Mathe und Magie in einen Würfel gepackt
Interview mit Erno Rubik, Erfinder, Architekt und Designer
Wirtschaftsforum: Herr Rubik, nicht nur Wissenschaftler glauben, dass die Beschleunigung zu einem Kernproblem unserer Gesellschaft geworden ist. Wird es Zeit für eine Renaissance von Geduldspielen wie Ihrem Zauberwürfel?
Erno Rubik: Der Würfel muss zum Glück nicht wiedergeboren werden: Jetzt spielen bereits die Enkelkinder der ersten „Würfler“ überall auf der ganzen Welt… Ich würde es auch nicht als Geduldsspiel bezeichnen, weil man es, ohne die Aufgabe wirklich verstanden zu haben, allein mit Glück nicht lösen kann.
„Der Zauber des Würfels ist, dass er jeden gleichermaßen anspricht – ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht oder gesellschaftliche Zugehörigkeit.“ Erno Rubik
Wirtschaftsforum: Der Zauberwürfel ist eines der erfolgreichsten Spielzeuge weltweit. Wie erklären Sie die Faszination, die von dem Würfel ausgeht?
Erno Rubik: Eine umfassende Erklärung kann man schwer geben. Es ist sicherlich wesentlich, dass der Würfel auf grundlegende, menschliche Eigenschaften baut: Neugier, Verspieltheit, die Freude an der Lösung von Problemen. Ebenfalls wichtig ist die bereits erwähnte Grenzenlosigkeit: Man braucht dazu weder Aufgabenbeschreibung, noch Vorkenntnisse oder Regelwerk. Wer ihn in die Hand nimmt, begreift sofort, worum es geht.
Wirtschaftsforum: Mit dem Zauberwürfel wollten Sie Studenten ermöglichen, ihr räumliches Denkvermögen zu schulen. Gibt es darüber hinaus Gründe, warum sich auch Manager und Führungskräfte mit ihm beschäftigen sollten?
Erno Rubik: Der Zauber des Würfels ist, dass er jeden gleichermaßen anspricht – ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht oder gesellschaftliche Zugehörigkeit. Jeder kann darin die für ihn wichtigen Inhalte finden. Die logischen Fertigkeiten, Geduld und Problemlösung können zu jedem Beruf gut passen – ein Manager kann vielleicht sogar seinen Stresspegel damit senken. Doch wenn man selbst unbedingt auf die Lösung kommen will, dann kann auch der Würfel mit der Zeit eine gewisse Frustration verursachen… (schmunzelt)
Wirtschaftsforum: Sie haben viele Auszeichnungen für Ihre Leistungen erhalten, sind in einem Pop-Song besungen worden und sogar Sportarten gingen aus Ihrer Erfindung hervor. Inwiefern würden Sie sich als einen erfolgreichen Menschen bezeichnen?
Erno Rubik: Ich weiß nicht, was „Erfolg“ so im Allgemeinen sein kann. Konkrete Herausforderungen können wir erfolgreich meistern, in manchen Sachen können wir Glück haben – ein anderes Mal versagen wir oder haben gerade Pech. Dabei bin ich natürlich auch keine Ausnahme.
„Ich glaube, dass die virtuelle Welt natürlich die physische Welt ergänzen, aber nicht ersetzen oder ablösen kann.“ Erno Rubik
Wirtschaftsforum: Die Spieleindustrie erfährt eine bis dato unbekannte Digitalisierung. Sie selbst beschäftigen sich mit der Entwicklung von Videospielen. Ist Ihrer Meinung nach die Zukunft des Spielens virtuell?
Erno Rubik: Ich glaube, dass die virtuelle Welt natürlich die physische Welt ergänzen, aber nicht ersetzen oder ablösen kann. Das Spielen ist weiterhin ein evolutionäres Bedürfnis von uns und hat eine bestimmende Rolle beim Lernen und auch bei der gesunden Entwicklung von Kindern.
Interview: Dr. Endre Hagenthurn, Photos: (c) Városliget Zrt.