„Wir sind die Hardcore-Ökos im Baugewerbe“

Interview mit Dagmar Fritz-Kramer, Geschäftsführerin der Bau-Fritz GmbH & Co. KG

Wirtschaftsforum: Frau Fritz-Kramer, Ihr Unternehmen bewegt sich schon seit weit über 100 Jahren im Markt. Was zeichnet Ihr Geschäftsmodell aus?

Dagmar Fritz-Kramer: Ich würde uns als die Hardcore-Ökos im Baugewerbe bezeichnen – und unsere nachhaltige Mission treibt uns dabei nicht erst seit gestern an, sondern prägt bereits seit vielen Jahrzehnten, was wir tun. Als Holzbaufirma im klassischen Sinne haben wir uns, zusammen mit den anderen Ökopionieren dieser Zeit, schon früh von der Masse abgehoben. Dieser ökologische Anspruch zeichnet uns bis heute aus – zusammen mit einer ungebremsten Innovationskraft und einer ästhetisch ansprechenden Architektur.

Wirtschaftsforum: Die Holzbauweise wird mittlerweile auch in Deutschland sehr geschätzt. Das war jedoch nicht immer so.

Dagmar Fritz-Kramer: Als unser Unternehmen im Jahr 1896 gegründet wurde, kamen Holzkonstruktionen hier in unserer süddeutschen Heimatregion eigentlich nur bei der Errichtung des Dachstuhls sowie als Fassadenverkleidung zum Einsatz, aber eigentlich nie als tragende Konstruktion. Mein Großvater, der das Unternehmen in den Kriegsjahren weiterführte, hatte aber auch einige Zeit in der Schweiz verbracht und war dort mit entsprechenden Blockbauten in Kontakt gekommen. Dieses Wissen brachte er später mit nach Deutschland, woraus sich in den 1970er-Jahren unser Engagement in der Holzständerbauweise ergab.

Wirtschaftsforum: Wann folgte schließlich der Durchbruch der Holzbauweise in Deutschland?

Dagmar Fritz-Kramer: Die immer strengeren Energieeinsparvorschriften waren sicher ein wichtiger Baustein auf diesem Weg, und spätestens mit den KfW-Effizienzhausstufen 40 und 55 konnte der Holzbau zeigen, wie energieeffizient ein Gebäude eigentlich sein kann. Dass Holz als regionale, nachwachsende Ressource auch der umweltschonendste Baustoff überhaupt ist, in Deutschland mit kurzen Lieferketten beschafft werden kann und zudem in der Weiterverarbeitung wenig Energie verschlingt, sind weitere zielführende Argumente, die gerade heute immer mehr an Bedeutung gewinnen. Mittlerweile hat der Holzbau im Wohnsegment einen Marktanteil von stattlichen 23% erreicht – und das freut mich ungemein.

Wirtschaftsforum: Aufgrund der zahlreichen Besonderheiten Ihres Unternehmens dürfte Ihre Zielgruppe etwas spitzer sein.

Dagmar Fritz-Kramer: Das stimmt, auch wenn unsere Werte heute viel weitreichender in die Gesellschaft hineinstrahlen als noch vor einiger Zeit, weil das allgemeine Bewusstsein für diese Themen durch einen breiten gesellschaftlichen Diskurs deutlich geschärft wurde. Hätten wir dieses Interview vor ein paar Jahren geführt, hätten wir wohl kaum so viel über Nachhaltigkeit gesprochen wie jetzt. Dieser Trend macht mir Mut. Aber natürlich stimmt es, dass unsere Kunden ganz besonders viel Wert auf baubiologische Unbedenklichkeit und die ausschließliche Verwendung von wohngesunden Materialien legen. Diesem Anspruch können wir durch verschiedene Maßnahmen gerecht werden: So ist eine Luftschadstoffmessung bei uns regulärer Teil des Bauabnahmeverfahrens, damit wir unseren Kunden wirklich versichern können, dass in unserem Objekt nur nicht-emittierende Stoffe verbaut worden sind. Ebenfalls können wir durch ein Gesundheitszertifikat belegen, dass im jeweiligen Neubau keine Materialien eingesetzt wurden, die für Allergiker problematisch sein könnten. Wenn Sie sich vor Ihrem geistigen Auge ein gerade bezugsfertig gewordenes Objekt mit frisch gestrichenen Wänden und soeben gezogenen Silikonfugen vorstellen, steigt Ihnen wahrscheinlich schon der bekannte Lösungsmittelgeruch in die Nase. Bei Bau-Fritz bleiben Sie davon garantiert verschont – dafür haben wir in der Vergangenheit in Zusammenarbeit mit einem Baubiologen schon einmal eine eigene Wandfarbe entwickelt.

