Intelligenz ist die Fähigkeit, sich neu zu erfinden
Interview mit Prof. Dr. Dr-Ing. Gustavo Möller-Hergt, CEO der ALSO Holding AG

Wirtschaftsforum: Herr Möller-Hergt, bevor wir auf Ihr Unternehmen zu sprechen kommen, geben Sie uns doch bitte aus aktuellem Anlass eine Einschätzung zur Situation rund um Corona.
Gustavo Möller-Hergt: Ich denke physische Kontakte werden nicht verschwinden. Aber man wird sehr genau überlegen, ob eine Vor-Ort-Präsenz, ob persönliche Treffen wirklich notwendig sind. Wir gehen ungewissen Zeiten entgegen – gesundheitlich, wirtschaftlich, gesellschaftlich. Worauf es ankommt ist beim Wiederhochfahren von Produktion und Unternehmen auf die größtmögliche Sicherheit zu achten. Und: die Chancen zu erkennen und zu nutzen, die die veränderten Rahmenbedingungen bieten.
Wirtschaftsforum: Was bedeutet das für Ihr Unternehmen?
Gustavo Möller-Hergt: Zunächst einmal machen wir uns Gedanken über den psychologischen Druck, der auf unseren Mitarbeiter lastet. Man sollte nicht unterschätzen, was es bedeutet, über Wochen im Home-Office zu arbeiten. Auch deshalb öffnen wir jetzt schrittweise wieder die Büros. Aber: wir tun das nach einem klar definierten Anwesenheits-Plan, mit Temperaturmessungen und unter Berücksichtigung der Situation jedes einzelnen Mitarbeiters. Gleichzeitig passen wir unsere Angebote an: da wir die Entwicklung seit Anfang Januar sehr genau beobachten, konnten wir im März sofort Bundles für Home-Office und Home-Schooling anbieten. Wir verstärken den Bereich IT-asa-service, der es Unternehmen ermöglicht, nutzungsbasiert vom Arbeitsplatz mit Hard- und Software über das Server-Setup bis hin zu Cybersecurity und Datensicherung schnell und flexibel zu reagieren.
Wirtschaftsforum: Das bringt uns direkt zum nächsten Thema: Erzählen Sie unseren Lesern bitte, was Ihr Unternehmen genau macht.
Gustavo Möller-Hergt: Gerne. Wir sehen uns als Technologie-Provider für IT. Das umfaßt die Lieferung und Bereitstellung von Hard- und Software, die Unterstützung bei der Entwicklung von komplexen IT-Architekturen und das Angebot cloudbasierter Plattformen, für das Internet of Things, Streaming oder Cybersecurity. Die Soft- und Hardware kann man entweder kaufen oder man kann sie nutzungsbasiert leasen, wir nennen das ‘as-a-Service’. Das ist ein Riesenvorteil für Unternehmen, die damit keine hohe Kapitalbindung für Geräte haben und gleichzeitig ihre IT-Abteilung sehr schlank halten können. Wir arbeiten eng mit Vermittlern, den sogenannten Resellern, zusammen, die zum Endkunden gehen. Der Vorteil dieses Modells liegt darin, dass wir kein Vertriebs- und Servicenetz aufbauen müssen. Stattdessen haben wir eine große Anzahl von motivierten Entrepreneurs. Es ist eine Reseller-Gemeinschaft mit einem Potenzial von derzeit über 110.000 kaufenden Kunden pro Jahr.
Wirtschaftsforum: Und wo sind sie überall präsent?
Gustavo Möller-Hergt: In Deutschland neben Soest und Berlin in Straubing bei München und in Osnabrück, aber auch in der Schweiz und in Österreich sind wir stark vertreten. In 20 Ländern Mittel-, West-, Nord- und Osteuropas haben wir weitere Standorte. In zusätzlichen 87 Ländern weltweit sind wir über Cloudlösungen präsent.
Wirtschaftsforum: Wie kommunizieren Sie mit Ihren Kunden in der Krise?
Gustavo Möller-Hergt: Ein Beispiel ist unsere Idee, digitale Messen für all unsere Präsenz-Länder zu organisieren, mit virtuellen Ständen, Präsentationen und Webinaren. Ende März hat eine solche Messe mit rund 6.000 Teilnehmern und über 100.000 Klicks in der DACH-Region stattgefunden. Es gab sogar eine After-Party. Diese Idee war ein so toller Erfolg, dass Mitarbeiter und Kunden aus nicht-deutschsprachigen Ländern sagten: Das wollen wir auch. Darauf haben wir reagiert und Ende April eine Messe für alle restlichen 20 ALSO-Länder auf die Beine gestellt. So haben wir aus einem Problem eine Opportunität gemacht. Das ist meine Definition von Intelligenz: die Fähigkeit, sich neu zu erfinden. Ein Unternehmen ist gesund, wenn es sich schnell und kreativ auf neue Situationen einstellen kann.
Wirtschaftsforum: Wie würden Sie Ihre Rolle innerhalb eines so großen und komplexen Unternehmens beschreiben?
Gustavo Möller-Hergt: Wir sind ein Organismus. Jeder Mitarbeiter ist ein lebendiger und wichtiger Bestandteil dieses Organismus. Nur so können wir funktionieren. Ich selbst bin nur ein kleiner Teil des Ganzen. Ich bin Musiker, deshalb weiß ich ganz genau: den Klang eines Orchesters macht nicht die erste Geige – es braucht jeden einzelnen Spieler. Natürlich ist der Dirigent wichtig, aber ohne Orchester bringt der beste Dirigent keinen Ton zustande.
Wirtschaftsforum: Und wohin geht die Reise von ALSO?
Gustavo Möller-Hergt: Wir möchten Europas führender Provider von IT-Technologie werden. Natürlich tun wir das, weil wir wirtschaftlich erfolgreich sein wollen. Aber was uns letztlich antreibt ist der Wunsch, das Leben der Menschen mit Hilfe von Technologie zu verbessern. Ich bin überzeugt, dazu können wir einen wesentlichen Beitrag leisten.