Mit einer neuen Technologie gegen die ‘stille Pandemie’

Interview mit Rubino Di Girolamo, Chief Executive Officer und Marek Hahn, Chief Financial Officer sowie Agnieszka Mierzejewska, Chief Operating Officer der aap Implantate AG

Wissenschaftler schlagen seit vielen Jahren Alarm: Laut einem in der renommierten Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlichten Artikel sind allein im Jahr 2019 schätzungsweise 100.000 Todesfälle weltweit auf multiresistente Keime zurückzuführen gewesen – ein tragischer Umstand, der in Fachkreisen mittlerweile mit dem Begriff ‘stille Pandemie’ umschrieben wird.

Silberbeschichtete Implantate

Damit liegt nahe: Wer erfolgversprechende Lösungen entwickelt, mit denen durch antibiotikaresistente Erreger ausgelöste Infektionen effektiv zurückgedrängt werden können, dem winkt in der Welt der Medizintechnik eine goldene Zukunft. Genau dieses Ziel verfolgt die in Berlin ansässige aap Implantate AG, die sich bisher auf die Herstellung von Platten und Schrauben für die operative Korrektur von Frakturen konzentriert hat.

Derzeit entwickelt das Unternehmen eine neue Silberbeschichtungstechnologie. Die Implantatoberfläche wird mit dem plasmaelektrolytischen Oxidationsverfahren (PEO) modifiziert, wodurch metallische Silberpartikel immobilisiert und in die Titanoxidschichten eingebaut werden können.

Durch die Freisetzung von Silberionen soll das silberbeschichtete System die Besiedlung seiner Oberflächen verhindern, die der erste Schritt zur Biofilmbildung und damit zu biofilmbezogenen Infektionen ist. Gerade Patienten mit Diabetes oder anderen immunreduzierenden Grunderkrankungen könnten so besser geschützt werden.

„Unsere Forschungsarbeit hat das Bett des Patienten bereits erreicht“, fasst CFO Marek Hahn das aktuelle Stadium des Entwicklungsprozesses zusammen. Derzeit nehmen sechs Kliniken in Deutschland an der gegenständlichen Studie teil, bis Ende des Jahres soll diese Zahl bereits bei 20 Krankenhäusern liegen. Die endgültige Marktreife will das mittelständische Unternehmen in drei bis vier Jahren erreicht haben und sieht perspektivisch auch weitere Einsatzmöglichkeiten, die über sein angestammtes Tätigkeitsfeld in der unfallchirurgischen Schrauben- und Plattentechnik hinausgehen; beispielsweise in Form von silberbeschichteten Herzschrittmachern, Zahnimplantaten oder künstlichen Hüft- und Kniegelenken.

Der Mittelstand als Erfolgsgeheimnis

Dass dieser erfolgreiche Weg von einem mittelständischen Unternehmen beschritten wird und nicht von einem vielfach größeren Konzern mit deutlich umfangreicheren Forschungsmöglichkeiten und einer stärkeren finanziellen Schlagkraft, ist für COO Agnieszka Mierzejewska jedoch keine Überraschung: „Wir sehen uns seit jeher als innovatives Unternehmen, das Produkte entwickelt, die bestehende und bisher unterversorgte Probleme lösen sollen. Dabei machen wir uns konsequent die agilen mittelständischen Strukturen mit ihren flachen Hierarchien und die engagierte Dynamik unserer Mitarbeiter zunutze. Aus dieser Haltung heraus haben wir schon unser bekanntes LOQTEQ®-Plattensystem entwickelt, das sich in den zehn Jahren seit seiner Markteinführung klar bewährt hat. Wir sind guten Mutes, dass die von uns entwickelte Silberbeschichtungstechnologie in ähnlicher Weise zu einem verlässlichen Goldstandard wird, der neben dem besonderen gesundheitlichen Nutzen für die Patienten auch mit einer klaren Kostenreduktion für das Gesundheitssystem einhergehen wird.“

Ein Weg, der nicht ohne Herausforderungen ist: Neben steigenden Energie- und Rohstoffpreisen gilt es auch die umfangreichen Dokumentationsvorschriften im Rahmen der Medizinprodukteverordnung zu bewältigen. „Anders als ein Konzern können wir keine Armada an Mitarbeiterinnen allein für diese Aufgabe abstellen“, resümiert Agnieszka Mierzejewska und erwartet, dass die bisherige Innovationskraft des deutschen Mittelstands in der Branche sich deutlich verlangsamen wird. „Wir sehen jetzt schon eine Verlagerung der Erstzulassungen in den US-Markt.“ Die aap Implantate AG will trotz der Herausforderungen den Medizinproduktemarkt weiterhin auch in Europa innovativ mitgestalten.

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