Die Leidenschaft für das Bäckerhandwerk
Interview mit Heiko Thees, Bäckermeister und Inhaber der Bakerman® GmbH & Co. KG
Wirtschaftsforum: Herr Thees, das Bäckerhandwerk wurde Ihnen sozusagen in die Wiege gelegt. Wie hat sich Ihre Leidenschaft dafür entwickelt?
Heiko Thees: Ich bin Bäckerssohn und auf Rügen aufgewachsen. Die Bäckerei meiner Eltern und unser Wohnhaus war ein und dasselbe. Mein Schlafzimmer lag sogar Wand an Wand mit dem gemauerten Steinbackofen. Damals mussten mein Bruder und ich schon vor der Schule die Brötchen backen. Dabei habe ich auch meinen Geschäftssinn früh entwickelt. Ich habe die frischen Brötchen in meinen Schulranzen gesteckt und auf dem Schulhof verkauft.
Wirtschaftsforum: Was hat Sie dann nach Gronau verschlagen und wie ist es zur Firmengründung gekommen?
Heiko Thees: Es war klar, dass mein älterer Bruder den Familienbetrieb übernehmen würde. Ende der 1980er-Jahre bin ich in den Westen gekommen und habe sechs Jahre bei einer Großbäckerei gearbeitet und gleichzeitig meinen Meister gemacht. Obwohl ich im Großkonzern sehr viel gelernt habe, fehlte mir hier die Leidenschaft für die Backwaren. Mein Ziel war es schon immer, eines Tages in die Selbstständigkeit zu wechseln. Nach ein paar Fehlversuchen fand ich 2007 mit den Tiefkühlbackwaren das Erfolgsrezept und gründete gemeinsam mit meinem Partner das Unternehmen Bakerman® in seiner Heimatstadt.
Wirtschaftsforum: Inzwischen beschäftigt Bakerman® insgesamt 300 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz von 125 Millionen EUR. Wie ist es dazu gekommen?
Heiko Thees: In den Tiefkühlbackwaren sah ich eine Chance, den Markt zu revolutionieren. Mein Partner und ich haben in eine Produktionsfirma in den Niederlanden investiert und angefangen, unsere Ideen in Produkte umzuwandeln. Wir wollten dem Markt das liefern, was er braucht und dabei auf die regionalen, saisonalen Trends und individuellen Wünsche eingehen. Unser Anspruch war und ist heute noch Backwaren zu kreieren, die durch einzigartigen Geschmack und eine handwerkliche Anmutung punkten. Die ersten Renner waren allseits beliebte Klassiker wie Vanillestangen, Apfeldreiecke und Geflügelrollen, die heute immer noch zu unseren Bestsellern gehören. Aber wir haben auch mit neuen Ideen und Trends experimentiert, die bei den Konsumenten ebenfalls sehr gut ankamen.
Wirtschaftsforum: Welchen Platz nimmt Bakerman® in der Lieferkette ein?
Heiko Thees: Bakerman® ist eine Bäckerei ohne Ofen. Der Ofen steht in diesem Fall bei den Kunden und sorgt für diesen wunderbaren Duft, der den Konsumenten zum Kauf animiert. Die vorbereitete Ware wird bei uns schockgefroren und muss vor Ort lediglich frisch gebacken werden.
Wirtschaftsforum: Innovation spielt eine wichtige Rolle für den Unternehmenserfolg. Welche Themen sind dabei wichtig?
Heiko Thees: Unser Sortiment ist wahnsinnig groß. Die Topseller sind immer noch die Anfangsklassiker, aber es sind viele neue Produkte dazugekommen. Zum Beispiel unsere Eigenerfindung, der Pizzadonut, fliegt seit drei Jahren durch die Decke. Unsere rustikal anmutenden Handbrote sind auch zu Bestsellern geworden. Wenn man auf dem Markt erfolgreich agieren will, sind Schnelligkeit und Innovationskraft gefragt. Man muss sowohl wissen, was der Kunde will, als auch die Trends von morgen erkennen. Wir hatten Produkte mit Avocado schon vor fünf Jahren und solche mit Rote Bete vor drei Jahren im Sortiment. Viele lachten, als ich vor zehn Jahren anfing, eine mit Milchreis und Rote Grütze gefüllte Blätterteigstange zu entwickeln. Heute sind diese Produkte im Programm fest verankert. Nur mich hat das nicht überrascht. Als ich im Supermarkt plötzlich 30 verschiedene Sorten Milchreis kaufen konnte statt wie früher nur eine oder zwei, war mir klar, dass der Markt für ein solches Produkt reif war. Heute spielen uns die gesamte Marktentwicklung sowie Trends wie veganes und vegetarisches Essen in die Karten. Hier können wir über exklusive Markenkooperationen mit Rügenwalder und Veganz diese Märkte bedienen.
Wirtschaftsforum: Sie sind ausschließlich im B2B-Markt unterwegs. Wie wichtig ist Ihr Markenimage?
Heiko Thees: Das Marketing ist eines meiner Steckenpferde. Für mich ist es sehr wichtig, die Emotionalität der Produkte zu kommunizieren. Darauf legen wir als Unternehmen sehr viel Wert. Der Branche gegenüber sehen wir uns als kreativer Produktinnovator und Taktgeber. Für uns ist das, was wir tun keine Arbeit, sondern eine Lebenseinstellung.
Wirtschaftsforum: Wie hat die Pandemie den Markt beeinflusst?
Heiko Thees: Vor einem Jahr ist die Branche in eine Art Schockstarre gefallen. Wir haben die Zeit jedoch für etwas Positives genutzt und haben Dinge vorangetrieben, die uns helfen und uns auch einen Marktvorsprung gegeben haben. Unsere Kunden sind dankbar für die Innovationen, die da entstanden sind.
Wirtschaftsforum: Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Heiko Thees: Internationalisierung ist ein großes Thema, das wir seit Mitte letzten Jahres aktiv vorantreiben. Wir wollen die Marke Bakerman® auf europäische Ebene ausweiten und entwickeln gerade neue Konzepte hierzu. Der Markt kann gespannt sein.