Als Chef muss man als Vorbild führen

Interview mit Christian Coolsaet, Geschäftsführer Deutschland der Volvo Group Trucks Central Europe GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Coolsaet, wie lange arbeiten Sie bereits für Volvo Trucks?

Christian Coolsaet: Ich bin nun bereits seit 20 Jahren für die Volvo Group tätig. Ich habe einige Zeit als Koordinator für Afrika gearbeitet, 2002 bin ich dann in die Ukraine gegangen. Danach kam Rumänien, der größte Markt für Volvo in Osteuropa. Dort konnte ich fünf Jahre Erfahrung sammeln. Diese Zeit habe ich sowohl beruflich als auch privat sehr genossen. Ab 2012 war ich dann drei Jahre Vertriebschef in der DACH-Region, also für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Anschließend folgten 14 Monate als Geschäftsführer in Südafrika, bevor ich vor anderthalb Jahren wieder hierher kam.

Wirtschaftsforum: Wie ist es für Sie, nach so viel Auslandserfahrung wieder in Deutschland zu arbeiten?

Christian Coolsaet: Es ist ein Privileg, von Volvo das Vertrauen zu bekommen, diese schöne Organisation führen zu dürfen. In Deutschland ist man eher prozessorientiert. Für mich ist hingegen die eigentliche Orientierung das Wichtigste. Ich sage immer: ‘Seid zielorientiert und entwickelt die Prozesse nachher’. Mein operatives, zielorientiertes Denken und die Prozessorientiertheit der Deutschen – das ist schon eine wirklich sehr interessante Kombination.

Wirtschaftsforum: Wie steht das Unternehmen derzeit da und wie war die Entwicklung der letzten Jahre?

Christian Coolsaet: Unser Umsatz bewegt sich bei etwa einer Milliarde Euro. Martin Lundstedt, unser oberster Konzernchef, sagt, wenn Volvo Group Trucks Central Europe an der Stockholmer Börse notiert würde, wären wir unter den Top 100 Firmen in Schweden. Man kann also sagen, dass die Entwicklung eine sehr erfolgreiche ist. Vor drei bis vier Jahren haben wir mit Volvo Trucks Deutschland und Renault Trucks Deutschland zwei sehr schöne Marken integriert. Es war schon eine drastische Entscheidung, zwei Marken in einer Organisation zu vereinen. Vertrieb und Markenbetreuung laufen separat, den Service machen wir zusammen. Mit dieser Strategie fahren wir sehr erfolgreich. 2016 haben wir 7.000 Volvo- und 2.000 Renault-Trucks verkauft. Zusammen mit unserem Service sind wir zu einer durchaus bedeutenden Nummer geworden. Ich habe hier die besten Leute der Welt, und die Kombination aus zwei starken Marken ist ein wesentlicher Teil unseres Erfolgsrezeptes. Man liebt Frankreich für diese, Schweden für andere Sachen.

Wirtschaftsforum: Welches sind die ‘Flaggschiffe’ des Unternehmens?

Christian Coolsaet: Zu unseren Top-Produkten zählt auf alle Fälle der FH16, mit 750 PS ist er das stärkste Auto in der Branche. Auch der Renault T High gehört sicher zu unseren ‘besten Pferdchen im Stall’. Er hat einen flachen Boden. Das ist etwas komfortabler für den Fahrer, dessen Arbeitsplatz der Lkw ja letztendlich ist und an dem er acht Stunden am Tag seinen Job machen muss.

Wirtschaftsforum: Sie haben im vergangenen Jahr eine komplett neue Strategie in Deutschland implementiert. Können Sie uns dazu etwas mehr erzählen?

Christian Coolsaet: 2016 war ein sehr bedeutungsvolles Jahr. Sowohl intern als auch extern haben wir eine Menge umgestaltet. Eine Management-Ebene haben wir komplett gestrichen, um schnellere Entscheidungen treffen und noch näher am Kunden sein zu können. Mein Gefühl war, dass unsere Entscheidungswege einfach zu lang waren, daher haben wir sie deutlich gekürzt. Zudem haben wir nun nicht mehr vier regionale GmbHs, sondern zentralisierte Strukturen für ganz Deutschland. Das bedeutet eine einheitliche Struktur, kürzere Wege zum Kunden und mehr Power – denn die Leute vor Ort können besser direkte Entscheidungen treffen.

Wirtschaftsforum: Was macht für Sie den Erfolg von Volvo Trucks aus?