Wirtschaftsforum: Fühlen Sie sich durch die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen im Hinblick auf die ökologischen Ambitionen von Bau-Fritz in der Erntezeit Ihres Unternehmens angekommen?

Dagmar Fritz-Kramer: Vieles, wofür wir seit Jahrzehnten stehen, ist tatsächlich in der Breite angekommen, und das freut mich. Unsere Cradle-to-Cradle-Dämmung aus Holzspänen mit ihrem verschwindend geringen CO2-Footprint oder der Umstand, dass wir als fertigungsintensives Unternehmen nur 1% unseres Energieaufwandes in der Produktion einsetzen müssen, sind immer schlagkräftigere Argumente, die die Kunden sehr zu schätzen wissen. Doch gesamtgesellschaftlich sind wir leider noch lange nicht am Ziel.

Wirtschaftsforum: Wo besteht Nachholbedarf?

Dagmar Fritz-Kramer: Viele Baumaterialien benötigen in ihrer Entstehung nicht nur viel Energie, sondern sind auch überhaupt nicht im Kreislauf gedacht. Die Recyclingquote in der gesamten Bauwirtschaft beträgt gerade einmal 7%, die Hälfte der Baustoffe landet irgendwann auf der Müllhalde. Dieser Umstand spiegelt sich jedoch in den heutigen Preisen für Beton, Mineralwolle, Styropor und ähnliche Baustoffe überhaupt nicht wider. Das ist aus meiner Sicht eine klare Verzerrung der Marktverhältnisse: Der Raubbau an der Natur darf nicht dadurch kompensiert werden, dass die Alternative – eine nachhaltige, umwelt- und ressourcenschonende Holzbauweise – um 15 bis 20% höhere Errichtungskosten pro Quadratmeter aufweist. Hier wäre dringend mehr Transparenz im Markt erforderlich. Bau-Fritz hat an dieser Stelle schon lange weitergedacht und bietet für jedes seiner Objekte eine vollständige Rücknahmegarantie. Wir sind stolz darauf, dass wir im Zweifel jeden Stoff, der in einem unserer Häuser verbaut wurde, aufbereiten und wiederverwerten können.

Wirtschaftsforum: Welche weiteren Themen werden für Bau-Fritz in der Zukunft eine Rolle spielen?

Dagmar Fritz-Kramer: Sicherlich die Frage des Ökosystems Haus als solches: Wie versorgt es sich, was benötigt es für seinen Unterhalt? Hier wird auch der passenden Haustechnik eine ganz entscheidende Funktion zukommen, um eine gewisse Autarkie anzustreben. Dabei bemühe ich gerne das Bild, dass sich das Haus idealerweise, wie ein Baum versorgen sollte: Der Baum steht an seinem Platz in der Welt und hat dort alles, was er braucht. Auf das Haus übertragen bedeutet dies, dass es nicht nur wenig Energie verbrauchen sollte, sondern dass diese Ressourcen auch regenerativ in unmittelbarer Nähe erzeugt werden müssen. Das sollten wir alle anstreben.

Wirtschaftsforum: Kann auch ein Öko-Haus ein Statussymbol sein?

Dagmar Fritz-Kramer: Wenn man unbedingt ein Statussymbol möchte, dann sicherlich ja: Unsere Häuser sind nicht nur nachhaltig, sondern bestechen auch durch eine moderne, formschöne Architektur und einen behaglichen Wohnkomfort. Ich glaube aber, dass die Zeiten, in denen man Häuser gebaut hat, um seinen Nachbarn zu beeindrucken, vorbei sind. Diese Vorstellung spiegelt die Mentalität der heutigen Bauherren nicht wider. Auch hier hat sich der Nachhaltigkeitsgedanke ein ganzes Stück durchgesetzt, und zwar zum Vorteil von allen.

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