„Manchmal muss man unkonventionell sein“
Interview mit Edwin Lingg, Geschäftsführer der Li&Co AG

Wirtschaftsforum: Herr Lingg, Li&Co ist für seine Innovationskraft bekannt. Worauf liegt Ihr aktueller Fokus?
Edwin Lingg: Wir arbeiten daran, Materialien im Kreislauf zu halten – nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch aus ökonomischer Notwendigkeit. Ein Beispiel ist unser Fußboden aus den Abfällen der Jeansproduktion. Die Baumwollfasern werden aufbereitet und zu einem vollwertigen Bodenbelag verarbeitet. Ähnliches machen wir mit Lederresten aus der Modeindustrie. Für mich gilt: Nachhaltigkeit muss sich rechnen, sonst setzt sie sich nicht durch.
Wirtschaftsforum: Für Sie gehören also Innovation und Wirtschaftlichkeit immer zusammen?
Edwin Lingg: Absolut. Ökologie allein ist selten kaufentscheidend, wenn ein vergleichbares Produkt mehr als 10% günstiger ist. Deswegen braucht es Regularien, die Ökologie und Ökonomie zusammenbringen – ökologisch und ökonomisch sinnvoll. Meine Aufgabe als Unternehmer ist es, Ideen zu entwickeln, die dem Kunden nützen und zugleich wirtschaftlich tragfähig sind.
Wirtschaftsforum: Haben Sie ein Beispiel für eine solche Idee?
Edwin Lingg: Unser neues Wandsystem mit integrierter Heizung ist ein Beispiel. Das System ist einfach, günstig in der Anschaffung und extrem effizient. Mit 500 W heizen wir einen Raum mit bis zu 30 m2 – wie mit einem modernen Kachelofen. Die Paneele sind individuell gestaltbar, lassen sich schnell aufheizen und bieten enormes Potenzial, auch für den Einsatz im Fußboden oder an anderen Flächen.
Wirtschaftsforum: Sie achten auf Wirtschaftlichkeit und produzieren dennoch in Hochlohnländern wie der Schweiz, Italien und den USA – warum?
Edwin Lingg: Qualität steht im Vordergrund. Natürlich könnte man auch in Billiglohnländern gut produzieren, aber für mich zählt, in Generationen zu denken, nicht in Quartalsabschlüssen. Eine Produktion nah am Markt spart Transportwege, erhöht Flexibilität und macht schlicht mehr Freude. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir innovativ, effizient und manchmal auch unkonventionell sein.
Wirtschaftsforum: Sind solche Entscheidungen auch ein Ergebnis Ihrer persönlichen Haltung?
Edwin Lingg: Auf jeden Fall. Ich glaube an Geben und Nehmen, in dieser Reihenfolge. Vertrauen ist für mich ein zentraler Wert. Wir arbeiten ohne Vorkasse und Kreditversicherung, weil ich überzeugt bin, dass man Vertrauen zurückbekommt. Erfolg bemesse ich nicht nur an steigenden Umsätzen, sondern auch daran, ob ich mit mir selbst im Reinen bin. Ich setze auch auf Kooperation statt Abschottung. Wir laden sogar Mitbewerber ein, zeigen ihnen neue Produkte und teilen unser Wissen. Denn: Eine Firma allein kann keinen Markt schaffen – dafür braucht es mehrere Anbieter, die in dieselbe Richtung arbeiten. Konkurrenz belebt nicht nur das Geschäft, sondern erhöht auch die Akzeptanz neuer Ideen.
Wirtschaftsforum: Blicken wir zum Abschluss in die Zukunft: Wo sehen Sie Li&Co in den nächsten Jahren?
Edwin Lingg: Wir werden unser Werk in Müstair erweitern, um für künftiges Wachstum gerüstet zu sein. Die Nachfrage ist momentan etwas gedämpft, aber ich bin Optimist. Mit unseren nachhaltigen Fußböden und den Heizsystemen haben wir Produkte mit echtem Zukunftspotenzial. Und neue Ideen gehen uns nicht aus – manchmal entstehen sie einfach aus Technikbegeisterung, nicht aus der Frage, ob man sofort Geld damit verdient.










