„Die Verpackung ist kein notwendiges Übel, sondern wichtiger Teil des Produkts!“

Interview mit Dr. Thomas Sawitowski, Senior Vice President Flexible Packaging ACTEGA

Wirtschaftsforum: Herr Dr. Sawitowski, als Teil der Altana-Gruppe bietet ACTEGA umfassende Verpackungslösungen im Markt an. Worin liegt dabei Ihre zentrale Kernkompetenz?

Dr. Thomas Sawitowski: A priori treten wir als formulierendes Unternehmen auf, dessen Leistungsspektrum sich in drei Geschäftsbereiche gliedert: Neben Lösungen für Metallverpackungen wie Deckel und Dosen, die etwa in die lebensmittelverarbeitende Industrie einfließen, sowie unserem Paper- und Board-Segment für den Kartonagen- und Wellpappeberich zeichnen wir uns insbesondere durch unsere Kompetenz im Themenfeld Flexible Packaging aus, das ich global verantworte. Hier bieten wir dem Namen getreu Lösungen für flexible Verpackungen wie Standbodenbeutel, Aluminiumwickler und Deckelfolien an, wie man sie etwa von Joghurtebechern kennt, sowie ein breites Etikettenportfolio, das von klassischen Nassleimprodukten, etwa für Bierflaschen, über Wraparound-Lösungen für Mineralwasserflaschen bis hin zu sogenannten Inmould-Etiketten (IML) für Lebensmittelverpackungen reicht, wo das Etikett selbst Teil der Verpackung wird. Unsere zentrale Kompetenz liegt dabei primär in unserem gewachsenen Know-how, das sich sowohl auf die funktionalen Aspekte als auch eine ansprechende ästhetische Gestaltung erstreckt.

Wirtschaftsforum: Wo liegen dabei die fachlichen Herausforderungen?

Dr. Thomas Sawitowski: Das Endprodukt muss durchaus komplexen Ansprüchen genügen, die sich bisweilen auch abhängig vom Kundenspektrum und vom jeweiligen Markt unterscheiden. Bei der Versiegelung von Joghurtbechern wünschen die deutschen Verbraucher:innen beispielsweise einen eher strammen Zug, da sie ansonsten den irrtümlichen Eindruck gewinnen würden, das Produkt sei bereits offen gewesen; in anderen Ländern ist es den Konsumenten hingegen wichtig, beim Abreißen des Siegelverschlusses nicht allzu viel Kraft aufwenden zu müssen. Neben breiten Applikationen wie verschiedensten Druckverfahren ist unsere Expertise damit auch bei derartigen Sachthemen gefragt. Außerdem können wir einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass das jeweilige Produkt dem Kunden direkt ins Auge springt, etwa durch entsprechende Hologramm- und 3D-Effekte oder Matt- und Glanzlacke.

Wirtschaftsforum: Um ihre Nachhaltigkeitsbilanz zu verbessern, wollen viele Hersteller auf Papier als primäres Verpackungsmaterial ausweichen. Mit welchen Herausforderungen geht dieser Prozess einher?

Dr. Thomas Sawitowski: Diese Marktbeobachtung ist durchaus zutreffend, auch wenn Papier nicht in jedem Kontext die nachhaltigere Lösung darstellt – das muss man je nach Verarbeitungsprozess durchaus differenziert betrachten. Gleichzeitig ist Papier an sich eigentlich ein eher schlechtes Verpackungsmaterial – es ist weder wasser- noch fettbeständig, dafür aber gasdurchlässig und verringert somit in vielen Fällen die Mindesthaltbarkeit im Vergleich zu einer Alternative aus Kunststoff. Die zentrale Herausforderung liegt also in einer möglichst umweltschonenden und gleichzeitig effektiven Veredelung des Papiers. Gerade in diesem Zusammenhang muss man einen holistischen Blick auf Produkt und Verpackung als Einheit richten, um bei allen zwangsläufigen Trade-offs die beste Handlungsoption zu identifizieren. In der Praxis werden viele Hersteller diesen Ansprüchen nicht immer gerecht: So gibt es beispielsweise Verpackungen aus Papier, auf die so viel Kunststoffveredelung aufgebracht wurde, dass sie im Ergebnis kaum nachhaltiger sein dürften als eine reguläre Plastikverpackung. Um derartige Fehlentwicklungen zu vermeiden, ist ein ebenso breites wie fachspezifisches Produkt- und Prozess-Know-how erforderlich, mit dem sich ACTEGA gerne in jedem Entwicklungsschritt einbringt.

Wirtschaftsforum: Für viele gilt inzwischen: Die beste Verpackung ist gar keine Verpackung. Bedeutet dieser Ansatz langfristig eine Gefährdung Ihres Geschäftsmodells?

