Ordnung im Gemischtwarenladen

Interview

Ein Unternehmen, das fast 150 Jahre ‘auf dem Buckel’ hat, entwickelt sich nur selten konstant gradlinig. Das gilt besonders für eine Holding, die mit derzeit 16 Tochterunternehmen und deren Produkten weltweit vertreten ist. Bei Arbonia ging es folglich einigermaßen turbulent zu. „Wir sind sehr stark im Wandel, Restrukturierungen mussten durchgeführt werden“, berichtet Fabienne Zürcher, Kommunikationsleiterin der Gruppe.

Das Unternehmen, das bis 2016 unter dem Namen AFG Arbonia-Forster-Holding AG firmierte und seit 1988 an der Schweizer Börse notiert ist, hat zahlreiche personelle und institutionelle Veränderungen erlebt.

„Ein Einschnitt war der Einstieg der Artemis Beteiligungen AG unter Leitung von Michael Pieper als Hauptaktionärin 2014 und von Alexander von Witzleben als Verwaltungsratspräsident und seit 2015 als CEO. Mit diesen beiden Verwaltungsratsmitgliedern haben wir seitdem viele positive Veränderungen erlebt, das ist fantastisch. Wir haben kurze Entscheidungswege“, hebt Fabienne Zürcher hervor und erzählt weiter: „Die ehemalige AFG deckte zunächst viele Geschäftsbereiche ab – unter anderem auch Küchen und Oberflächentechnik – wie in einem Gemischtwarenladen. In den letzten drei Jahren haben wir uns sehr stark auf die Gebäudezulieferung mit den Schwerpunkten Gebäudetechnik, Fenster und Türen fokussiert.“

Im Zuge dessen wurde 2016 mit der Looser Gruppe ein Unternehmen übernommen, das hauptsächlich Innentüren für den deutschen Markt herstellte. „Dadurch konnten wir einerseits den deutschen Markt erschließen und andererseits unser Produktportfolio um Standardtüren ergänzen.“ Mit Koralle wurde außerdem ein deutscher Sanitäranbieter zugekauft.

In Werke investieren 

Wie verbunden sich die Arbonia-Gruppe ihrer Heimat Arbon fühlt, lässt bereits der Name erkennen. Dennoch beschritt das Unternehmen, das nach wie vor alle Entscheidungen vom Schweizer Standort aus trifft, den Weg nach Osten: „Um wettbewerbsfähiger produzieren zu können, mussten wir Produktionen nach Osteuropa verlagern. In der Schweiz war der Verbleib aufgrund des starken Importdrucks und der Verschärfung der Situation nach Aufhebung des Euro-Mindestkurses mit unseren Produkten wirtschaftlich nicht möglich. Wir produzieren schließlich keine Raketentechnik“, so die Kommunikationsleiterin.

Neben der Slowakei, Polen und Tschechien befinden sich weitere Werke in Thüringen und Bayern. In die bestehenden Produktionsstandorte wird stark investiert, um die Kapazitäten zu erhöhen: 2017 waren es 100 Millionen CHF, für 2018 sind 100 bis 120 Millionen CHF eingeplant und für 2019 weitere 100 Millionen CHF.

„In allen ausländischen Werken haben wir die Grenze unserer Kapazitäten erreicht“, erklärt Fabienne Zürcher das finanzielle Engagement. Daneben will Arbonia auch neue Werke bauen.

Drei Divisionen 

In der Gebäudetechnik bietet Arbonia einzelne Produktkomponenten bis hin zu ganzheitlichen Systemlösungen in den Bereichen Heiz- und Klimatechnik, industrielle Lüftung, Raumluftqualität und Sanitär. „Bei Duschabtrennungen sind wir die Nummer eins; diese Position wollen wir stärken“, kündigt Fabienne Zürcher an.

Die Division Fenster umfasst Fenster und Außentüren für jedes Bedürfnis in allen Standards der wichtigen europäischen Märkte. „Eine unserer Stärken ist, dass wir alles zentral steuern können, wie beispielsweise den Einkauf.“ Im Geschäftsbereich Türen bietet Arbonia Standard- und komplexe Funktionstüren für Schutz und Sicherheit sowie Profilsysteme aus Stahl und Edelstahl.

Fabienne Zürcher, Kommunikationsleiterin der Arbonia AG
„In der Schweiz war eine wirtschaftliche Produktion aufgrund der Währung nicht möglich. Wir produzieren schließlich keine Raketentechnik.“ Fabienne ZürcherKommunikationsleiterin

Synergien nutzen 

Als Mutter vieler Kinder kann es manchmal eine Herausforderung sein, alle ‘unter einen Hut’ zu bekommen. Fabienne Zürcher erklärt das Selbstverständnis der Holding: „Die Arbonia als Muttergesellschaft der drei Divisionen muss als Dienstleister die operativen Gesellschaften unterstützen sowie Synergien erzeugen und nutzen. Wir sind strategisch auf dem richtigen Weg, daran zweifelt niemand“, ist die Kommunikationsleiterin überzeugt.

