Spitze bei Spritzen

Interview mit Otto Philipp Braun, Geschäftsführer und Christian Kapischke, Geschäftsführer der ALMO-Erzeugnisse Erwin Busch GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Braun, die ALMO-Erzeugnisse Erwin Busch GmbH ist ein international gefragter Partner der Pharmaindustrie. Wie sieht die Geschichte hinter der führenden Marktstellung aus?

Otto Philipp Braun: Das Unternehmen wurde 1936 von Alfons Mondt in Schlesien gegründet, ist seit 1946 in Bad Arolsen ansässig und richtet den Fokus seitdem auf die Spritzgusstechnologie. Als Spritzgusshersteller konzentrierte ALMO sich anfangs auf den Bereich Backwaren, um sich später der Medizintechnik und hier dem Bereich Einmalspritzen zuzuwenden. Diese Neuausrichtung war eng verbunden mit der Übernahme des Unternehmens durch die Familie Busch. Als 1978 die B. Braun Melsung AG die Mehrheitsanteile erwarb, ging damit die Verstetigung des Kurses und die bis heute anhaltende Fokussierung auf die Medizintechnik einher.

Wirtschaftsforum: Gab es in der der jüngeren Vergangenheit weitere Zäsuren?

Christian Kapischke: Die letzten Jahre waren geprägt durch eine kontinuierliche Automatisierung über alle Bereiche von der Produktion bis zur Logistik mit dem Ziel der Effizienzsteigerung gekoppelt mit Margensteigerungen und Skalierungseffekten bis Mitte der 2020er-Jahre.

Wirtschaftsforum: Wie steht ALMO nach dieser dynamischen Entwicklung heute da?

Otto Philipp Braun: Wir beschäftigen rund 300 Mitarbeiter und haben einen Umsatz von 100 Millionen EUR; Tendenz steigend. Wir halten bewusst an dem einen Standort Bad Arolsen fest, weil Produktion und Produktentwicklung hier eng zusammen sind und sich diese enge und schnelle Zusammenarbeit als wichtiger Wettbewerbsvorteil erweist: zum Beispiel, wenn es darum geht, das Prinzip des Design-for-Manufacturing schnell umzusetzen.

Wirtschaftsforum: Sie teilen sich die Geschäftsleitung. Wie sieht diese Teilung genau aus?

Christian Kapischke: Jeder hat zwar bestimmte Schwerpunkte, aber wir sind gleichberechtigt und treffen Entscheidungen gemeinsam. Unterschiedlichste Gesichtspunkte werden offen und ehrlich diskutiert.

Otto Philipp Braun: Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die Aufgabenbereiche des anderen zu verstehen und zu begleiten; das heißt nicht, dass man sich einmischt, sondern dass Entscheidungen nachvollziehbar werden.

Wirtschaftsforum: Gibt es bestimmte Impulse, die Sie dem Unternehmen geben möchten?

Otto Philipp Braun: Ein ganz wesentlicher Impuls ist die Erstellung einer neuen Strategie für die Dekade 2020 bis 2030, an deren Umsetzung wir nach Zustimmung des Vorstandes arbeiten. Dabei geht es um den Unternehmenserhalt und die Fortführung des Unternehmens über die nächsten Jahrzehnte.

Wirtschaftsforum: Können Sie Eckpfeiler dieser Strategie erläutern?

Christian Kapischke: Ein wichtiges Ziel ist die Sicherung des Standardgeschäftes durch eine effizientere Prozessgestaltung durch Digitalisierung und Automatisierung, flankiert von einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit. Wir arbeiten daran, klimaschonender und energieeffizienter zu agieren. Durch neue Produktdesigns kann zum Beispiel Material eingespart werden. ALMO soll so aufgestellt sein, dass wir individueller auf Kundenwünsche eingehen können und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Damit können wir unser Angebot über eine klassische Produktionsfirma hinaus erweitern.

