die ganz klare Nummer zwei in Deutschland

Interview mit Hans-Joachim Watzke, Unternehmer sowie Geschäftsführer der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA

Wirtschaftsforum: Herr Watzke, Borussia Dortmund steht momentan mit nur einem Punkt Rückstand auf Rang zwei der Bundesliga-Tabelle. Was machen Sie in dieser Saison sportlich besonders gut?

Hans-Joachim Watzke: Die Rasanz dieser Entwicklung kommt für uns selbst überraschend, weil wir nach einer sportlich nicht zufriedenstellenden Saison 2017/2018 einen kompletten Neustart eingeleitet und diesen auf mindestens zwei Sommertransferperioden angelegt hatten.

Wir haben Profis abgegeben, Mentalitätsspieler wie Axel Witsel und Thomas Delaney verpflichtet, in Sebastian Kehl einen Leiter der Lizenzspielerabteilung installiert, in Matthias Sammer einen externen Berater und insbesondere in Lucien Favre einen neuen Trainer, der fachlich fraglos einer der Besten im Profifußball ist.

Offenbar passt vieles schon im ersten Jahr des Neustarts ganz gut zusammen. Aber wir sind noch nicht am Ende unserer Entwicklung. Und auch noch nicht am Ende des Umbruchs.

Wirtschaftsforum: Dennoch kommt es natürlich vor, dass Siegesserien enden oder Transfers platzen. Wie gehen Sie beim BVB mit Rückschlägen um? Gibt es so etwas wie eine eigene Fehlerkultur?

Hans-Joachim Watzke: Der Begriff 'Fehlerkultur' klingt mir zu negativ. Wir gehen sehr positiv und energiegeladen an die Dinge heran. Aber natürlich war es der Wunsch von Michael Zorc (BVB-Sportdirektor, Anm. d. Red.) und mir, nach all den Jahren, in denen wir fast allein die Verantwortung getragen haben, bloß nicht im eigenen Saft zu schmoren.

Wir wollten den Weg der Entscheidungsfindung unbedingt verbreitern, deshalb haben wir Sammer und Kehl dazu geholt. Meinungsstarke Leute! Sportliche Rückschläge wie das 0:5 in München analysiert das Trainerteam mit der Mannschaft.

Und glauben Sie mir, Lucien Favre ist sehr detailversessen. Unsere Mannschaft ist jung. Sie lernt aus ihren Fehlern und ist noch lange nicht am Limit.

Hans-Joachim Watzke, Unternehmer sowie Geschäftsführer der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA
"Unsere Mannschaft ist jung. Sie lernt aus ihren Fehlern und ist noch lange nicht am Limit." Hans-Joachim Watzke

Wirtschaftsforum: Sie sind nun schon seit 2005 Geschäftsführer von Borussia Dortmund. Was unterscheidet den Traditionsverein von anderen?

Hans-Joachim Watzke: Damals haben wir 75 Millionen EUR Umsatz gemacht, standen unter Gläubigerverwaltung, mussten unseren Spieleretat mehr als halbieren, hatten einen Schuldenberg in dreistelliger Millionenhöhe – und nicht mal unser Stadion gehörte mehr uns.

Heute machen wir (Transfers inkludiert) mehr als 500 Millionen EUR Umsatz, haben keinen einzigen EUR Finanzverbindlichkeiten, unser Stadion gehört wieder uns – wir sind die ganz klare Nummer zwei in Deutschland, spielen regelmäßig Champions League und zahlen unseren Aktionären eine Dividende.

Es hat sich durch intensive Teamarbeit beim BVB eine Menge verändert.

Wirtschaftsforum: Sie sind mit dem BVB nicht nur durch positive Zeiten gegangen. Gehört zu Ihrem Job ein bisschen mehr an Leidenschaft und Liebe als zu einem Job außerhalb des Profisports?

Hans-Joachim Watzke: Der BVB ist mein Leben und in diesem nach meiner Familie sicher das Wichtigste. Ich kann mir nicht vorstellen, beruflich noch einmal etwas anderes zu machen, als diesem Verein zu dienen. Solange ich transportfähig bin, werde ich mir die Spiele meines Klubs im Signal Iduna Park anschauen.

Wirtschaftsforum: Sie sind Gründer und ehemaliger Geschäftsführer Ihres Unternehmens Watex Schutz-Bekleidungs GmbH, welches heute erfolgreich von Ihrer Frau geführt wird. Welche Parallelen, und welche Unterschiede, bestehen aus Ihrer Sicht in der Führung eines Wirtschaftsunternehmens im Gegensatz zu einem Traditionsverein und der erfolgreichen Marke BVB?

Hans-Joachim Watzke: Das sind zwei verschiedene Welten. Klassische Wirtschaftsunternehmen haben Kunden, Borussia Dortmund hat Fans. Und die würden wir nie als Kunden bezeichnen. Zehn Millionen Menschen in Deutschland sind Anhänger des BVB.

Und im Gegensatz zu den Verhältnissen zum Beispiel in England lieben es die Fans hierzulande, das Gefühl zu haben, in einem Verein mitbestimmen zu können. Etwa als Mitglieder. Sie wollen mitgenommen werden und wir nehmen sie gerne mit. Weil es uns ein Bedürfnis ist!

Wie stark diese Gemeinschaft ist, kann man insbesondere in Krisenzeiten sehr, sehr deutlich spüren. Das ist außergewöhnlich und so sicher nicht auf klassische Wirtschaftsunternehmen zu übertragen. Andere Aspekte wie eine starke Führung, klare Strukturen oder eine hohe Mitarbeitermotivation sind es schon. Wir glauben, dass wir auch hier absolut in der Spur sind.

Hans-Joachim Watzke, Unternehmer sowie Geschäftsführer der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA
"Klassische Wirtschaftsunternehmen haben Kunden, Borussia Dortmund hat Fans." Hans-Joachim Watzke

Wirtschaftsforum: Eine persönliche Frage zum Schluss: Sie sind Sohn eines Politikers und selbst Mitglied der CDU. Haben Sie sich irgendwann die Frage gestellt, was Sie aktiver gestalten wollen – den BVB oder die Politik – oder lässt sich beides kombinieren?

Hans-Joachim Watzke: Es stimmt, dass ich politisch sehr interessiert bin. Ich habe mir, als ich jung war, durchaus die Frage gestellt, ob ich Unternehmer oder Berufspolitiker werde. Aber später ehrlich gesagt nicht mehr. Zum Berufspolitiker bin ich wahrscheinlich nicht geboren.

Ich schätze kurze Entscheidungswege, möchte meine Ideen in einem Unternehmen verwirklichen können und Dinge durchsetzen. Vermutlich hätte ich nicht die Geduld, die in der Politik vonnöten ist, um ständig nach tragfähigen Kompromissen und Mehrheiten zu suchen.

Interview: Andreas Detert | Fotos: BVB

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