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Was ist ein stilles Gewerbe?
(Fast) alles, was die Ausübung eines Gewerbes betrifft, ist in der Gewerbeordnung (GewO) geregelt. Doch wissen Sie auch, was ein stilles Gewerbe ist? Dieser Begriff wird gelegentlich im Alltag benutzt, doch was sich dahinter verbirgt, geht aus diesem Gesetz nicht hervor. Wir verraten Ihnen, was es mit einem stillen Gewerbe auf sich hat.
Was ist ein Gewerbe?
Laut § 15 Abs. 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) ist ein Gewerbe gekennzeichnet durch:
- selbstständiges Handeln, also eine eigenverantwortliche und nicht weisungsgebundene Tätigkeit
- die Tätigkeit muss planmäßig auf Dauer angelegt sein
- Gewinnerzielungsabsicht
- Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsverkehr
Und natürlich darf ein Gewerbe auch nicht gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstoßen. Nicht gewerblich sind freiberufliche Tätigkeiten.
„Still“ gleich frei von Lärm
Dem Wortlaut nach steht „still“ für ruhig und frei von Lärm. Und tatsächlich sind wir mit dieser Übersetzung schon ganz nah dran an der wahren Bedeutung eines stillen Gewerbes. Denn gemeint ist eine Tätigkeit, die keinen Lärm verursacht – weder durch die Ausübung des Gewerbes selbst noch durch seine Folgen wie zum Beispiel die Anlieferung von Waren durch Lkw, Fahrzeugverkehr von Kunden oder ein- und ausgehende Personen.
Baurechtliche Bedeutung des stillen Gewerbes
So viel zur Theorie. Doch was bedeutet das für die Praxis? Relevant ist der Begriff im Baurecht, wenn es um die Nutzung einer Wohnung für gewerbliche Zwecke geht. Das hat folgenden Hintergrund: In Wohngebieten sollen Anwohner vor übermäßigem Lärm geschützt werden.
Handelt es sich um ein stilles Gewerbe – das Baurecht spricht von einem „nicht störenden Gewerbe“ – darf dieses grundsätzlich in einer Wohnung ausgeübt werden. Dies kann auch vom Vermieter nicht untersagt werden. Allerdings kann für Allgemeine oder Reine Wohngebiete im jeweiligen Bebauungsplan festgeschrieben sein, dass dort selbst eine nicht störende gewerbliche Nutzung unzulässig oder nur ausnahmsweise zulässig ist.
Reine Wohngebiete dienen nach § 3 BauNVO (ausschließlich) dem Wohnen. In ihnen ist der Schutzanspruch vor jeder Störung, die durch gewerbliche Tätigkeiten entstehen kann, am höchsten. Daher ist dort bereits jede Tätigkeit unzulässig, bei der nach ihrem Typ störende Auswirkungen auf die Nachbarschaft nicht grundsätzlich auszuschließen sind. Das hat zur Folge, dass selbst „nicht störende“ Gewerbe in Reinen Wohngebieten nur ausnahmsweise außerhalb von Wohnungen zulässig sind. Etwas weniger streng sind die Vorschriften für Allgemeine Wohngebiete. Diese dienen gemäß § 4 BauNVO vorwiegend dem Wohnen. Sowohl für Reine als auch Allgemeine Wohngebiete können die Gemeinden in den entsprechenden Bebauungsplänen Ausnahme-Nutzungen zulassen. Welche das sein können, ergibt sich ebenfalls aus den §§ 3 und 4 BauNVO.
In der Praxis oft strittig
Inwieweit ein Gewerbe „still“ ist, sich also nicht störend auf die Umgebung auswirkt, ist allerdings in der Praxis oftmals strittig. Im Allgemeinen sind unter einem stillen Gewerbe zum Beispiel Arztpraxen, Büros, Friseursalons oder Künstlerateliers zu verstehen. Bei ihnen wird nicht davon ausgegangen, dass sich ihr Betrieb oder der zu erwartende Kundenverkehr störend auf die Umgebung auswirken wird. Doch schlussendlich ist es Auslegungssache, was unter diese Definition fällt.
Zu beachten ist in jedem Fall: Selbst wenn der Betrieb eines „nicht störenden Gewerbes“ in einer Wohnung an sich zulässig ist, ist das kein Freifahrtschein für dennoch auftretende Lärmbelästigungen. Mit anderen Worten: Bei übermäßigem Lärm können andere Anwohner auf Unterlassung klagen.