Scheinselbstständigkeit: Das sollten Unternehmen beachten
Wer als Arbeitgeber Freiberufler beschäftigt und nicht verschiedene Dinge im Blick hat, kann sehr schnell Schwierigkeiten bekommen. Ein Thema, das Unternehmen, für die Freiberufler tätig sind, unbedingt beachten sollten, ist die Scheinselbstständigkeit.
Scheinselbstständigkeit ist eine komplexe Materie
Scheinselbstständigkeit liegt dann vor, wenn selbstständige Einzelunternehmer oder Freiberufler für ein anderes Unternehmen vertraglich festgelegte Dienstleistungen erbringen, in Wirklichkeit jedoch die Voraussetzungen eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses erfüllt sind. Dabei berührt eine Scheinselbstständigkeit gleich drei unterschiedliche Rechtsfelder: Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht. Wird eine Scheinselbstständigkeit nachgewiesen, kann dies für den Auftraggeber unangenehme Folgen haben. So müssen unter Umständen Beiträge zur Sozialversicherung sowie Lohnsteuer nachgezahlt werden.
Behörden können prüfen, ob Scheinselbstständigkeit vorliegt
Anhand unterschiedlicher Kriterien wird geprüft, ob tatsächlich eine Scheinselbstständigkeit des Freiberuflers vorliegt. Dazu gehört unter anderem die Arbeit über einen längeren Zeitraum für wenige oder gar nur einen Auftraggeber. Zahlt der Selbstständige keine Beiträge an die gesetzlichen Sozialversicherungsträger, ist ebenfalls Vorsicht geboten. Hat der Freiberufler keine eigenen Angestellten und ist ausschließlich als „Einzelkämpfer“ unterwegs, so kann dies ebenfalls ein Anhaltspunkt für eine Scheinselbstständigkeit sein.
Scheinselbstständigkeit: Verschiedene Kriterien werden geprüft
Weitere Punkte, die für eine Scheinselbstständigkeit sprechen könnten sind:
- Unabhängig von Umfang und Art der erbrachten Leistung zahlt das Unternehmen dem Freiberufler feste Bezüge.
- Die Arbeit für einen einzelnen Auftraggeber machen mindestens 85% der gesamten freiberuflichen Einkünfte aus.
- Der Selbstständige nimmt gemeinsam mit Festangestellten an internen Besprechungen teil.
- Der Selbstständige darf keine Aufträge an Dritte vergeben.
- Es besteht eine Weisungsbefugnis des Auftraggebers gegenüber dem Freiberufler. Der Selbstständige muss ihm Bericht erstatten.
- Es gibt einen Anspruch auf Urlaub.
- Die Arbeitsstätte des Selbstständigen befindet sich in der Firma des Auftraggebers.
- Im Betrieb festangestellte Mitarbeiter üben die gleiche Tätigkeit aus wie der Freiberufler.
- Das unternehmerische Risiko liegt ausschließlich auf Seiten des Auftraggebers.
- Der Auftraggeber bestimmt die Arbeitszeiten, deren Umfang in einem Vertrag festgelegt ist.
Verschiedene Behörden können prüfen
Grundsätzlich können das Finanzamt, die gesetzliche Rentenversicherung, das zuständige Amtsgericht oder die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung, zum Beispiel Krankenkasse oder Jobcenter, zu jeder Zeit prüfen, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Selbst wenn der Freiberufler für mehrere Auftraggeber tätig ist, kann geprüft werden. Entscheidend für die Bewertung sind hier vor allem die Unabhängigkeit von Weisungen sowie die selbstbestimmte Einteilung der Arbeitszeit und die Wahl des Arbeitsortes.
Kein einheitliches Prüfverfahren in Deutschland
In anderen Ländern der EU wird bei Verdacht auf Scheinselbstständigkeit nach exakt festgelegten, zertifizierten Verfahren einheitlich geprüft. Das ist in Deutschland nicht der Fall. Deshalb prüft die untersuchende Stelle jedes Auftragsverhältnis individuell.
Nachzahlungsforderungen bei festgestellter Scheinselbstständigkeit
Kommt der Betriebsprüfer nach Abschluss seiner Untersuchungen zu dem Schluss, dass eine Scheinselbstständigkeit vorliegt, hat dies natürlich Konsequenzen für Auftraggeber und Freiberufler. Dabei sind die Folgen für das Unternehmen oftmals gravierender als für den Auftragnehmer. So können zum Beispiel rückwirkend Sozialversicherungsbeiträge für einen Zeitraum von maximal vier Jahren fällig werden. Hier hat der Auftraggeber als Gesamtschuldner sogar den Anteil des Arbeitnehmers zu tragen. Hinzu kommen Nachzahlungsforderungen für nicht entrichtete Lohnsteuer. Der Scheinselbstständige ist lediglich für Beiträge der letzten drei Monate verantwortlich. Außerdem hat er die Möglichkeit, vor dem Arbeitsgericht auf eine Festanstellung zu klagen.
Rentenversicherung gibt Auskunft zum Beschäftigungsstatus
Wer als Unternehmer wissen möchte, ob eine Scheinselbstständigkeit der von ihm beschäftigten Freiberufler vorliegt, kann dies durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung prüfen lassen. Den Antrag auf Statusprüfung muss der Selbstständige allerdings innerhalb eines Monats nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit stellen. Auch während eines laufenden Feststellungsverfahrens ist eine solche Klärung nicht mehr zulässig.
Das könnte Sie auch interessieren:
ERROR: Content Element with uid "176538" and type "gridelements_pi1" has no rendering definition!