Gar nicht verbohrt

Interview mit René Ritter, Geschäftsführer der Baker Hughes, a GE company

Seit ihrer Fusion mit GE Oil and Gas im Juli 2017 gehört die Erdöl-Service-Gesellschaft Baker Hughes, die ihren Stammsitz im texanischen Houston hat, zur GE Gruppe. Ihre Firmengeschichte war schon in früheren Zeiten von Zusammenschlüssen geprägt, aus denen 1991 das Unternehmen Baker Hughes, a GE company, hervorging.

Das Hauptgeschäft der deutschen Niederlassung, die aus sieben Gesellschaften besteht, ist Drilling Services. Der Standort ist kontinuierlich gewachsen, berichtet ihr Geschäftsführer René Ritter: „1997 haben hier 440 Leute gearbeitet. Bis dahin haben wir mechanische Systeme wie Bohrmotoren und anderes Untertagewerk hergestellt. Dann haben wir die Bohrtechnik revolutioniert und vom Motorbohren auf das Rotary Steerable System umgestellt. Damit kann man dreidimensional, mit permanenter Rotation, frei untertage bohren.“

Die Entwicklung ging fortan immer mehr in Richtung Horizontalbohren, was große Vorteile brachte: „Das Fördern von Öl und Gas wird dadurch umweltfreundlicher und wirtschaftlicher. Wir können jetzt mit einem Bohrturm viele Quellen erschließen. Das war daher ein echter Meilenstein“, betont der Geschäftsführer.

Die reine Bohrtechnik wurde zunehmend mit ‘Logging-While-Drilling’- Technologie ergänzt, eine Technik, bei der während des Bohrvorgangs Bohrlochmessungen durchgeführt werden. „Damit haben wir einen absoluten technischen und wirtschaftlichen Vorsprung“, so René Ritter. Bis 2014 ging es stetig bergauf. „Dann kam die große Krise. 2015 brach der Weltmarkt ein, in der Branche wurden teilweise bis zu 60% der Beschäftigten entlassen“, berichtet er.

Bei Baker Hughes, a GE company, verlief der Abbau noch moderat. Heute sind ungefähr 1.500 Menschen in Celle beschäftigt, wobei weitere Stellen noch zu besetzen sind.

„Unsere Branche wurde oft durch Katastrophen erschüttert. Wir sind heute Marktführer im Bereich Sicherheit.“ René RitterGeschäftsführer

Sicherheit geht vor

Im Hochtechnologie-Markt gebe es nur drei bis vier Wettbewerber. „Wir sind auf Rang zwei, im Drilling sogar auf eins.“ Über 20 Milliarden USD Jahresumsatz verzeichnet die gesamte Baker Hughes-Gruppe, die circa 64.000 Mitarbeiter in 120 Ländern beschäftigt. „Bei uns kauft man keine Produkte, wir entwickeln Werkzeuge und liefern Service“, erklärt René Ritter.

Baker Hughes, a GE company, ist das erste Full-Stream-Unternehmen, das das ganze Marktsegment bedient, also die gesamten vor-, zwischen- und nachgelagerten Prozesse. Die deutsche Niederlassung deckt im Wesentlichen fünf Bereiche ab: Directional Drilling, mit dem die Richtung einer Tiefbohrung beeinflusst werden kann, Logging-While-Drilling mit der Evaluierung von Gesteinen und Formationen, Surface Logging Systems, also die Analyse dessen, was aus der Bohrung nach oben gelangt, übertage Geoscience und Petroleum Engineering sowie die nachgelagerte Bohrloch-Komplettierung.

Automation und Digitalisierung machen es heute möglich, auf den Bohrstellen weniger Personal einzusetzen. Zu den Kunden gehören internationale Ölfirmen wie Shell, BP oder Exxon, aber auch Independent Firmen auf der ganzen Welt. Ihnen allen gemeinsam sei eines: „Alle wollen wissen, wie viel Kohlenwasserstoff in der Erde ist, wie viel davon gefördert werden kann und wie hoch Produktionsraten und Förderkosten sind.“

Mitarbeiter gesucht

Der deutsche Standort steht für Innovation und Schaffenskraft. In Celle gibt es zum ersten Mal die Zentrale einer Produktlinie außerhalb der USA. Geeignete Fach- und Führungskräfte zu finden, ist jedoch anspruchsvoll. „Deshalb haben wir unter anderem 100 Auszubildende und Studenten, die ein duales Studium absolvieren.“

Die Mitarbeiter profitieren von familienfreundlichen Arbeitsbedingungen wie zum Beispiel einer Kinderbetreuung in den Ferien, großen Entwicklungsmöglichkeiten und multidisziplinärem Arbeiten. Für 2018 steht die weitere Digitalisierung des Ölfeldes und der Service-Leistung im Fokus.

