Feder-leicht ist hier nichts

Interview mit Dr. Clemens Nöller, Geschäftsführer der Luhn & Pulvermacher Dittmann & Neuhaus GmbH

Im Hauptwerk in Witten hat die Herstellung von Stahlfedern eine lange Tradition, die bis ins Jahr 1888 zurückreicht. Insbesondere dem Siegeszug der Eisenbahn im 19. Jahrhundert war es wohl zu verdanken, dass sich der Kaufmann Ernst Neuhaus und der Ingenieur Wilhelm Dittmann zusammenschlossen, um unter dem Namen Dittmann & Neuhaus ein Unternehmen zu gründen, das sich auf die Produktion von Stahlfedern, insbesondere Blattfedern, spezialisierte.

„Bereits 1892 gewannen sie mit Daimler und Opel bedeutende Großkunden im Automobilbereich – noch heute ist Daimler unser größter Kunde“, berichtet Geschäftsführer Dr. Clemens Nöller.

Als Technologieführer und Inhaber zahlreicher Patente stand das Unternehmen schon damals für höchste Qualität. Während des Zweiten Weltkriegs wurden in Witten Federn für Rüstungsunternehmen produziert. In den 1980er-Jahren wurde Dittmann & Neuhaus an den Dortmunder Hoesch Konzern verkauft und 1996 von der italienischen Sogefi Group akquiriert – ebenso wie ein weiteres traditionsreiches Unternehmen: Luhn & Pulvermacher.

Beide Betriebe wurden unter dem jetzigen Namen Luhn & Pulvermacher Dittmann & Neuhaus GmbH – LP-DN – zu einer Marke zusammengeführt. Als Produzent von Blatt-, Stab- und Schraubenfedern für Nutzfahrzeuge, Züge und Panzerfahrzeuge mit einem Umsatz von rund 80 Millionen EUR ist das Unternehmen einer der bedeutendsten europäischen Hersteller von Fahrwerkskomponenten.

Premiumqualität

Am Hauptsitz in Hagen, an dem auch die Produktion von Blattfedern angesiedelt ist, und im Hauptwerk in Witten sind insgesamt 350 Mitarbeiter beschäftigt. 80% der Fertigung entfallen auf verschiedene im Nutzfahrzeugbau benötigte Federtypen für Kunden wie Daimler Trucks, den Paccar-Konzern oder die VW-Gruppe.

Dr. Clemens Nöller, Geschäftsführer der Luhn & Pulvermacher Dittmann & Neuhaus GmbH
„Während der Wettbewerb auf ein bis zwei Produkte spezialisiert ist, bieten wir alles im Bereich Stahlfedern, und das schätzen die Kunden.“ Dr. Clemens NöllerGeschäftsführer

Beliefert werden auch Daimler-Werke in Brasilien, Indien und Japan. Für den Eisenbahnbau liefert LP-DN Wankstützen für Hochgeschwindigkeitszüge wie den ICE oder TGW an Kunden wie Siemens und Bombardier. 5% der Produkte werden für Militärfahrzeuge verwendet.

Als Bestseller gilt der Stabilenker, eine verschweißte Kombination aus Blattfeder und Stabilisator. „Das ist technisch sehr anspruchsvoll und es können nur wenige. Unsere Vorgängerfirma hat das Produkt in Witten industrialisiert. Es steht für hohe Qualität – bis heute gab es keinen Ausfall!“, erklärt Clemens Nöller nicht ohne Stolz.

Doch auch darüber hinaus sieht sich sein Unternehmen als Premiumanbieter: „Wir sind Technologieführer und haben extrem viel Know-how. Während der Wettbewerb auf ein bis zwei Produkte spezialisiert ist, bieten wir alles im Bereich Stahlfedern, und das schätzen die Kunden.“

Ein heisser Job

Der Geschäftsführer lobt die Unternehmenskultur, die von einer familiären Atmosphäre geprägt ist: „Die Mitarbeiter sind teilweise in zweiter oder dritter Familiengeneration bei uns. Daher besteht eine große Treue zum Betrieb.“

Die Arbeitsbedingungen seien allerdings nicht leicht, räumt er ein. Die hohen Temperaturen in der Produktionshalle von bis zu 50 °C im Sommer und die harte körperliche Arbeit verlangten den Mitarbeitern einiges ab: „Das ist ein ganz bestimmter Menschenschlag.“

Aufgrund des hohen Durchschnittsalters von 54 Jahren liegt ein Fokus auf der Mitarbeitergewinnung. Kooperationen mit Universitäten und der IHK sollen dabei helfen. Das Ziel für die nächsten Jahre heißt Expansion: „Voraussichtlich ab 2021 werden wir auch in China produzieren. Wir wollen uns global besser aufstellen, auch in Südamerika. Bisher sind wir kein Global Player, aber das wollen wir werden! In den Standort Deutschland haben wir viel investiert und es hat sich ausgezahlt.“

