Werbung für Ware
Interview mit Dr. Thomas Seifert, geschäftsführender Gesellschafter der rheinkontor Gesellschaft für strategisches Marketing mbH

Wirtschaftsforum: Herr Dr. Seifert, „Werbung für Ware“ oder, wie es in Ihrem Internetauftritt heißt, „Alternative Finanzierung von Medialeistungen“, ist ein wahrlich ungewöhnliches Konzept. Erläutern Sie unseren Lesern doch bitte noch einmal, was sich hinter dieser Idee verbirgt.
Dr. Thomas Seifert: Sicher. Wir übernehmen Waren, unter anderem Lebensmittel, Automobile oder Elektronikgeräte, zu einem sehr attraktiven Preis von unseren Kunden. Wir wandeln sie in Medialeistung um und versuchen dabei, den Anforderungen und Ansprüchen der Kunden gerecht zu werden. Dabei spielt die Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Wir bringen damit Waren auch zurück in den Kreislauf und verwerten sie weiter.
Wirtschaftsforum: Können Sie uns dafür ein Beispiel nennen?
Dr. Thomas Seifert: Wir kaufen zum Beispiel Joghurtprodukte eines Herstellers auf, wenn dieser das Design seiner Verpackungen ändert. Die aufgekaufte Ware veräußern wir anschließend in Kantinen und anderen Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung. Oder ein anderes Beispiel. Wir übernehmen Tiefkühlware in großen Mengen und verkaufen diese danach im Ausland.
Wirtschaftsforum: Aber treten Sie als rheinkontor dann nicht selbst in Konkurrenz zu den Produkten Ihrer Auftraggeber?
Dr. Thomas Seifert: Nein, und das ist essentiell an unserem Geschäftsmodell. Jedes Projekt ist ein Einzelfall. Es geht immer um individuelle Lösungen. Wir vermeiden die Kannibalisierung der Vertriebswege unseres Kunden. Am Beispiel des Joghurts bedeutet das, dass wir die Produkte nicht im Lebensmitteleinzelhandel absetzen, sondern eben in Kantinen und ähnlichem. Eben dort, wo unser Kunde geschäftlich nicht aktiv ist. Bei der Tiefkühlkost gehen wir in Länder, in denen unser Kunde nicht präsent ist. Wir sehen uns als Berater und nutzen weiße Flecken in der Vermarktung. Wir haben eine ganze Reihe von Bestandskunden. Sie wissen, dass wir Ihre Ware ordentlich vermarkten und Vertriebsvorgaben einhalten. Das Verhältnis zu diesen Stammkunden basiert auf Qualität und Vertrauen.
Wirtschaftsforum: Lassen Sie uns über die Medialeistungen sprechen. Wie sehen sie aus?
Dr. Thomas Seifert: Hier bieten wir unseren Kunden eine große Bandbreite, die nahezu sämtliche Kommunikationskanäle im öffentlichen Raum umfasst. Sie reicht von nationalen Plakatkampagnen, Bandenwerbung im Stadion und Aktivitäten am Point of Sale, über TV- und Radiokampagnen bis hin zu Kinospots, Onlinewerbung und Gutscheinaktionen. Dabei arbeiten wir eng mit den Agenturen unserer Auftraggeber zusammen. Der Kunde soll nicht auf Leistung verzichten müssen, nur weil er uns mit Ware bezahlt.
Wirtschaftsforum: Bitte erzählen Sie uns doch etwas über den Werdegang von rheinkontor.
Dr. Thomas Seifert: Begonnen haben wir 2005 als Startup in Sankt Augustin bei Bonn. Schon damals war unsere Idee, Waren gegen Medialeistungen in Zahlung zu nehmen. Seinerzeit war dieses Modell nur beim TV bekannt. Heute hat sich das Spektrum um weitere Kanäle wie Print, Onlinemedien und Bandenwerbung erweitert. Wir haben oft Mittelständler, die eine ganze TV-Kampagne nicht stemmen können, aber an Außenwerbung interessiert sind. Unsere Entwicklung ist kontinuierlich und organisch. Bewusst wollten wir ohne Hilfe von Banken bodenständig wachsen. Heute beschäftigen wir zehn Mitarbeiter und erwirtschaften einen Umsatz von zehn Millionen Euro.
Wirtschaftsforum: Was glauben Sie, warum Sie mit ihrem Konzept so erfolgreich sind?
Dr. Thomas Seifert: Wir bieten eine Nische an. Wir bringen Kompetenzen, die sonst getrennt sind, an einem Punkt zusammen: Händler und Medien. Wir sind Medienhändler. Wir verbinden Medienleistung mit Handelsleistung, und das mit einem unglaublichen Mehrwert für den Kunden. Das ist recht singulär. Und genau das macht uns so spannend. Unseren Kunden bietet das auch einen handfesten wirtschaftlichen Vorteil: Wir können bessere Preise bieten als Postenhändler. Bei Cashflowproblemen ist Ware die beste Lösung.
Wirtschaftsforum: Welches sind Ihre Aufgaben im Unternehmen und wie arbeiten Sie?
Dr. Thomas Seifert: Ich habe die kaufmännische Leitung und bin für die strategische Ausrichtung verantwortlich. Ich bin kein Freund strenger Hierarchien. Wir arbeiten im Team zusammen und bringen Projekte nach vorne. Heute sitzen wir auch viel im Home-Office, mittlerweile ein exzellentes Mittel um Arbeit und Arbeitsabläufe zu optimieren.
Wirtschaftsforum: Zum Abschluss noch eine Frage: Was reizt sie persönlich besonders an Ihrer Tätigkeit?
Dr. Thomas Seifert: Ich kann mir keinen spannenderen Job vorstellen: jede Woche ein neues Unternehmen, eine neue Branche. Wir arbeiten mit sehr unterschiedlichen Unternehmen mit unterschiedlichen Anforderungen zusammen: Heute Sportausrüster, morgen Großkonzern, dann Tiefkühlware. Es sind immer andere Produkte. Ich mag es, in einem kleinen Unternehmen zu arbeiten mit vernünftigen Arbeitsbedingungen für alle, in dem Mitarbeiterzufriedenheit ein großes Thema ist.