Dr. Thomas Sawitowski: Diese Vorstellung ist tatsächlich lange auf einigen Widerhall bei den Herstellern gestoßen. Viele sind davon aber inzwischen wieder abgerückt. Denn wenn der Produktauftritt im Hintergrund verschwindet, kann man über die Verpackung auch keinerlei Emotionen mehr erwecken oder sich durch ein nachhaltiges Markenerscheinungsbild positionieren. Dadurch unterscheidet sich das Produkt dann auch optisch nicht mehr von den jeweiligen No-Name-Alternativen – für die meisten Brands ist das ein großes Problem. Ich glaube, dass deshalb inzwischen auch ein breites Umdenken stattgefunden hat: Die Hersteller wollen nachhaltig sein, aber auch mit einer attraktiven Verpackung auftreten. Dank zahlreicher technologischer Innovationen ist das inzwischen kein Widerspruch mehr. Zudem ist Verpackung per se auch kein Übel, das es um jeden Preis zu minimieren gilt. Auch ACTEGA bezieht klar Stellung gegen unnötigen und überschüssigen Verpackungsmüll, aber in vielen Fällen ergibt sich aus der Verpackung ein wichtiger und nutzenstiftender Mehrwert: Durch sie werden Produkte länger haltbar, sie schützt die Verbraucher:innen vor einer Kontamination mit schädlichen Stoffen und bewahrt Lebensmittel vor einem allzu raschen Verfall. Die Lösung liegt aus meiner Sicht deshalb insbesondere in der Etablierung wertschöpfender Kreisläufe samt umfassender Sammelsysteme: Denn dort, wo es auf PET-Flaschen Pfand gibt, wird nahezu keine auf umweltschädliche Weise entsorgt. Diese Beobachtung weist aus meiner Sicht den richtigen Weg.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema

Technik, die Räume lebendig macht

Interview mit Ralph Höher, Geschäftsführer der ITV - Ingenieur Team ­Versorgungstechnik GmbH

Technik, die Räume lebendig macht

Seit mehr als 20 Jahren prägt die ITV – Ingenieur Team Versorgungstechnik GmbH das Berliner Stadtbild entscheidend mit. Ob Wohnungsbau, Verwaltungsgebäude oder Sanierungen im Bestand: Das Ingenieurbüro sorgt dafür, dass…

Möbelwelten für jede Lebensphase

Interview mit Sergius Heinze, Geschäftsführer und Olga Heinze, Geschäftsführerin der Ecolignum GmbH & Co. KG

Möbelwelten für jede Lebensphase

Die Ecolignum GmbH & Co. KG hat sich aus einer persönlichen Erfahrung heraus zu einem europaweit gefragten Anbieter für Familienbetten entwickelt. Mit einem klaren Fokus auf Massivholz, nachhaltige Lieferketten und…

Pioniere der grünen Prozessindustrie

Interview mit Frédéric Anthone, Chief Sales Officer von De Smet SA Engineers & Contractors

Pioniere der grünen Prozessindustrie

Ob Zuckerfabrik, Biokraftstoffanlage oder Fermentationsprojekt für alternative Proteine – überall, wo industrielle Prozesse effizienter, nachhaltiger und energieärmer werden sollen, ist De Smet SA Engineers & Contractors gefragt. Das belgische Unternehmen…

Spannendes aus der Region Kreis Wesel

Von Emmerich in die Welt

Interview mit Jordi Queralt, Geschäftsführer der H. von Gimborn GmbH

Von Emmerich in die Welt

Vom Arzneimittelhersteller zur internationalen Katzenmarke: Seit 1855 hat sich die H. von Gimborn GmbH vom traditionsreichen Chemiebetrieb zu einem internationalen Spezialisten für Katzensnacks und Katzenstreu entwickelt. Geschäftsführer Jordi Queralt erklärt,…

Wiegen ohne Umwege: Revolutionäre Wiegetechnik

Interview mit Stephen Lüdiger, Vertriebsleiter der PFREUNDT GmbH

Wiegen ohne Umwege: Revolutionäre Wiegetechnik

Seit ihrer Gründung hat die PFREUNDT GmbH Meilensteine gesetzt – von der ersten eichfähigen Radladerwaage 1982 bis zur heutigen WK60, die mit Smart-Features wie Live-Datenerfassung und Remote-Wartung überzeugt. Doch die…

Vom Ladenbau zur Ladestation

Interview mit Sebastian Hellmich, Geschäftsführer und Sebastian Reh, Vertriebsleiter der hesotec gmbh

Vom Ladenbau zur Ladestation

Die Elektromobilität steckt voller Potenziale und Herausforderungen – von der Ladeinfrastruktur bis zum Energiemanagement. Die hesotec gmbh hat sich sowohl im Metallbau als auch in der Entwicklung hochwertiger Ladestationen einen…

Das könnte Sie auch interessieren

Verpackungen, die es in sich haben

Interview mit Florian Münch-Glatzer, Geschäftsführer der Oldenburger Kartonagen-fabrik U. Burmeister GmbH

Verpackungen, die es in sich haben

Seit über fünf Jahrzehnten ist die Oldenburger Kartonagenfabrik U. Burmeister GmbH mit Sitz in Bad Zwischenahn ein zuverlässiger Partner für individuelle Verpackungslösungen aus Wellpappe. Was als klassische Kartonagenproduktion begann, hat…

Verpackt für den Erfolg: Nachhaltige Präsentationen

Interview mit Joachim Kratschmayr, Geschäftsführer der Packservice Gruppe

Verpackt für den Erfolg: Nachhaltige Präsentationen

Die Packservice Gruppe hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 1980 in Karlsruhe zu einem führenden Anbieter von hochwertigen Verpackungslösungen und Logistikdienstleistungen entwickelt. Mit über 20 Standorten und mehr als…

Die Verpackung in der Verpackung

Interview mit Dr. Axel Weiler, CEO der ROUNDLINER Gruppe

Die Verpackung in der Verpackung

Bis 2050 soll es weltweit 65% mehr Abfall geben – das besagt eine Studie des UN-Umweltprogramms. Um Müll zu reduzieren, wird der bewusste Umgang mit Ressourcen immer wichtiger. Die ROUNDLINER…

TOP