Der beste Weg die Zukunft vorherzusagen ist, sie aktiv mitzugestalten

Interview mit Dr. Alexander Kotouc, Leiter des Produktmanagements der BMW Group

Wirtschaftsforum:  Zukunftsmobilität ist als Thema für Autohersteller nicht neu, hat aber eine deutliche Dynamik durch verschiedene Entwicklungen 2017, Stichwort Diesel-Affäre, erhalten. Die BMW Group positioniert sich mit einer Strategie namens „ACES“ in Richtung Zukunft. Was verbirgt sich dahinter?

Alexander Kotouc: Elektrisch fahren ist bei BMW absehbar das „New Normal“. Und deshalb bereiten wir uns jetzt bereits auf den nächsten Schritt vor: Der Verschmelzung von elektrischem Fahren mit den großen technologischen Zukunftsfeldern. Es geht um Autonomes Fahren, High-End Konnektivität und Digitale Services, deshalb die Kurzform „ACES“. Im BMW iNEXT kommt all das im Jahr 2021 erstmals in einem Fahrzeug zusammen. Und es wird für den Kunden sichtbar und erlebbar durch ein weiterentwickeltes Design, insbesondere im Fahrzeuginnenraum. Der iNEXT ist für uns gleichwohl weit mehr als ein Fahrzeug. Wir verstehen darunter einen Zukunftsbaukasten. Er soll das gesamte Unternehmen und all unsere Marken befähigen – im Hinblick auf Technologie, Gestaltung und neue Denkansätze.

Wirtschaftsforum: E-Mobilität ist ein zentrales Stichwort, wenn es um alternative Antriebstechnologien geht. In den Medien werden aber oft internationale Hersteller wie Tesla oder zuletzt Geely als Vorreiter genannt. Engagieren sich die deutschen Hersteller wie BMW tatsächlich zu wenig in diesem Feld?

Alexander Kotouc: Bei der BMW Group arbeiten wir nicht erst seit 2017 an der Mobilität der Zukunft. Mit BMW i, unserem Inkubator für Innovationen und seinem Vorläufer „project i“ hatten wir bereits 2008 die Weichen für die Elektrifizierung als einem Eckpfeiler zukünftiger Mobilität gestellt. Inzwischen sind wir Marktführer für elektrifizierte Fahrzeuge im Premiumsegment in Deutschland, Europa und weltweit. Wir reden also nicht bloß über die Zukunft, wir haben sie schon erleb- und erfahrbar auf der Straße.

Dr. Alexander Kotouc, Leiter des Produktmanagements der BMW Group
„Die BMW Group wandelt sich also immer mehr vom Fahrzeughersteller zu einer Tech-Company.“ Alexander Kotouc

Wirtschaftsforum: BMW steht für eine sportliche Marke mit entsprechenden Fahrzeugen. Kann ein E-Automobil diesen sportiven Esprit überhaupt transportieren?

Alexander Kotouc: Die BMW typische „Freude am Fahren“ erleben unsere Kunden auch in den elektrischen Modellen. Genauso, wie man einen BMW Verbrennungsmotor mit allen Sinnen fühlbar von anderen Marken unterscheiden kann, so gilt das auch für den BMW i Elektromotor. Deshalb entwickeln und bauen wir unsere elektrischen Antriebe auch selbst, statt sie aus dem Regal zu kaufen. Wir sind überzeugt, dass elektrisches Fahren mehr bieten muss, als emissionsfrei und lautlos von A nach B zu kommen. Elektromobilität muss Spaß machen und den Bauch ansprechen, nicht nur den Kopf. Das können wir. Denn es ist das gleiche Rezept, mit dem wir auch schon seit 100 Jahren erfolgreich sind. Und die Erfolge der ersten Generation von BMW i Elektrofahrzeugen zeigen, dass wir es auch hier können.

„Elektromobilität muss Spaß machen und den Bauch ansprechen, nicht nur den Kopf.“ Alexander Kotouc
Dr. Alexander Kotouc, Leiter des Produktmanagements der BMW Group

Wirtschaftsforum: Die BMW Group setzt sich unter dem Motto „The Next 100 Years“ mit Zukunfts- und Markenvisionen auseinander. Dabei erscheint die Branche durch die genannten Themen einer bisher unbekannten Dynamik ausgesetzt. Lassen sich 100 Jahre Unternehmensentwicklung wirklich im Voraus formulieren?

Alexander Kotouc: Der beste Weg die Zukunft vorherzusagen ist, sie aktiv mit zu gestalten. Das tun wir, indem wir Kooperationen initiieren, die weit über unser traditionelles Automobilgeschäft hinausgehen. Jüngste Beispiele sind der Geodaten-Dienst „Here“ zusammen mit Audi und Daimler, oder die Allianz für Autonomes Fahren mit Intel und MobileEye. Darüber hinaus haben wir zukunftsfähige Arbeitsstrukturen etabliert und bewahren uns die Fähigkeit, Bisheriges in Frage zu stellen und uns immer wieder neu zu erfinden. Prominentes Beispiel hier ist BMW i. Damit und dem Vorläufer project i haben wir bereits vor 10 Jahren die Weichen für elektrisches Fahren und urbane, nachhaltige Mobilität der Zukunft gelegt. Damals wurden wir belächelt. Heute sind praktisch alle namhaften Hersteller auf diesem Weg unterwegs.

