TERRA statt Apple: Wie WORTMANN gegen IT-Giganten besteht
Interview mit Siegbert Wortmann, Vorstand der WORTMANN AG

Wirtschaftsforum: Herr Wortmann, können Sie uns einen Überblick über die Entwicklung und heutige Struktur Ihres Unternehmens geben?
Siegbert Wortmann: Nach der Gründung 1987 kam der erste große Neubau 1992, dann die ersten PCs 1993/94 und die ersten Eigenmarken. 2014 haben wir unser eigenes Cloudcenter gebaut. Mittlerweile haben wir am Standort 800 Mitarbeiter. Neben Hüllhorst gibt es noch eine Fertigung in Leipzig. Die gesamte Gruppe hat mehr als 2.000 Mitarbeiter. Die WORTMANN AG macht 1,1 Milliarden EUR Umsatz, die Gruppe 2,1 Milliarden.
Wirtschaftsforum: Wie war die wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren?
Siegbert Wortmann: Bisher war sie steigend, bis auf das letzte Jahr, da hatten wir einen Rückgang von 4% und sind knapp unter 1,1 Milliarden EUR Umsatz gefallen. Für dieses Jahr erwarten wir ein sehr gutes Geschäft, weil Microsoft angekündigt hat, den Support für Windows 10 einzustellen. Das sorgt für einen Vorzieheffekt, wie wir es auch schon beim Wegfall von Windows 7 und XP erlebt haben.
Wirtschaftsforum: Welche Geschäftsbereiche hat die
WORTMANN AG?
Siegbert Wortmann: Wir haben insgesamt sechs Geschäftsbereiche: Distribution, Eigenmarkenfertigung von PCs, Notebooks und Servern hier am Standort, einen Service- und Dienstleistungsbereich, eine eigene Finanzierungsgesellschaft, ein eigenes Schulungszentrum und eine eigene Cloud. Umsatzmäßig ist die Distribution das Hauptstandbein, danach kommen die Eigenmarken und das Rechenzentrum.
Wirtschaftsforum: Sie stehen in Konkurrenz zu internationalen IT-Giganten. Wie können Sie als deutscher Mittelständler bestehen?
Siegbert Wortmann: Unsere Hauptwettbewerber sind die großen internationalen Konzerne: Dell, HP, Lenovo, Asus und Apple. Wir sind bodenständig und kundenfreundlich. Wir investieren in gute Mitarbeiter und in unsere Kunden. Zum Beispiel verlosen wir seit 20 Jahren jeden Monat ein Auto. Das bringt mehr, als wenn ich Hochglanzanzeigen in Zeitungen schalte oder Fernsehwerbung mache.
Wirtschaftsforum: Worin unterscheiden sich Ihre Produkte von denen der Konkurrenz?
Siegbert Wortmann: Die Produkte sind in der Regel gleich, ob von HP, Lenovo oder Dell. Da sitzt ein Betriebssystem von Microsoft drin, eine CPU von AMD oder Intel, eine Festplatte oder SSD von Samsung oder WD. Bei uns ist das Drumherum, der Service und die Kundenfreundlichkeit, besser. Übrigens haben wir in Deutschland einen Marktanteil von 6%, während die großen drei einen Marktanteil von 60 bis 70% haben.
Wirtschaftsforum: Wie begegnen Sie dem Fachkräftemangel?
Siegbert Wortmann: In der Regel bilden wir unsere Kräfte selbst aus. Zwei Drittel der Beschäftigten haben wir selbst ausgebildet. Fremde Leute holen wir selten dazu. Mit eigenen Leuten kommen wir gut klar, sie identifizieren sich mit den Werten, die wir vertreten: Ehrlichkeit, Kundenfreundlichkeit, Fleiß, Pünktlichkeit.
Wirtschaftsforum: Welche Geschäftsfelder und Produkte sind für Ihr Unternehmen besonders wichtig?
Siegbert Wortmann: Das sind ganz klar einerseits unsere Eigenmarken und andererseits unsere Cloud-Produkte.
Wirtschaftsforum: Was erwarten Sie von einer neuen Bundesregierung?
Siegbert Wortmann: Die Bürokratie ist in Deutschland viel zu hoch und die Arbeitskosten sind zu hoch. In Deutschland wird im Schnitt etwa 1300 Stunden gearbeitet, in den USA 1900 Stunden und in China und Indien noch mehr. Das verteuert unsere Produkte. Man muss den Faktor Arbeiten wieder mehr wertschätzen und vor allem Bürokratie abbauen. Als mittelständisches Unternehmen freuen wir uns, wenn Kunden bewusst bei uns kaufen, anstatt bei globalen Konzernen. Wir zahlen hier unsere Steuern, schaffen Arbeitsplätze vor Ort und unterstützen lokale Organisationen, Vereine und karitative Einrichtungen – etwas, das Konzerne wie Apple, Lenovo und Dell sicherlich nicht in dieser Form tun.