„Module treffen den Zeitgeist“

Interview mit Dietmar Müller, Geschäftsführer der Algeco GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Müller, ist die modulare Bauweise eine neuere Entwicklung?

Dietmar Müller: Eigentlich nicht. Unsere ehemals französische, jetzt englische Muttergeselllschaft Modulaire Group ist schon seit langem in der Vermietung und dem Verkauf von modularen Gebäudelösungen tätig. Heute und für die Zukunft ist das Thema aber besonders spannend, denn wir sehen einen Trend zum nachhaltigen Bauen.

Wirtschaftsforum: Wie sehen modulare Gebäudelösungen aus?

Dietmar Müller: Unsere Module sind Orte zum Leben, Arbeiten und Lagern. Wir vermieten und verkaufen Lösungen für Büros, Schulen und Kindergärten, zum Wohnen, sowie für Baustellen. Letzte waren besonders im Zuge der Flüchtlingskrise sehr gefragt. Wir haben auch Studentenwohnheime gebaut. Gerade die Module für Schulen und Kindergärten sind keine schlichten Containerbauten, sondern ansprechend und komfortabel gestaltet. Die Maße der Module gleichen mit einer Länge von 6 m und einer Breite von 2,5 bis 3 m denen herkömmlicher Container. Ansonsten haben beide nicht viel gemeinsam. Die Module bauen wir in konzernverbundenen Werken in Tschechien, die höherwertigen in Frankreich. Wir berücksichtigen dabei auch individuelle Wünsche. Bei der Fertigung legen wir Wert auf Schadstofffreiheit, ein angenehmes Klima und eine gute Lebensatmosphäre. Die Verwendung von Rigips und Holz gewährleistet einen guten Feuchtigkeitsausgleich. Derzeit beträgt der Anteil an Vermietungen 80%, 20% entfallen auf den Verkauf. Zurückgegebene vermietete Module können wieder nach Kundenbedürfnissen umgestaltet und neu verwendet werden. Dadurch haben sie oft eine Lebensdauer von 30 Jahren, verkaufte Module sogar von bis zu 50 Jahren. Die Objekte können beliebig zusammengestellt werden. Wir bieten Raumlösungen in jeder Dimension – vom Einzelaufsteller bis zur Großanlage mit 600 bis 800 Einheiten.

Wirtschaftsforum: Was genau gehört bei Ihnen zum Service?

Dietmar Müller: Wie bieten die Komplettleistung, das heißt Auslieferung der Module, Anschluss an Stromversorgung, Kanalisation und Internet sowie die Ausstattung mit Möbeln. Wir haben auch Modelle, bei denen wir die Getränke- und Toilettenpapierversorgung übernehmen. In Deutschland sind wir der einzige Anbieter, der diesen 360° Service bietet. Wir verstehen uns als Dienstleister und nicht als Vermieter oder Verkäufer.

Wirtschaftsforum: Wie ist Algeco Deutschland aufgestellt?

Dietmar Müller: Die Algeco GmbH ist für die DACH-Region und Slowenien zuständig. An unseren 14 Standorten in Deutschland beschäftigen wir 550 Mitarbeitende, dazu kommen 250 weitere von Partnerunternehmen. 25 Beschäftigte arbeiten in unseren Niederlassungen in Österreich und Slowenien. Die Schweizer Gesellschaft unterhält derzeit keinen aktiven Betrieb. Das wollen wir aber spätestens im kommenden Frühjahr ändern. Unsere Firma wächst, auch trotz Corona, sehr stark. In unserer gesamten Region machen wir einen Umsatz von 180 Millionen EUR.

Wirtschaftsforum: Wie lange sind Sie selbst schon in diesem Geschäft?

Dietmar Müller: Ich bin seit Anfang 2020 Geschäftsführer von Algeco Deutschland und im Vorstand unserer Muttergesellschaft, der Modulaire Gruppe. Als Maschinenbauingenieur war ich zunächst mit Industrieklimasystemen befasst und habe 17 Jahre lang die Welt bereist. Danach habe ich mich nur noch mit Industrial Rental beschäftigt.

Wirtschaftsforum: Wie hat sich der Markt in den vergangenen Jahren entwickelt?

Dietmar Müller: Von 2015 bis 2017 sind aufgrund der Flüchtlingskrise viele neue Vermieter auf den Markt gekommen. Dieses Geschäft ist stark zurückgegangen. Von 7.000 Modulen, die wir damals aufgestellt haben, sind noch etwa 1.000 in Betrieb. Nach einem zeitweisen Rückgang hat sich der Markt wieder erholt. Mit Beginn der Coronakrise gab es zunächst eine gewisse Verunsicherung. Dann stellte sich aber heraus, dass in dieser Zeit der Bedarf an modularen Lösungen sogar gestiegen ist. Denn gerade weil es keine Planungssicherheit gab, wollen sich viele Unternehmen nicht festlegen. Manche Firmen planen auch bewusst mit Projektgebäuden, die nur für einen gewissen Zeitraum genutzt werden sollen. Dann ist die Modulbauweise ideal. Gekaufte Module können im Anschluss weiterverkauft werden. Und selbst wenn die Gebäude abgerissen werden, sind unsere Module zu 96% recycelbar.

Wirtschaftsforum: Was erwarten Sie in Zukunft für den Markt und Ihr Unternehmen?

Dietmar Müller: Im Wohnmarkt rechnen wir mit einem großen Aufschwung. Unsere Lösung ist sehr gut im Zusammenhang mit Urban Densification zu nutzen, wenn etwa auf ein bestehendes Gebäude noch ein oder zwei Etagen gesetzt werden sollen. Unser Geschäft wird auch durch den allgemeinen Zeitgeist beflügelt werden, da es flexibel und nachhaltig ist. Stahl ist ökologisch besser als Beton. In letzter Zeit hatten wir auch Projekte in Holz- oder hybrider Bauweise mit Stahl und Holz, wobei das Problem im Moment die Holzbeschaffung ist. Beides werden wir nun aus eigener Fertigung anbieten. Wir gehen von einer sehr dynamischen Entwicklung mit hohen Wachstumsraten aus, sowohl in der Vermietung als auch im Verkauf. Dieses Wachstum wird sich auf mehrere Faktoren gründen: Wir werden uns in der Schweiz etablieren. In Deutschland werden wir weitere Depots bauen und vielleicht auch akquirieren. Und wir planen eine Verstärkung unserer Flotte, um mehr Module in den Markt bringen zu können.

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