Supply-Chain-as-a-Service für Spezialarzneien

Interview mit Christoph Staub, Geschäftsführer der Allpack Group AG

Wirtschaftsforum: Schon seit Jahrzehnten steht die Allpack Group AG für Leidenschaft im pharmazeutischen Verpacken – an welcher Stelle unterstützen Sie Ihre Kunden dabei genau? 

Christoph Staub: Unter den Auftragsverpackungsdienstleistern besetzen wir mit unserer Fokussierung auf Orphan Drugs für seltene Krankheiten eine sehr spezifische Nische: Die entsprechenden Präparate werden nur in überschaubaren Mengen hergestellt, wobei diese Kleinstvolumina jedoch über so gut wie alle Länder vertrieben werden müssen – so kommt es zu einer noch stärkeren Fragmentierung eines ohnehin schon eher geringen Einzelauftragsvolumens, das klassische Verpackungsanbieter mit ihren hochautomatisierten Fertigungslinien in dieser Form gar nicht abbilden möchten. 

Wirtschaftsforum: Wie unterscheiden sich Ihre Produktionsprozesse von denjenigen bei der Verpackung großvolumiger Massenarzneien? 

Christoph Staub: Egal, ob bei der Verpackung als letztem Wertschöpfungsschritt nun eine millionenschwere Charge oder eine Kleinstauflage mit 20 Präparaten verarbeitet wird – die dabei durchlaufenen Prozesse sind weitgehend identisch. Die Verpackungen sehen gleich aus, und auch bei den Qualitätsanforderungen bestehen keinerlei Unterschiede, weshalb mich bisweilen auch aus der Industrie die Frage erreicht, warum man bei Orphan Drugs einen anderen Partner selektieren muss. Die eigentliche Umsetzung ist jedoch eine vollkommen andere und gestaltet sich äußerst personalintensiv, einfach weil eine durchgreifende Automatisierung angesichts der geringen Chargen unwirtschaftlich wäre. Sowohl bei Oral Solid Dosages in Kapsel- oder Tablettenform als auch bei Produkten in flüssiger Form für Injectables oder Sirup, die wir von unseren Auftraggebern in vorabgefüllten Vials oder Flaschen erhalten, kümmern wir uns dabei um den kompletten Prozess von der Etikettierung über die eigentliche Verpackung bis hin zur fertigen Palette. 

Wirtschaftsforum: Wie lässt sich eine derart kleinteilige Produktion ohne größere Skaleneffekte durch Automatisierung im Höchstlohnland Schweiz wirtschaftlich nachhaltig umsetzen? 

Christoph Staub: Diesen personalintensiven Prozess international kompetitiv anzubieten, ist tatsächlich bisweilen die Quadratur des Kreises. Wir haben jedoch unsere gesamte Organisationsstruktur auf diesen Ansatz hin ausgelegt: Während sich die Planungshorizonte bei anderen Verpackungsdienstleistern oftmals auf Wochen oder gar Monate erstrecken, sind bei uns stets nur die nächsten fünf Tage fest eingeplant – so können wir den Kunden- und Marktanforderungen in einer ultraschnellen Reaktionszeit mit einer schlagkräftigen Agilität und Flexibilität gerecht werden. Gleichzeitig sind unsere Kunden durch umfassend automatisierte digitale Lösungen eng in unsere Produktion eingebunden und können stets den aktuellen Stand ihres Auftrags nachverfolgen – fast so, als wären wir gar kein externer Partner, sondern inhouse beim Kunden selbst angesiedelt. Zusammen mit unseren beiden Schwesterunternehmen in der Rhenopharma Group können wir dabei das gesamte Spektrum eines Supply-Chain-as-a-Service-Anbieters abdecken.

Wirtschaftsforum: Welche Innovationen beschäftigen Sie derzeit besonders intensiv? 

Christoph Staub: Vor eineinhalb Jahren haben wir unsere Late-Stage-Customization noch deutlich weiterentwickelt, sodass wir die Produkte nun zum spätestmöglichen Zeitpunkt kennzeichnen: Die einzelnen Blister werden dabei völlig kunden- und landesneutral hergestellt und lediglich mit einer Lot-Nummer identifiziert, sodass wir in den einzelnen Vorstufen nun doch auf gewisse Skaleneffekte setzen und noch schneller auf Market Orders reagieren können. Gleichzeitig begegnen wir der allgemeinen Counterfitting-Problematik im Pharmamarkt inzwischen durch im Artwork versteckte Elemente, die in der gesamten Vertriebskette per Smartphone ausgelesen werden können und nachweisen, wann und wo das jeweilige Produkt genau hergestellt wurde. 

Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt für uns wie für unsere Kunden inzwischen eine wichtige Rolle, weshalb wir für unsere Blister derzeit gemeinsam mit mehreren Partnern verschiedene Monofolien aus recycelbarem Material entwickeln, um so den Einsatz von PVC und Aluminium zu eliminieren. Bis zur Marktfähigkeit dürfte es nicht mehr allzu lange hin sein. Um die Lücke zwischen dem Verordner und dem Patienten noch umfassender zu schließen, wird Verpackungsmaterial in Zukunft zudem noch stärker als essenzielles Informationsträger fungieren und etwa die Therapieadhärenz oder die Wirkung unterstützen können. Für einige asiatische Länder ist beispielsweise schon gar kein physischer Beipackzettel mehr vorgesehen: Stattdessen ist auf der Verpackung ein QR-Code aufgebracht, über den die Informationen dem Patienten digital zur Verfügung gestellt werden.

Mehr zum Thema

„Innovation ist unser Tagesgeschäft“

Interview mit Federica Sartor, Geschäftsführerin der Marcolin Covering s.r.l.

„Innovation ist unser Tagesgeschäft“

Was auf den ersten Blick nach einer sehr speziellen Nische klingt, ist in Wahrheit ein hochdynamischer und technisch anspruchsvoller Markt: Verdecksysteme für Nutzfahrzeuge. Die Marcolin Covering s.r.l. aus dem norditalienischen…

Daten, die bewegen

Interview mit Sebastian Stute, Geschäftsführer der SmartMakers GmbH

Daten, die bewegen

Für die wirksame Steuerung von Logistik- und Produktionsprozessen werden Daten benötigt, die idealerweise möglichst nahe am Produkt erhoben werden: etwa an den einzelnen Bauteilen oder zumindest an den Ladungsträgern, in…

Verpackungen, die es in sich haben

Interview mit Florian Münch-Glatzer, Geschäftsführer der Oldenburger Kartonagen-fabrik U. Burmeister GmbH

Verpackungen, die es in sich haben

Seit über fünf Jahrzehnten ist die Oldenburger Kartonagenfabrik U. Burmeister GmbH mit Sitz in Bad Zwischenahn ein zuverlässiger Partner für individuelle Verpackungslösungen aus Wellpappe. Was als klassische Kartonagenproduktion begann, hat…

Spannendes aus der Region Reinach

Laborbedarf von A bis Z

Interview mit Michael Duchaussoy, Geschäftsführer der HUBERLAB. AG

Laborbedarf von A bis Z

Beschleunigt durch die Pandemie stehen Kliniken und die Pharmabranche international vor veränderten Rahmenbedingungen. Diese wirken sich auch unmittelbar auf den Labormarkt aus. Aktuell sind die globalen Lieferengpässe ein großes Problem…

Energie aus der Tiefe

Interview

Energie aus der Tiefe

Erneuerbare Energie ohne CO2 -Emissionen ist gefragt und neben Sonne und Wind gehört auch die Erde zu den erneuerbaren Energiequellen. Geothermie, die Erdwärme, wurde schon in der Antike genutzt, wenn…

Den Lebensstandard erhöhen

Interview mit Andrew Weiss, Senior Vice President der Actelion Pharmaceuticals Ltd

Den Lebensstandard erhöhen

Die Medizin hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Immer wieder werden neue Therapieformen für die unterschiedlichen Krankheiten entwickelt, welche die Lebenszeit erhöhen und den Lebensstandard der Patienten entscheidend…

Das könnte Sie auch interessieren

Eine Vision für den gesamten Lebenszyklus der Immobilie

Interview mit Stephan Pernkopf, Head of Sales & Marketing der ADOMO Group

Eine Vision für den gesamten Lebenszyklus der Immobilie

Als breit aufgestellter Immobiliendienstleister begleitet die ADOMO Group den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden – von der Reinigung über Hausverwaltung und Maklertätigkeit bis hin zu Energiemanagement, ESG-Bewertung und Sicherheitstechnik. Im Gespräch…

Für das leibliche Wohl

Interview mit Nicole Stein, Geschäftsführerin der Melles & Stein Messe-Service GmbH

Für das leibliche Wohl

Als innovativer und zuverlässiger Partner für die kulinarische und personelle Messestandbetreuung hat sich die Melles & Stein Messe-Service GmbH in der dynamischen Messewelt einen Namen gemacht. Trotz der Herausforderungen, die…

Verpackungen, die es in sich haben

Interview mit Florian Münch-Glatzer, Geschäftsführer der Oldenburger Kartonagen-fabrik U. Burmeister GmbH

Verpackungen, die es in sich haben

Seit über fünf Jahrzehnten ist die Oldenburger Kartonagenfabrik U. Burmeister GmbH mit Sitz in Bad Zwischenahn ein zuverlässiger Partner für individuelle Verpackungslösungen aus Wellpappe. Was als klassische Kartonagenproduktion begann, hat…

TOP