Der starke Bauboom in Deutschland und die positive Marktentwicklung in Polen, der Slowakei und Tschechien seien Kriterien, die weiteres Wachstum versprechen. Fabienne Zürcher, die seit 2009 im Unternehmen ist, sieht für Arbonia, aber auch für sich selbst, gute Perspektiven: „Seit Alexander von Witzleben CEO ist, hat die Unternehmenskommunikation einen anderen Stellenwert in der Firma und wird stärker mit eingebunden. Er hat eine klare, sehr fokussierte Strategie mitgebracht und beweist gemeinsam mit Michael Pieper Weitblick für ganz Europa. Sie planen langfristig und vorausschauend für die nächsten 10 bis 20 Jahre.“

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Bau

Bodenständig stark: Erfolg zwischen Kies und Klima

Interview mit Jörg-Peter Kölling, Geschäftsführer der WRM-REESE Unternehmensgruppe

Bodenständig stark: Erfolg zwischen Kies und Klima

Ob Hochhaus, Brücke oder Straße – ohne Sand, Kies und Splitt geht in der Bauwirtschaft nichts. Diese natürlichen Rohstoffe bilden die Basis nahezu aller Bauvorhaben und sind damit ein stiller,…

Projektmanagement als Schlüssel der Bauwirtschaft

Interview mit Dr. Stefan Reimoser, Business Development Executive, Teil der Geschäftsführung der Turner & Townsend GmbH

Projektmanagement als Schlüssel der Bauwirtschaft

Ob Flughafen, Rechenzentrum oder Krankenhaus – Großprojekte im Bau- und Immobiliensektor gelten oft als komplex. Die Turner & Townsend GmbH hat sich darauf spezialisiert, diese Projekte professionell zu steuern und…

Wohlfühlwelten für Mensch und Pferd

Interview mit Detmar Wiltfang, Geschäftsführer der Viebrockreithallen GmbH & Co. Betrieb KG

Wohlfühlwelten für Mensch und Pferd

Pferdehaltung und Reitsport haben eine lange Tradition und sind für viele Menschen Ausdruck von Lebensfreude, Freiheit und Nähe zur Natur. Die Viebrockreithallen GmbH & Co. Betrieb KG in Harsefeld verbindet…

Spannendes aus der Region Arbon

SmartDOORS sollen den Schlüssel ablösen

Interview mit Luigi Di Cola, Geschäftsführer der RWD Schlatter AG

SmartDOORS sollen den Schlüssel ablösen

Eine Tür kann einfach ein Durchgang sein. Sie kann aber auch zusätzlich spezielle Aufgaben erfüllen. Die RWD Schlatter AG mit Sitz im schweizerischen Roggwil TG bietet vom Rohling über die…

Mit Hightech durch den Schnee

Interview mit Wilhelm Rieder, Geschäftsführer der ZAUGG AG EGGIWIL

Mit Hightech durch den Schnee

Während sich viele Unternehmen in städtischen Zentren oder globalen Hubs ansiedeln, behauptet sich ein international erfolgreicher Technologiebetrieb aus einem kleinen Dorf im Emmental. Die ZAUGG AG EGGIWIL ist Spezialist für…

„Manchmal muss man  unkonventionell sein“

Interview mit Edwin Lingg, Geschäftsführer der Li&Co AG

„Manchmal muss man unkonventionell sein“

Die Li&Co Ag aus Müstair in der Schweiz ist seit fast vier Jahrzehnten ein kreativer Taktgeber in der internationalen Fußbodenbranche. Mit einem klaren Fokus auf Nachhaltigkeit und innovativen Lösungen aus…

Das könnte Sie auch interessieren

Implantate in Schweizer Präzision

Interview mit Prof. Dr. Stefan Ihde, Vorsitzender des Verwaltungsrates der Dr. Ihde Dental AG

Implantate in Schweizer Präzision

„Lange Behandlungen und jahrelange Probleme“ – für Prof. Dr. Stefan Ihde, Vorsitzender des Verwaltungsrates der Dr. Ihde Dental AG, ist die herkömmliche Implantationsmethode bei Zahnersatz keine sinnvolle Option. Er hat…

Die Letzten werden die Ersten sein

Interview mit Torsten Thaler und Heiko Krenn, Geschäftsführer der Fritz Thaler jun. GmbH

Die Letzten werden die Ersten sein

Bürsten scheinen auf den ersten Blick einfache Produkte zu sein, sind in Wahrheit aber höchst komplex. Zumindest die Bürsten, die von der Fritz Thaler jun. GmbH aus Solingen stammen, einem…

„Wer heute nicht automatisiert, hat schon verloren“

Interview mit Thomas Pomp, Geschäftsführer der FAMAG-Werkzeugfabrik GmbH & Co. KG

„Wer heute nicht automatisiert, hat schon verloren“

Am bekanntesten ist FAMAG wahrscheinlich für seinen Bormax: den Forstnerbohrer, der nicht zuletzt dank seiner besonders hochwertigen Verarbeitung zur bekannten Marke wurde. Schon seit vielen Jahren setzt FAMAG dabei auf…

TOP