Interview: Andreas Detert | Fotos: BMW Group

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Automobil & Fahrzeugbau

Wiegen ohne Umwege: Revolutionäre Wiegetechnik

Interview mit Stephen Lüdiger, Vertriebsleiter der PFREUNDT GmbH

Wiegen ohne Umwege: Revolutionäre Wiegetechnik

Seit ihrer Gründung hat die PFREUNDT GmbH Meilensteine gesetzt – von der ersten eichfähigen Radladerwaage 1982 bis zur heutigen WK60, die mit Smart-Features wie Live-Datenerfassung und Remote-Wartung überzeugt. Doch die…

„Innovation ist unser Tagesgeschäft“

Interview mit Federica Sartor, Geschäftsführerin der Marcolin Covering s.r.l.

„Innovation ist unser Tagesgeschäft“

Was auf den ersten Blick nach einer sehr speziellen Nische klingt, ist in Wahrheit ein hochdynamischer und technisch anspruchsvoller Markt: Verdecksysteme für Nutzfahrzeuge. Die Marcolin Covering s.r.l. aus dem norditalienischen…

Bauteile, die den Unterschied spürbar machen

Interview mit Philipp Bentzinger, geschäftsführender Gesellschafter der H+E Gruppe

Bauteile, die den Unterschied spürbar machen

Die Automobilindustrie befindet sich im größten Wandel ihrer Geschichte. Neue Antriebskonzepte, kürzere Modellzyklen und der steigende Stellenwert des Innenraums fordern Zulieferer heraus, flexibel und innovativ zu agieren. Die H+E Gruppe…

Spannendes aus der Region München

Löcher stopfen und Daten managen

Interview mit Dr.-Ing. Karsten Gruber, Geschäftsführer und Joachim Ernst, Geschäftsführer der OBERMEYER Infrastruktur GmbH & Co. KG

Löcher stopfen und Daten managen

Seit über sechs Jahrzehnten prägt die Münchener OBERMEYER Gruppe die Ingenieur- und Planungskultur in Deutschland. 2020 wurde die OBERMEYER Infrastruktur GmbH & Co. KG als eigenständige Gesellschaft gegründet, um sich…

Mehr als ein Koffer: ein Statement

Interview mit Bernd Georgi, Geschäftsführer der Floyd GmbH

Mehr als ein Koffer: ein Statement

Als Bernd Georgi 2019 gemeinsam mit Geschäftspartner Horst Kern die ersten Koffer unter der Marke Floyd auf den Markt brachte, stand die Welt kurz vor einer Pandemie – ein denkbar…

Die Wertschöpfungskette erweitern

Interview mit Dr. Karsten Klöcker, Sprecher der Geschäftsführung der Bayern Facility Management GmbH

Die Wertschöpfungskette erweitern

Immer mehr Betriebe und Verwaltungen geben die technische Bewirtschaftung ihrer Immobilien in kompetente Hände und konzentrieren sich ganz auf ihr Kerngeschäft. Als erfahrener Partner für das technische Gebäudemanagement im eigenen…

Das könnte Sie auch interessieren

Innovation im Vakuum

Interview mit Christopher Goebel, Geschäftsführer der ULVAC GmbH

Innovation im Vakuum

Die ULVAC GmbH bietet innovative Lösungen im Bereich der Vakuumtechnologie, die in einer Vielzahl von Indus­trien Anwendung finden, darunter Halbleiterfertigung, Automobilindustrie und Energiespeicherung. Die fortschrittlichen Vakuumgeräte und -systeme von ULVAC…

Gut befördert: Mit der richtigen Technik hoch hinaus

Interview mit Marian Frick, Geschäftsführender Gesellschafter der AMIG GmbH & Co. KG

Gut befördert: Mit der richtigen Technik hoch hinaus

Ob Neubau, Modernisierung oder komplexe Hochhausprojekte – wo Aufzüge benötigt werden, sind die Experten der AMIG GmbH & Co. KG aus Nonnweiler im Saarland mit ihrer langjährigen Erfahrung und Expertise…

„Wir gestalten Gärten mit Charakter“

Interview mit Michael Grimm, Geschäftsführer der GRIMM garten gestalten GmbH

„Wir gestalten Gärten mit Charakter“

In Zeiten, in denen der Rückzug ins Private und die Sehnsucht nach Naturerlebnis im eigenen Zuhause an Bedeutung gewinnen, entwickelt sich der Garten zunehmend zur Bühne für individuelle Lebensentwürfe. Die…

TOP