Unser Herz schlägt für Kinder

Interview mit Dr. Ares K. Menon, Geschäftsführer der Berlin Heart GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Dr. Menon, wie haben sich die Coronapandemie und der Krieg in den letzten Jahren auf Ihr Unternehmen ausgewirkt?

Dr. Ares K. Menon: Die Schwierigkeiten in den Lieferketten hatten auch in unserem Bereich Auswirkungen auf Produktionszweige und Verfügbarkeit. Darüber hinaus mussten wir uns in den letzten Jahren immer wieder mit verschärften Zulassungen auseinandersetzen. Die neue EU-Medizinprodukteverordnung (EU MDR) zum Beispiel erfordert eine Rezertifizierung von laufenden Produkten, auch wenn diese schon zehn Jahre im Einsatz sind. Diese Neuregelung bedeutet hohe Investments. Bei Produkten für Kinder steht das erforderliche Investment in keinem Verhältnis, da die Margen hier zu gering sind. Deshalb haben viele Hersteller ihre Zertifizierung auslaufen lassen. Als Ergebnis ist im pedriatischen Sektor eine Knappheit entstanden. Wir machen das nicht. Wir leisten diesen Aufwand.

Wirtschaftsforum: Welche Neuentwicklungen hat es in den letzten drei Jahren bei Berlin Heart gegeben?

Dr. Ares K. Menon: Entgegen dem allgemeinen Trend in der Branche haben wir drei neue pedriatische Produkte zugelassen. Dies ist zum einen ein neuer Antrieb für das Kinderkunstherzsystem, ein mobiler Antrieb, den wir zusammen mit einem Partnerunternehmen entwickelt haben. Aktuell sind wir hier im Roll-Out. Darüber hinaus haben wir eine spezielle Kanüle auf den Markt gebraucht, die, jenseits der Standard-Anatomie, einen Zugang für die außerhalb des Körpers befindliche Pumpe herstellt. Diese Anomalien, zum Beispiel angeborene Herzfehler, sind oft schwierig oder sogar gar nicht zu behandeln. Wir haben hier die ersten Patienten, man nennt sie Single Ventricle Patienten beziehungsweise Fontan-Patienten, erfolgreich versorgen können – sogar mitten in der Pandemie. Die dritte Innovation sind arterielle Kanülen, die wir speziell für komplexe Situationen im Brustkorb entwickelt haben. Auch diese sind schon am Markt verfügbar.

Wirtschaftsforum: Werden Ihre Systeme von den Krankenkassen übernommen?

Dr. Ares K. Menon: Ja. Diese Lösungen werden von den Krankenkassen bezahlt, sobald eine Indikation für ein Herzunterstützungssystem von Fachleuten in Spezialkliniken gestellt wird. Die Indikation bedeutet, dass eine Herzschwäche nicht mehr mit Medikamenten behandelbar ist. ECMO und ECLS-Systeme sind Systeme, die man kurzfristig als Unterstützung einsetzen kann. Sie sind allerdings nicht langfristig für die Entlastung des Herzens geeignet.

Wirtschaftsforum: Berlin Heart ist seit der Unternehmensgründung sehr erfolgreich. Was sind die Gründe für Ihren Erfolg?

Dr. Ares K. Menon: Unser Ansatz ist einzigartig. Professor Hetzer, der früher das Deutsche Herzzentrum in Berlin geführt hat und lange bei uns im Vorstand war, hat in den 1990er-Jahren eine wichtige strategische Entscheidung des Unternehmens geebnet, die uns bis heute prägt. Er schlug vor, die Systeme auf Kindergrößen zu verkleinern, quasi einen Baukastensystem für Kinder zu entwickeln. Diese Entscheidung, Kinderpumpen zu bauen, ist bis heute die Gurndlage und der Fokus unseres Unternehmens. Vorher gab es keine Lösung für Kinder. Wir waren hier der Pionier im Markt. Jetzt haben wir einen entscheidenden Erfahrungs- und Know-how-Vorsprung und sind am Markt etabliert. Der Aufwand für neue Player am Markt wäre extrem hoch. Es gibt aktuell kein Konkurrenzprodukt für die dauerhafte Entlastung von Kinderherzen. Da wir unsere Wurzeln im Bereich der Pumpentechnologie haben, sind wir prädestiniert für diesen Bereich.

Wirtschaftsforum: Wie wichtig ist die Digitalisierung für Innovationen bei Berlin Heart?

Dr. Ares K. Menon: Der Marktanteil unserer Produkte ist klein, sodass es kaum einen ROI für das Hochrisiko-Investment gibt. Die neue EU-MDR macht es außerdem fast unmöglich. Die Digitalisierung steckt im Gesundheitsbereich noch in den Kinderschuhen. Wir haben immer noch keine digitalen Patientenaktien. Hier geht es um sensible individuelle Gesundheitsdaten und deren Transfer – ein schwieriges Thema vor dem Hintergrund des Datenschutzes. Ein digitales Monitoring wäre ideal, aber es gibt viele Hindernisse. Man benötigt ein hohes Investment und hat erhebliche Risiken zu bewältigen – für eine nur geringe Patientenklientel. Hier investiert niemand. Unternehmen in unserer Branche sind natürlich auch profitorientiert und das ist im Kindermarkt fast aussichtslos. Wir sind ein entwickelndes und forschendes Unternehmen. Zur Digitalisierung nur soviel, wir sind aktuell sehr stolz, gemeinsam mit Siemens und Vodafone in ein Projekt involviert zu sein mit Fokus auf digitalisiertes Monitoring von Kindern mit einer Herzschwäche. Es geht um optimierte Datenübertragung. Das Projekt heißt ‘6G Health’ und wird klinisch vom Deutschen Herzzentrum der Charité koordiniert.

Wirtschaftsforum: Welches langfristige Ziel verfolgen Sie mit Berlin Heart?

Dr. Ares K. Menon: Unser Claim lautet: Gut leben mit Herzschwäche. Dahinter stehen wir und auch unser Investor. Wir möchten Kindern nicht nur die Chanve auf Überleben geben, sondern ihre Lebensqualität verbessern. Mit dem neuen Antrieb sind wir hier schon auf einem messbar guten Weg. Des weiteren investieren wir in die Entwicklung einer kleinen mini Turbine, die dann in den Körper der Kinder eingebracht werden kann. Dazu werden wir neue Technologien marktfähig entwickeln. Wir haben die Leute, das Know-how und einen engagierten Investor um dies zu leisten. Darauf werden wir uns in den nächsten Jahren konzentrieren.

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