Auf in eine neue Ära
Interview mit André Bauerhin, Geschäftsführer und COO der spaceopal GmbH

Wirtschaftsforum: Galileo ist das weltweit erste unter ziviler Kontrolle stehende Satellitennavigations- und Ortungssystem. Worum genau geht es bei dem System?
André Bauerhin: Galileo ist ein System zur Positionierung und Navigation auf der Erde, ähnlich dem amerikanischen GPS, und ermöglicht Echtzeitortungen, jedoch mit einer höheren Genauigkeit als vergleichbare Systeme. Mithilfe der Galileo-Satelliten können Nutzer weltweit auf diese Navigationsdaten zurückgreifen. Es gibt einen kostenlosen Dienst, den Open Service, der generell jedem offensteht, aber auch einen geplanten kostenpflichtigen, den Commerical Service, der beispielsweise für das Vermessungswesen interessant ist. Darüber hinaus werden staatliche Sicherheitskräfte wie Polizei und Zoll oder auch Such- und Rettungsdienste bei der Ortung von Notsignalen von Galileo profitieren. Hierbei handelt es sich um sogenannte Public Regulated bzw. Search and Rescue Services.
Wirtschaftsforum: Ein spaceopal-Slogan lautet: ‘We make Galileo fly’. Was genau heißt das?
André Bauerhin: spaceopal ist ein 2009 entstandenes Joint Venture der DLR Gesellschaft für Raumfahrtanwendungen mbH und der italienischen Firma Telespazio SpA. Beide Unternehmen wollten damals ihre Aktivitäten bezüglich des europäischen Satellitensystems Galileo bündeln. Heute sind wir Betreiber der zwei Galileo-Kontrollzentren in Oberpfaffenhofen und Fucino; das heißt, wir sind für die Vorbereitung und Durchführung des Galileo-Gesamtbetriebs und die damit verbundene Serviceerbringung verantwortlich. Dies beinhaltet die Steuerung der Satelliten, die Prozessierung der Navigationsdaten und die Überwachung der weltweiten Empfangsanlage.
Wirtschaftsforum: Wie hat sich die Arbeit im Laufe der Jahre weiterentwickelt?
André Bauerhin: Wir haben 2010 die Ausschreibung für eines der sechs großen Galileo-Arbeitspakete, die unter der Schirmherrschaft der ESA vergeben wurden, gewonnen. Der ursprüngliche Vertrag lief 2014 aus und wurde dann bis Mitte 2017 verlängert. Bei dem Paket ging es vor allem um die Durchführung des Systembetriebs während der Aufbauphase. Die Aufgaben beinhalteten unter anderem den Betrieb in der Phase nach der Trennung der Satelliten von der Trägerrakte im Weltraum, gefolgt von einer In-orbit-Testphase, die zwischen 90 und 180 Tage andauert und schließlich in den Regelbetrieb übergeht. Wir sind dafür verantwortlich, die Satelliten zu betreuen und den Nutzern die Navigationsdaten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus haben wir das komplette Wartungskonzept für die Bodeninfrastruktur definiert und den weltweiten Logistikservice implementiert. In der nun laufenden Folgephase wurden die Kernaktivitäten beibehalten, der Fokus allerdings verändert. Der Schwerpunkt ist nicht mehr das Deployment des Systems, sondern die Erbringung der End-to-end- Navigationsservices für Endnutzer. Als Schnittstelle zum Endnutzer wurde deshalb ein Servicecenter in Madrid etabliert. Ende 2015 hat die GSA den Vertrag für Galileo Service Operator ausgeschrieben. Wir haben Ende 2016 dafür den Zuschlag erhalten und sind damit für die nächsten zehn Jahre für die Bereitstellung von Galileodiensten verantwortlich, was eine besondere Herausforderung für uns darstellt.
Wirtschaftsforum: Galileo ist ein internationales Projekt von außerordentlicher Komplexität und Tragweite. Womit konnte sich spaceopal im Wettbewerb durchsetzen?
André Bauerhin: Galileo ist in dieser Form einzigartig, und wir konnten letztlich die beste Gesamtlösung für den Service zu einem attraktiven Preis anbieten. spaceopal steht für Kontinuität und Stabilität. Um künftige Herausforderungen zu meistern, können wir auf Erfahrungen der Vergangenheit aufbauen.
Die Aufgaben werden sich in den nächsten zehn Jahren stark verändern. Wir werden tiefer in die Wartung der Boden- und Satellitensysteme einsteigen und zusätzliche Mehrwertdienste erbringen. Mit unserer Erfahrung stehen wir als verlässlicher Partner an der Seite der GSA und stellen einen reibungslosen Servicebetrieb sicher. Bis 2021 ist geplant, mit bis zu 30 Satelliten einen weltweit verfügbaren Navigationsservice zur Verfügung zu stellen. Jeder Tag bringt damit neue Herausforderungen und jeder im Team ist mit Leidenschaft und Herzblut dabei,‘to make Galileo fly’.