Verkettung von Kompetenzen: Peptide für alle Fälle

Interview mit Dr. Daniel Müller, Geschäftsführer der Senn Chemicals AG

1963 hatte der innovative Unternehmer Guido Senn zunächst in seiner Garage begonnen, Chemikalien zu extrahieren, die er in der Region verkaufte. Langsam und stetig wuchs das Geschäft. Als er 1999 starb, übernahmen seine vier Söhne das sich erfolgreich entwickelnde Unternehmen ihres Vaters. Den bereits fertigen Plan für einen Neubau der Firmenzentrale setzten sie Anfang der 2000er-Jahre um.

„Die Produktionskapazitäten wurden dadurch enorm erhöht. Aus dem Kleinunternehmen wurde eine größere chemische Produktion. Bis hierhin ist es eine Bilderbuchgeschichte“, erzählt Geschäftsführer Dr. Daniel Müller. Im Zuge des Neubaus gab es jedoch einen Chemie-Zwischenfall, der zu einem Bruch führte: „Dieser Vorfall hat die Entwicklung des Unternehmens beeinträchtigt. Über viele Jahre ging es danach auf und ab, und es gab viele Führungswechsel. Das hatte natürlich Einfluss auf die Kultur“, sagt Dr. Daniel Müller.

Erfolgreich die Weichen gestellt

Vor viereinhalb Jahren, in einem wirtschaftlich schlechten Jahr, wurde Dr. Daniel Müller ins Unternehmen geholt, mit der Aufgabenstellung, die großen Chancen der Firma zu nutzen und Ruhe ins obere Management zu bringen. Das ist gelungen. Seitdem ist Senn Chemicals gewachsen.

„Wir haben die Weichen neu gestellt in Richtung Contract Development und Manufacturing Organization. Als Auftragsfertiger ist es für uns wichtig, tiefgehende Beziehungen zu den Kunden aufzubauen. Daran haben wir gearbeitet“, so der Geschäftsführer.

2020 konnte das Unternehmen, das knapp 100 Mitarbeiter beschäftigt, einen Rekordumsatz von über 20 Millionen CHF verzeichnen. 2021 waren es rund 15% weniger, weil wegen Corona zwei Großkunden vorübergehend ausfielen. Dr. Daniel Müller berichtet, dass es auf dem Peptid-Markt weltweit drei bis fünf sehr große Firmen gebe. Senn Chemicals sei auf dem immens großen Markt ein mittelgroßer Player im Bereich Pharma und Cosmetics. „Es gibt zwei Hersteller-Technologien. Wir machen Flüssigphasensynthese, während die meisten anderen in der Festphasensynthese tätig sind“, erläutert er.

Peptide in kleinen und großen Mengen

Die Flüssigphasensynthese hat gewisse Vorteile gegenüber der Festphasensynthese, führt der Geschäftsführer aus: „Man muss zwar zunächst eine spezielle Herstellvorschrift erarbeiten. Das kostet Zeit und Geld. Doch dann ist es möglich, größere Mengen herzustellen, was preislich vorteilhaft ist.“ Das Ergebnis dieser Synthese sind Peptide, also Ketten von Aminosäuren. „Je länger die Kette ist, desto schwieriger ist die Flüssigphasensynthese. Ab 50 Aminosäuren wird es aufwendig. Wir arbeiten mit bis zu 15, manchmal 35 Aminosäuren. Alle Prozessschritte erfolgen inhouse. Wir haben eine große R&D-Abteilung und können komplizierteste Synthesen selbst abbilden“, erklärt Dr. Daniel Müller.

Die große R&D-Kompetenz sieht er als eine der besonderen Stärken an. Die Moleküle werden exakt nach den Vorstellungen der Kunden sowie in den erforderlichen Mengen hergestellt. „Manche Kunden benötigen 500 g pro Jahr, andere 10 bis 20 kg“, erklärt er. Im Zuge der Fortschritte in der galenischen Zusammensetzung von Wirkstoffen erwartet er zukünftig eine Nachfrage nach größeren Peptid-Mengen. Ein aktuelles Thema ist die Entwicklung schonender Synthesen für Kosmetik und Pharma. „Es geht darum, im Sinne der Green Chemistry Synthesen ohne aggressive Reagenzien zu entwickeln, um die Umwelt zu schonen.“

In der Nische wachsen

Dass Senn Chemicals auch in Zukunft dem Bereich Peptid-Synthese treu bleiben wird, ist für Dr. Daniel Müller keine Frage. „Das ist unsere Stärke. In unserer Nische haben wir einen Wissensvorsprung“, betont er. Der Fokus wird 2022 darauf liegen, die Produktion an den neuen Technologien auszurichten. „Das gilt zum Beispiel für die Reaktoren, die Aufreinigungsanlagen, die Filtration, aber auch die Infrastruktur“, so der Geschäftsführer.

Um kontinuierlich effizient zu produzieren und als Schweizer Unternehmen wettbewerbsfähig zu bleiben, wurden bereits Lean Management-Programme ins Leben gerufen. Nun sollen zudem die Produktionskapazitäten ausgebaut werden. Dr. Daniel Müllers Vision: „Wir wollen unseren Umsatz halten und mittelfristig steigern bei gleichbleibenden Kosten. In fünf bis zehn Jahren soll sich der Umsatz verdoppelt bis verdreifacht haben.“

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