Otto Philipp Braun: Wir arbeiten vor allem für die Pharmaindustrie; diesen Industriekunden können wir individuelle Lösungen für die Verabreichung von Medikation anbieten. Darüber hinaus gibt es eine dritte Säule; wir wollen komplett neue Produktfelder erschließen und arbeiten konkret an einer neuen Produktplattform.

Wirtschaftsforum: Können Sie etwas zu dieser Plattform sagen?

Otto Philipp Braun: Die Produktplattform wird auf einer neuen Materialkombination basieren; von ihrem Potenzial sind wir absolut überzeugt.

Wirtschaftsforum: ALMO hat sich im Laufe der Zeit von einem Hersteller für Bäckereibedarf zu einem hoch spezialisierten Produzenten von Einmalspritzen entwickelt. Gibt es besondere Produkthighlights?

Christian Kapischke: Es ist schwierig, ein besonderes Produkt herauszustellen, da unsere Stärke gerade darin liegt, die gesamte Bandbreite an Einmalspritzen abzudecken. Blickt man in die jüngere Vergangenheit zurück, war die 1-ml-Spritze ein Bestseller; gerade in der Pandemie. Wir konnten mit der Spritze einen wesentlichen Beitrag zur Realisierung der Impfkampagne leisten und es war spannend zu beobachten, wie ein so einfaches Produkt wie die Spritze eine neue Wertigkeit bekam.

Wirtschaftsforum: Das Unternehmen ist seit vielen Jahren auf dem Markt eine feste Größe. Wo sehen Sie die Gründe für diese konstante Entwicklung?

Otto Philipp Braun: Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist das umfassende Know-how und Verständnis für die Verarbeitung von Granulat. Nicht weniger wichtig ist unser über Jahre gewachsener Mitarbeiterstamm, der sehr loyal ist, sich kontinuierlich fort- und weitergebildet hat, mit der Zeit gegangen ist und ein hohes Maß an Pragmatismus und Schnelligkeit mitbringt. Auch Offenheit und Innovationswille sind entscheidend für die positive Entwicklung. Wir wollen nicht am Status quo festhalten, sondern suchen immer wieder neue Ansatzpunkte, um uns weiterzuentwickeln, nehmen neue Perspektiven ein und Anpassungen vor.

Christian Kapischke: Uns ist es wichtig, einen wissensschaffenden Arbeitsprozess einzuführen; Stichwort Kata Coaching. Ziel ist, dahinzukommen, dass jeder im Unternehmen Wissen schaffen kann, um Aufgaben selbstständiger zu lösen und dadurch unabhängiger und freier zu werden. Es geht darum, aus eigenem Antrieb Wissensgrenzen zu erreichen und zu durchbrechen, um sich weiterzuentwickeln.

Wirtschaftsforum: Impliziert dieser Ansatz ein neues Mindset?

Christian Kapischke: Ja. Wir wollen lieber viele kleine Schritte gehen als einen großen; Präzision und tiefes Verständnis für die Themen sind dafür essenziell. Mit der Freiheit müssen zudem Verbindlichkeit und Verlässlichkeit einhergehen, um Dinge erfolgreich umzusetzen.

Wirtschaftsforum: Wie soll es in Zukunft weitergehen? Welche Themen beschäftigen die Branche?

Otto Philipp Braun: Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind Megatrends, die Einfluss auf unsere Arbeit haben. Wir wollen umwelt- und klimaschonender handeln und wirtschaften und die Chancen und Möglichkeiten, die mit der Digitalisierung verbunden sind, nutzen. Dabei denken wir zum Beispiel an die Verarbeitung von Real-Time-Daten oder daran, den Wertschöpfungsprozess auf der Blockchain darzustellen.

Christian Kapischke: Für die Medizintechnik sind nicht zuletzt Veränderungen in der Regulierung entscheidend. Innovationszyklen sind deutlich länger geworden; wir würden uns hier etwas mehr Pragmatismus wünschen oder, wie Herr Macron es bereits einforderte, eine Regulierungspause vonseiten der EU. Eine Überregulierung macht keinen Sinn, stattdessen sollte man sich auf neue Technologiefelder konzentrieren, um mehr Innovationskraft freizusetzen.

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