Für den Standort Celle sind die Aussichten weiterhin gut: „Der kontinentaleuropäische Markt ist sehr mager. Aber wir bauen hier Hochtechnologie für den Weltmarkt. Wir sind deshalb unabhängig vom Ölmarkt in Deutschland.“

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Industrielle Zulieferer

Ehrlicher Werkstoff, klare Vision

Interview mit Joachim Böttiger, Vorstand der Verallia Deutschland AG

Ehrlicher Werkstoff, klare Vision

Das Material Glas ist hochaktuell. In Zeiten von Klimawandel, Energiekrise und Debatten um Verpackungen steht der Werkstoff im Rampenlicht: unendlich recycelbar, geschmacksneutral, langlebig. Doch wie gelingt eine klimafreundliche Produktion, wenn…

Von der grauen Masse zur ästhetischen Vielfalt: Beton neu gedacht

Interview mit Alexander Bauer, Geschäftsführer der Kirchdorfer Kies und Beton GmbH

Von der grauen Masse zur ästhetischen Vielfalt: Beton neu gedacht

Mit fünf Transportbetonwerken, drei Kieswerken und einer Lkw-Flotte produziert und liefert die Kirchdorfer Kies und Beton GmbH aus dem Großraum Linz Transportbeton und Zuschlagstoffe für verschiedenste Bauprojekte im ober­österreichischen Zentralraum.…

„Wir denken mit und liefern Lösungen“

Interview mit Christian Hofmann, Vertriebsleiter der Alfred Kron GmbH

„Wir denken mit und liefern Lösungen“

Die Metallverarbeitungsbranche steht unter Druck: Digitalisierung, Fachkräftemangel und globale Lieferketten stellen Unternehmen vor große Herausforderungen. Wer heute erfolgreich sein will, muss flexibel agieren und Prozesse durchdenken. Ein Beispiel für diese…

Spannendes aus der Region Landkreis Celle

Flächen für eine blühende  Zukunft

Interview mit Dr. Janis Meyerhof, Vorstandsmitglied der JLW Holding AG

Flächen für eine blühende Zukunft

Windparks und Photovoltaik-Freiflächen sind elementare Bausteine der Energiewende. Und sie benötigen Flächen. Auch für die JLW Holding AG aus Winsen an der Aller sind Flächen das wichtigste Asset. Historisch bedingt…

Vorsprung durch eine  engagierte Stadtpolitik

Interview mit Thomas Edathy, Geschäftsführer der Stadtwerke Celle GmbH

Vorsprung durch eine engagierte Stadtpolitik

Im Gespräch berichtet Thomas Edathy, Geschäftsführer der Stadtwerke Celle GmbH, über die vielfältigen Herausforderungen und Erfolge des Unternehmens. Er beschreibt die Entwicklung von einer kleinen Einheit bis hin zu einem…

Die Energiewende auf dem eigenen Dach

Interview mit Stefan Korneck, geschäftsführender Gesellschafter der scm energy GmbH

Die Energiewende auf dem eigenen Dach

Solarenergie ist eine Säule der Energiewende. Nach der Krise der deutschen Solarindustrie in den Jahren 2011 bis 2013 hat sich die Branche inzwischen neu aufgestellt und emanzipiert, befreit sich zunehmend…

Das könnte Sie auch interessieren

Mobilität mit Anspruch: Markenstärke trifft Zukunft

Interview mit Frank Döhring, Vorsitzender Geschäftsführer der Jürgens GmbH

Mobilität mit Anspruch: Markenstärke trifft Zukunft

Seit über 100 Jahren ist die Jürgens Gruppe fester Bestandteil der Automobilwelt in Südwestfalen – mit Mercedes-Benz als Partner der ersten Stunde. Heute präsentiert sich das Familienunternehmen als regional verankerter…

„Jammern ist leichter als Handeln“

Interview mit Prof. Dr.-Ing. Dieter Gerling, Gründer der FEAAM GmbH

„Jammern ist leichter als Handeln“

Mit diesem Leitsatz gründete Professor Dieter Gerling 2006 die FEAAM GmbH – eine Ausgründung der Universität der Bundeswehr München. Fast zwei Jahrzehnte später entwickelt sein zehnköpfiges Team elektrische Antriebe für…

„In unserer Branche darf man kein Autoverkäufer sein!“

Interview mit Pascal Stephan, Verkaufsleiter der Mechatronik GmbH

„In unserer Branche darf man kein Autoverkäufer sein!“

Bei den Fahrzeugen, die die Mechatronik GmbH wartet, umbaut und vertreibt, geht es schnell um Millionenbeträge, bisweilen sogar im zweistelligen Bereich. Das setzt nicht nur technischen Sachverstand, sondern auch ein…

TOP