Auf Schienen in ein zweites Leben

Interview mit Holger Poschmann, Geschäftsführer der OWS Service für Schienenfahrzeuge GmbH

Die Bahntradition am Standort der OWS geht bis ins Jahr 1893 zurück, als hier die königlich-bayrische Staatsbahn-Zentralwerkstätte errichtet wurde. Seitdem wird in Weiden rund um Schienenfahrzeuge produziert und repariert. Die OWS Service für Schienenfahrzeuge GmbH setzt diese Tradition fort. Sie wurde 2010 als Tochter der Knape GmbH, einem Familienunternehmen, das sich mit dem Gleisbau beschäftigt, gegründet.

Die Aufgabe der OWS bestand zunächst in der Instandhaltung von Baumaschinen für den Gleisbau sowie von Güterwaggons. „Heute beträgt der Anteil der Arbeiten an Baumaschinen nur noch 10%. Unser Hauptgeschäft ist die Instandhaltung von Triebwagen, Personen- und Güterwaggons“, erklärt Geschäftsführer Holger Poschmann. Der gelernte Fahrleitungselektriker ist seit 35 Jahren in der Schienenfahrzeuginstandhaltung tätig und seit einem halben Jahr bei der OWS. „Ich kam von einem Hersteller, einem riesigen Konzern, und die Arbeit in einem mittelständischen Unternehmen war für mich extrem reizvoll“, erzählt er.

Ausbau des Schienenverkehrs im Sinne der Umwelt

Für seine Branche sieht Holger Poschmann – möglicherweise – eine große Zukunft: „Wir hoffen, dass mit der neuen Regierung die Entwicklung mehr in Richtung Schienenverkehr gehen wird. Triebzüge sind unser vorrangiges Betätigungsfeld, insofern wäre es für uns vorteilhaft, wenn diese Sparte noch weiter ausgebaut würde.“

Der Beitrag der OWS zum Klimaschutz kann in Zukunft noch höher werden: „Da wir keinen Zugang zum Stromnetz haben, können wir E-Fahrzeuge nicht in Betrieb nehmen, sondern nur modernisieren. Wir hoffen aber auf Alternativen in der Antriebstechnologie wie Wasserstoff“, so Holger Poschmann.

Mit hoher Qualität wachsen

120 Mitarbeiter sind bei der OWS beschäftigt; das Unternehmen bietet auch Ausbildungsplätze. Gern würde er mehr Leute einstellen, macht Holger Poschmann deutlich: „Arbeitskräfte zu finden, ist aber schwierig“, sagt er. Der Umsatz von zwölf Millionen EUR im Jahr 2020 soll in den nächsten drei Jahren um bis zu 5% gesteigert werden. 13 Millionen EUR werden für 2021 erwartet. Die Aufträge werden über Ausschreibungen gewonnen.

Neben Deutschland ist die OWS auch international tätig. So führt sie unter anderem Komplettüberholungen von Fahrzeugen für die Tschechische Bahn durch und beteiligt sich an Ausschreibungsverfahren in Österreich und der Schweiz. Der Erfolg des Mittelständlers resultiert insbesondere aus der hohen Qualität seiner Leistungen, erklärt Holger Poschmann: „Unsere Kunden sind immer hoch zufrieden, wenn sie mit ihren Fahrzeugen bei uns rausfahren.“

Von Demontage bis Modernisierung

Die Leistungen, die die OWS für ihre Kunden im Bereich der Modernisierung und Instandhaltung erbringt, sind vielfältig und reichen bis zur kompletten Demontage. „Die Drehgestelle arbeiten wir selbst aus, andere Komponenten wie Bremsen vergeben wir an spezielle Lieferanten“, erzählt Holger Poschmann. An den Dieselfahrzeugen arbeitet die OWS auch die Motoren, die sogenannten Power Packs, auf. Sind Fahrzeuge beschädigt, werden sie in kurzer Zeit instand gesetzt, selbst nach schweren Unfällen.

„Wir tauschen auch Fenster aus und kleben sie ein. Dafür wird eine spezielle Zulassung benötigt“, so der Geschäftsführer. Zudem kann das Unternehmen die komplette Hauptuntersuchung an den Fahrzeugen durchführen. Bisher wurde in den 20.000 m2 umfassenden Werkstatthallen überwiegend an einteiligen Fahrzeugen wie Regioshuttles gearbeitet. Inzwischen werden auch mehrgliedrige Fahrzeuge instand gesetzt und modernisiert. Holger Poschmann kündigt an: „In das Thema Modernisierung werden wir noch stärker einsteigen. Wir können die Fahrzeuge komplett lackieren und übernehmen auch die Inneneinrichtung.“

Aussicht auf alternative Antriebe

Die Führerstände sind heutzutage aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) gefertigt. „In unserer eigenen GFK-Werkstatt können wir alle Knöpfe selbst nachbauen“, berichtet der Geschäftsführer. Die Vielseitigkeit und die hohen Qualitätsstandards haben der OWS einen guten Ruf auf dem Markt eingebracht. Die Zukunft des Unternehmens steht auch im Zeichen der Nachhaltigkeit: „Wir werden uns mit den alternativen Antrieben beschäftigen. Ich kenne mich auf dem Markt gut aus, kenne nahezu jeden Betreiber und habe ein großes Netzwerk, auf das ich bauen kann“, sagt Holger Poschmann mit Blick auf die sich eröffnenden neuen Möglichkeiten. Auf dem Markt möchte man noch bekannter werden, betont er: „Hier sehe ich noch viel Potenzial in Bezug auf die Neukundengewinnung.“ Wachstum wird in der Zukunft der OWS definitiv eine Rolle spielen – „aber mit Bedacht“, sagt Holger Poschmann.

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