Für Clemens Nöller macht insbesondere die Zusammenarbeit mit den Menschen seinen Job interessant. „Wir haben tolle Mitarbeiter und es ist faszinierend, an der Entwicklung des Geschäfts mitzuwirken“, betont er – und fügt hinzu: „Außerdem bin ich stolz auf die Geschichte des Unternehmens.“

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema

Löcher stopfen und Daten managen

Interview mit Dr.-Ing. Karsten Gruber, Geschäftsführer und Joachim Ernst, Geschäftsführer der OBERMEYER Infrastruktur GmbH & Co. KG

Löcher stopfen und Daten managen

Seit über sechs Jahrzehnten prägt die Münchener OBERMEYER Gruppe die Ingenieur- und Planungskultur in Deutschland. 2020 wurde die OBERMEYER Infrastruktur GmbH & Co. KG als eigenständige Gesellschaft gegründet, um sich…

Passion für Mobilität

Interview mit Eugène Krabbenborg, CEO der Fleet Support Group B.V

Passion für Mobilität

Wer sich als Unternehmer wirklich auf sein Kerngeschäft fokussieren möchte, ist froh, wenn er zuverlässige Partner hat, die ihn entlasten. Ein solcher Partner ist die niederländische Fleet Support Group. B.V.…

Tierisch digital

Interview mit Christian Lehmann, Co-CEO der Deine Tierwelt GmbH

Tierisch digital

Die Deine Tierwelt GmbH mit Sitz in Hannover hat sich in den vergangenen 18 Jahren von einer Online-Kleinanzeigenplattform zu einer der führenden Communities für Tierfreunde im deutschsprachigen Raum entwickelt. Im…

Spannendes aus der Region Hagen

Grüner Stahl – Hightech für den Klimaschutz

Interview mit Merlin Röttger, Geschäftsführer der GeisslerWista GmbH

Grüner Stahl – Hightech für den Klimaschutz

Stahl ist einer der wichtigsten Werkstoffe der modernen Welt – und seine Herstellung für rund neun Prozent der CO2-Emissionen weltweit verantwortlich. Die GeisslerWista GmbH aus Witten ist Teil dieses für…

„Wir gestalten die Elektro-Infrastruktur der Zukunft“

Interview mit Matthias Gerstberger, Director of Marketing der OBO Bettermann Holding GmbH & Co. KG

„Wir gestalten die Elektro-Infrastruktur der Zukunft“

Im Zuge der Transformation von Bauprojekten, wachsender Nachhaltigkeitsanforderungen, zunehmender Technologiedichte und internationaler Marktdynamiken ist die Elektroinstallationstechnik gefordert wie nie zuvor. Das Familienunternehmen OBO Bettermann aus Menden begegnet diesen Herausforderungen mit…

Zwischen Tradition und Transformation

Interview mit Dieter Kleen, Geschäftsführer der IAS GmbH

Zwischen Tradition und Transformation

Die Elektrifizierung gilt als Schlüsselstrategie, um die Energiewende zu gestalten und nach vorn zu bringen. Dabei geht es um viel mehr als nur die Umstellung auf Elektrofahrzeuge. Ein wichtiger Baustein…

Das könnte Sie auch interessieren

„Unser Fertigungswissen schafft Mehrwert“

Interview mit Nicola Vella, CEO der PWB AG

„Unser Fertigungswissen schafft Mehrwert“

Hervorgegangen aus dem Präzisions-Werkzeugbau, hat die Schweizer PWB AG in den letzten 40 Jahren ihre Kompetenzen konsequent erweitert und sich zu einem Systempartner für Kunden aus unterschiedlichen Industrien entwickelt. „Unsere…

Küchenkompetenz auf die Schiene gebracht

Interview mit Gerd Betz, Geschäftsführer und CEO der KUGEL Edelstahlverarbeitung GmbH

Küchenkompetenz auf die Schiene gebracht

Der Schiene gehört die Zukunft. Der 2020 vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur vorgelegte Masterplan unterstreicht dies deutlich. Bis 2030 sollen demnach doppelt so viele Bahnkunden im Schienenpersonenverkehr gewonnen…

Revolutionäre Spitzentechnologie made in Germany

Interview mit Uwe Ahrens, Geschäftsführer der Altech Advanced Materials AG

Revolutionäre Spitzentechnologie made in Germany

Salz – im Altertum war das weiße Gold ein kostbares Gut, das Reichtum und Macht brachte. Heute könnte Salz bei der Energiewende eine entscheidende Rolle spielen. Jedenfalls wenn man an…

TOP