Christian Coolsaet: Wir bieten einige Alleinstellungsmerkmale, die es bei anderen Herstellern so nicht gibt. Dazu zählen zum Beispiel unsere Doppelkupplungsgetriebe oder Einzelradaufhängungen. Außerdem ist Volvo Trucks ganz weit vorn in Sachen Technologie und Innovation. Wir bringen einfach leistungsstarke Autos auf den Markt, die ankommen. In diesem Jahr haben unsere Volvo und Renault Trucks zum Beispiel den 1. und 2. Platz beim YPTA belegt, ein Wettbewerb mit jungen Fahrern. Das zeigt uns, dass unsere innovativen Lkw auch bei der jungen Generation von Fahrern gut ankommen.

Wirtschaftsforum: Stichwort Innovation: Was sind für Sie die zentralen Zukunftsthemen am Markt und wie stellt sich Ihr Unternehmen hier auf?

Christian Coolsaet: Wir erleben gerade tolle Zeiten in der Branche. Der Wandel von traditionellen Verbrennungsmotoren zu neuen Technologien ist voll im Gange und wird sich wahrscheinlich noch über viele Jahre fortsetzen. Stark im Vordergrund steht dabei die Umsetzung neuer Technologien in die Realität. Ein Stichwort, das ebenfalls zu nennen ist, ist das autonome Fahren. Hier sind wir bereits sehr weit. Ein anderes Thema ist Connectivity. Dazu können wir ein aktives Monitoring bieten. Volvo war zudem die erste Marke, die Hybridautos auf den Markt gebracht hat. Das war noch, bevor die E-Mobilitätswelle anfing, über uns zu rollen. Alle Hersteller arbeiten derzeit an der E-Mobilität. Wir bei Volvo werden noch einige sehr überraschen.

Wirtschaftsforum: Wie ist Ihr Marketing ausgerichtet?

Christian Coolsaet: Volvo ist hier sehr kreativ. Uns ist es wichtig, unseren Beruf und unsere Themen insgesamt mit viel Kreativität und Humor zu verkaufen. Zudem versuchen wir auf allen Kanälen junge Menschen anzusprechen. Auf lokaler Ebene haben wir in Deutschland einen Film gedreht, der sogar ausgezeichnet wurde.

Wirtschaftsforum: Eines der Hauptthemen in den Medien ist derzeit die Dieselaffäre. Welche Auswirkungen haben die Ereignisse und Diskussionen auf Ihr Unternehmen?

Christian Coolsaet: Die Diskussionen haben sicher negative Auswirkungen auf die gesamte Dieselbranche. Das ist natürlich sehr schade. Ich kann nur sagen, dass unsere Hände sauber sind, daran habe ich aus meiner Perspektive keinen Zweifel. Wichtig ist es jetzt, anzugreifen und Zukunftspläne zu präsentieren, mit denen wir das Ganze positiv angehen können. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sehr engagiert Lösungen in der E-Mobilität und mit gasbetriebenen Fahrzeugen zu erarbeiten. Wir müssen Alternativen aufzeigen, die den Beruf des Kraftfahrers einfacher machen. Autonomes Fahren, mehr Sicherheit, null Unfälle mit Lkws in Zukunft – das sind wichtige Punkte, die wir mit viel Kreativität angehen möchten.

Wirtschaftsforum: Erfolge, wie Volvo Trucks sie verzeichnet, erfordern sicher eine starke Unternehmensführung. Verraten Sie uns mehr über Ihren Führungsstil und die Kultur des Unternehmens?

Christian Coolsaet: Führungskräfte haben einen sehr großen Einfluss auf die Unternehmenskultur, das ist mir absolut bewusst. Man muss Leader by example, also ein gutes Beispiel für die Mitarbeiter, sein. Wir haben hier in den letzten anderthalb Jahren vieles verändert. Ich trage zum Beispiel ganz bewusst nie eine Krawatte. Man braucht eine gewisse Hierarchie, um nicht im Chaos zu versinken. Aber letztendlich sind wir alle Kollegen und wollen gemeinsam unsere Kunden zufriedenstellen. Deshalb bin ich sowohl mit den Kunden und Händlern als auch mit allen Kollegen per Du. Ich möchte, dass man spürt, dass hier jeder gleich ist. Augenhöhe ist ein zentraler Punkt in unserer Unternehmenskultur. Dadurch nehmen uns auch die Kunden sehr positiv wahr. Unsere Leidenschaft spürt man auch am Markt.

Wirtschaftsforum: Wo sehen Sie Volvo Group Trucks Central Europe in drei Jahren?

Christian Coolsaet: Ich wünsche mir, dass wir uns weiterhin auf der positiven Welle bewegen, auf der wir derzeit surfen. Wir sind auf einem sehr guten Weg und können beweisen, wie gewinnbringend es ist, zwei Marken unter einem Dach zu führen. Die komplette Branche steht zurzeit leider nicht sehr positiv dar. Wir wollen den Gegenwind, der uns entgegenweht, ins Positive umwandeln. 

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