Ultraleicht und extrem fest

Interview

„Innovationen standen bei uns immer im Vordergrund“, sagt Bruno Lammers, geschäftsführender Gesellschafter von SAERTEX. „Wille und Mut haben unsere Firmengeschichte geprägt. Der Wille, immer nach neuen Wegen zu suchen, und der Mut, sie auch zu gehen. Das haben wir seit der Gründung des Unternehmens vor mehr als 30 Jahren konsequent getan und es ist uns gelungen.“

Heute ist SAERTEX weltweit Vorreiter im Bereich extrem leichter und zugleich extrem fester technischer Verstärkungsmaterialien für unterschiedlichste Anwendungen von der Windenergie über Fahrzeugbau, den Schiff- und Bahnbau, Luft- und Raumfahrt bis zu Hochbau oder Kanalsanierung.

Ein ganz besonderer Stoff

Alles begann 1982 mit der Idee für einen innovativen Werkstoff. Der Textilingenieur Bruno Lammers und sein Partner Gert Wagener wollten ihr Know-how in konventionellen Textilien nutzen, um einen neuen technischen Armierungswerkstoff zu entwickeln.

„Je mehr die Energiekosten steigen, desto mehr werden Leichtbau-Werkstoffe eingesetzt.“ Bruno Lammers

Nach Jahren der Entwicklungsarbeit brachten sie das SAERTEX-Gelege auf den Markt, ein Verstärkungsmaterial mit außergewöhnlichen Eigenschaften. SAERTEX-Gelege sind Textilien, das heißt sie haben ein sehr niedriges Gewicht und sind sehr gut formbar. Zugleich sind sie extrem fest, beständig, widerstandsfähig und belastbarer als Metall.

Ein eigener Prozess

Das Geheimnis der SAERTEX-Gelege ist das Herstellungsverfahren. Bei den Verstärkungstextilien werden die Fasern nicht wie bei herkömmlichen Geweben gekräuselt verarbeitet, sondern gestreckt, daher der Name NCF, Non Crimp Fabric. Die gestreckten Fadenlagen werden zu Gelegen vernäht, die je nach Art, Anzahl und Mischung der Fasern und ihrer Anordnung unterschiedliches Gewicht und unterschiedliche mechanische Festigkeit haben.

Die Markteinführung der SAERTEXGelege brachte den Durchbruch für SAERTEX auf dem heimischen Markt und weit darüber hinaus. Seither haben die innovativen Spezialisten aus Saerbeck die Verstärkungsmaterialien ständig weiterentwickelt und sie für immer neue Anwendungen verfügbar gemacht.

„Wir verwenden heute hauptsächlich Carbon-, Glas und Aramidfasern“, erklärt Bruno Lammers. „Damit haben wir für unterschiedlichste Anwendungen und deren spezifische Anforderungen genau die richtige Lösung.“ Heute sind SAERTEX NCFs eine innovative, kostengünstige und umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Verstärkungsmaterialien. Sie sind leichter, langlebiger und korrosionsbeständiger bei höherer Festigkeit.

„Unsere neuen Werkstoffe sind bis zu fünf Mal fester als Stahl“, betont Bruno Lammers. „Gleichzeitig sorgen sie für erhebliche Gewichtsreduzierung, ein wesentlicher Faktor, wenn es um Transport geht.“ Ob Autos, Lkw, Züge oder Flugzeuge, das Gewicht bestimmt den Energieverbrauch.

Leichtbauteile aus SAERTEX-Werkstoffen führen daher zu erheblichen Einsparungen bei den Energiekosten. Beim Bau von LKW verringern die Leichtbaustoffe das Gewicht um ein bis zwei Tonnen und sorgen damit für eine deutlich höhere Ladekapazität.

„Unsere Industrie ist noch sehr jung, wir haben gerade das Laufen gelernt, und wir können sie noch sehr weit entwickeln.“ Bruno Lammers

Im Weltraum und unter der Erde

Wo immer es auf hohe Belastbarkeit bei niedrigem Gewicht ankommt, sind SAERTEX-Verstärkungsmaterialien weltweit erste Wahl. In Autos, Eisenbahnen, Booten und Schiffen ebenso wie bei Flugzeugen oder bei Sportartikeln wie Skiern, Surfbrettern oder Snowboards.

