Sehenswert: Wie VIU die Brillenwelt aufmischt
Interview mit Kilian Wagner, CEO und Mitgründer der VIU Deutschland GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Wagner, wie ist es zur Gründung von VIU gekommen?
Kilian Wagner: Wir haben VIU 2013 gegründet und mittlerweile zu einer etablierten Marke entwickelt. Die Idee entstand aus der eigenen Erfahrung als Brillenkäufer. Mein Mitgründer Peter Kaeser und ich waren frustriert über die hohen Preise für Designerbrillen und die begrenzten Optionen im Markt. Wir wollten eine Alternative schaffen, die sowohl emotional ansprechend als auch preislich fair ist.
Wirtschaftsforum: Was waren die wichtigsten Meilensteine in der Unternehmensgeschichte?
Kilian Wagner: Ein entscheidender Meilenstein war die Eröffnung unseres ersten Stores in Zürich. Ursprünglich und vielleicht etwas naiv dachten wir, dass unsere Markengeschichte stark genug sei, um ausschließlich online zu verkaufen. Und wir waren mit unseren anfänglichen Verkaufszahlen durchaus zufrieden. Nach etwa vier Monaten experimentierten wir jedoch mit der Einrichtung eines Verkaufsraums vor unserem Büro und waren von der Resonanz überwältigt.
Wir hatten unterschätzt, wie viele Leute uns online finden würden, sich aber nicht trauten, zu bestellen. Das hat uns von dem Omnichannel-Ansatz überzeugt. Wir haben schnell erkannt, dass der stationäre Handel eine wichtige Rolle spielt, um Kunden ein besseres Einkaufserlebnis zu bieten. Mittlerweile haben wir 47 eigene Flagship-Stores im DACH-Raum in denen wir das komplette optische Sortiment (inkl. Sehtest & Glasberatung) rund um die VIU Brille anbieten.
Wirtschaftsforum: Wie beeinflussen das Design der Brillen und die Gestaltung der Stores die Marken-identität von VIU?
Kilian Wagner: Das Design unserer Brillen und die Gestaltung der Stores stehen unter der kreativen Leitung unseres Creative Directors Fabrice Aeberhard, der dafür sorgt, dass sowohl die Produkte als auch die Verkaufsräume eine harmonische und ansprechende Ästhetik haben. Fabrice bringt seine umfangreiche Erfahrung im Industriedesign ein, um sicherzustellen, dass jedes Element – von der Brille bis hin zum Store Layout – die Markenidentität von VIU widerspiegelt und den Kunden ein einzigartiges und emotionales Erlebnis bietet.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen?
Kilian Wagner: Nachhaltigkeit ist ein zentraler Bestandteil unserer Unternehmensphilosophie. Wir verwenden umweltfreundliche Materialien und setzen auf lokale Produktion. Unser Ziel ist es, den ökologischen Fußabdruck zu minimieren und gleichzeitig qualitativ hochwertige Produkte anzubieten. Ein Beispiel dafür ist unser neues Material ‘Acetate Renew’, das einen hohen Anteil an organischem und recyceltem Material enthält. Durch den Einsatz von 3-D-Druckern können wir auch die Materialverschwendung minimieren.
Wirtschaftsforum: Wie funktioniert die Anpassung der 3-D-gedruckten Brillen?
Kilian Wagner: Unsere 3-D-gedruckten Brillen bieten eine hervorragende Möglichkeit, individuelle Anpassungen vorzunehmen. Wenn ein Kunde eine Brille bei uns bestellt, wird die Front der Brille speziell für ihn gefertigt. Dabei messen wir zunächst die Kopfbreite des Kunden im Store. Auf dieser Grundlage wird die Brille dann in der passenden Größe gedruckt. Dies ermöglicht es uns, auch sehr schmale oder kleine Gesichter optimal zu bedienen.
Das Verfahren reduziert nicht nur den Materialverbrauch, sondern sorgt auch dafür, dass die Brille perfekt sitzt und den höchsten Tragekomfort bietet. Wir sind stolz darauf, dass wir mit dieser Technologie eine Lösung anbieten können, die den Bedürfnissen unserer Kunden gerecht wird und gleichzeitig umweltfreundlich ist. Inzwischen kommt jede zehnte Brille, die wir verkaufen, aus dem 3-D-Drucker.
Wirtschaftsforum: Wie hat sich die Branche in den letzten Jahren verändert?
Kilian Wagner: Die Branche hat sich stark digitalisiert. Immer mehr Kunden informieren sich online und kaufen dann im Geschäft ein oder umgekehrt. Zudem ist das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Transparenz in der Produktion stark gestiegen. Kunden möchten heute wissen, wo ihre Produkte herkommen und unter welchen Bedingungen sie hergestellt werden. Mit unserem Geschäftsmodell haben wir den Finger am Puls der Zeit.
Wirtschaftsforum: Wer sind Ihre Hauptkunden?
Kilian Wagner: Unser Kundenstamm ist sehr vielfältig. Das Durchschnittsalter unserer Kunden liegt bei 37 bis 38 Jahren, aber wir bedienen alle Altersgruppen. Besonders ansprechend sind unsere Produkte für designaffine Kunden, die Wert auf Qualität und Nachhaltigkeit legen. Interessanterweise sind etwa 60% unserer Kunden Frauen.
Wirtschaftsforum: Wie sieht die Unternehmenskultur bei VIU aus?
Kilian Wagner: Wir haben eine sehr offene und digitale Unternehmenskultur. Seit 2013 arbeiten wir ohne interne E-Mails und nutzen stattdessen Tools wie Slack und Asana, um die Kommunikation zu fördern. Wir propagieren eine unternehmerische Denkweise und ermöglichen es unseren Mitarbeitern, in das Unternehmen zu investieren. Dies schafft ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit und Motivation.
Wirtschaftsforum: Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Kilian Wagner: Wir sehen großes Potenzial im DACH-Markt und planen, unsere Präsenz weiter auszubauen. Zudem möchten wir unser Omnichannel-Konzept weiter optimieren, um den Kunden ein nahtloses Einkaufserlebnis zu bieten. Langfristig denken wir auch über eine internationale Expansion über die DACH-Region hinaus nach.