Der Geschäftsführer ist besonders stolz darauf, dass SAERTEX-Verstärkungstextilien nicht nur im Airbus A 380, sondern auch in der Raumfahrt eingesetzt werden. „Beim Ariane Spaceshuttle sind wir mit unseren Carbonmaterialien dabei“, betont Bruno Lammers. „Für die nächsten zehn Jahre sind wir gesetzt. Groß geworden sind wir mit Windkraft. Das Material der Rotorblätter ist oft von uns. Es gibt dort extreme Ansprüche, die Rotoren werden immer länger und müssen hochbelastbar sein, belastbarer als die Tragfläche von Flugzeugen, denn die Rotoren sind einem ständigen Lastwechsel ausgesetzt.“

Nach wie vor spielt Windkraft eine große Rolle, das beweist der Innovation Award 2014 der JEC, der SAERTEX zusammen mit Partnern im April verliehen wurde. Der SAERTEX-LINER® ist eine Innovation, die Kanalsanierungen einfacher, schneller und sehr viel kostengünstiger macht.

Der Liner ist ein flexibler Schlauch aus Glasfaser, der, ohne die Straßen aufbaggern zu müssen, in das Kanalrohr eingezogen wird und es sicher abdichtet, für mindestens 50 Jahre.

Nahe am Kunden

Mit den innovativen Verstärkungsmaterialien hat SAERTEX schnell die Weltmärkte erobert. Um Kunden auf Auslandsmärkten besser und schneller bedienen zu können, hat SAERTEX Produktionsniederlassungen im Ausland gegründet.

„Wir haben viele Entwicklungen in der Schublade, die uns helfen, weiter nach vorn zu gehen.“ Bruno Lammers

Heute hat SAERTEX Werke in Portugal, Frankreich, den USA, China, Indien und Südafrika. Zurzeit wird eine Produktionsniederlassung nahe Sao Paulo, Brasilien, aufgebaut. 2014 hat SAERTEX erstmals ein Unternehmen dazugekauft.

„Im Januar 2014 haben wir den norwegischen Gelegehersteller Devold mit seinem Produktionsstandort in Litauen übernommen“, erklärt Bruno Lammers. „Das Werk in Litauen hat 130 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz von 25 bis 30 Millionen EUR. Wir führen das Werk weiter, für uns ist es eine günstige Produktionsstätte und wir erhöhen damit unsere Marktpräsenz, jetzt sind wir auch in den baltischen Staaten vertreten.“

Auf Wachstumskurs

Nach wie vor ist Saerbeck der Firmensitz, die Zentrale, von der aus die globalen Aktivitäten gesteuert werden. Weltweit hat SAERTEX heute 1.200 Mitarbeiter. „Angefangen haben wir mit sechs Mitarbeitern“, fügt Bruno Lammers stolz hinzu. „Heute haben wir hier in der Zentrale 560.“

Auch die Umsatzzahlen belegen den weltweiten Erfolg. „Vor zehn Jahren haben wir 40 Millionen EUR umgesetzt, heute sind es 250 Millionen, ein schönes Wachstum, das uns weiter begleiten wird, weil Leichtbaustoffe gefragt sind. Für 2014 erwarten wir ein leicht zweistelliges Wachstum trotz des Überangebots in unserer Branche. Wir haben allein in China 20 Wettbewerber, weltweit sind es um die 100, die mitspielen.“

Vorausdenken

„Unser Erfolgsrezept ist einfach“, so Bruno Lammers. „Vorausschauend denken. Das heißt: Immer wieder in neue Entwicklungen investieren, um unsere Markposition auszubauen. Wir haben eine sehr junge Industrie, die noch sehr weit entwickelbar ist.“

Daran arbeitet SAERTEX und hat viele Entwicklungen in der Schublade, mit denen die Produkte in Zukunft noch besser und kostengünstiger hergestellt werden können. „Die Entwicklungszeit haben wir schon verkürzt, für die Raumfahrt brauchten wir zehn Jahre bis zur Serie, heute geht es in zwei bis drei Jahren“, freut sich der geschäftsführende Gesellschafter.

Schon heute bietet das Unternehmen Verstärkungstextilien mit eingebauten Zusatzfunktionen, beispielsweise kugelsichere für Patrouillenboote oder feuerhemmende Textilien. „Durch ein neues Verfahren für automatisch geformte Teile können wir die Herstellungszeit auf 45 Sekunden verkürzen, die Teile also im Sekundentakt herstellen. Das wird in fünf bis sechs Jahren für Großserien verfügbar sein.“

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