Am (Zahn-) Rad drehen

Interview

„Somaschini ist ein typisches italienisches Familienunternehmen, das 1922 gegründet wurde und heute in dritter Generation geführt wird, aber auch die vierte ist schon aktiv“, verweist Dr. Andrea Scanavini, Leiter  Geschäftsfeldentwicklung und Geschäftsführer Nordamerika, auf den traditionellen Hintergrund des Zahnradspezialisten.

Schon seit über 50 Jahren bestimmen Zahnräder das Hauptgeschäft der Unternehmens mit Sitz in Trescore Balneario östlich von Bergamo. Anfang der 1990er-Jahre etablierte sich Somaschini zunehmend als Zulieferer in der Lkw- und Automobilbranche.

„Geschliffene, zylindrische Zahnräder machen mit einem Anteil von 90% den Großteil unseres Geschäfts aus. Zuletzt lag unser Umsatz bei rund 70 Millionen EUR“, gibt Andrea Scanavini einen Einblick in die Unternehmenszahlen. Und diese 70 Millionen EUR Umsatz müssen erst einmal erzielt werden, denn die Branche kennt keinen Stillstand.

Anspruchsvoller Markt

„Die Kunden auf dem Markt für Pkw und Lkw werden immer anspruchsvoller. Mehr Qualität und größere Effizienz sind zwei Schlagworte, die auch bei Motoren zum zentralen Thema geworden sind. Um dies zu erreichen, werden beispielsweise dünnere Schmieröle eingesetzt. Das wirkt sich auf die Zahnräder aus. Die müssen in Folge eine gewisse Rauheit an der Oberfläche haben. Da sind wir in der Entwicklung schon ziemlich weit“, illustriert Andrea Scanavini die vorherrschende Dynamik in Europa und den USA.

Regionen, die 97% am Export von Somaschini ausmachen. Gefragt sind keine Standardprodukte vom Fließband, sondern maßgeschneiderte Zahnräder. Letztere sind für Andrea Scanavini ein wesentlicher USP des Unternehmens und ein wichtiges Element in der Vermarktung: „Wir sind ein typischer Lieferant für sogenannte ‘customized gears’. Dabei werden wir direkt von Kunden angesprochen, mit denen wir dann von der Projektentwicklung bis hin zum finalen Produkt zusammenarbeiten. Da können von Angebot bis zum Verkauf bis zu drei Jahre liegen“, erklärt Andrea Scanavini die komplexen Hintergründe.

„Wir setzen uns intensiv mit dem Thema Automation auseinander.“ Dr. Andrea ScanaviniLeiter Geschäftsfeldentwicklung und Geschäftsführer Nordamerika
Dr. Andrea Scanavini

Um den wachsenden Ansprüchen der Kunden gerecht zu werden, scheut sich die Geschäftsleitung des Unternehmens auch nicht, Fertigungsprozesse auf den Prüfstand zu stellen. Eng damit verbunden ist die digitale Transformation im Sinne des IoT.

Andrea Scanavini sieht dahingehend schon die ersten Schritte in die richtige Richtung: „Wir setzen uns intensiv mit dem Thema Automation auseinander. Auf den Fertigungsstraßen, sollen die Maschinen miteinander kommunizieren. So schaffen wir es, die Produktqualität noch besser zu kontrollieren und das bringt uns Vorteile gegenüber den Wettbewerbern.“

Chancen im Ausland

Wettbewerber finden sich im asiatischen Raum vor allem in Indien und China. Die Produkte aus diesen Ländern seien vor allem in den Preisen sehr aggressiv, so Andrea Scanavini: „In der EU gibt es viele gute Zulieferer mit hohem Qualitätsniveau. Da müssen wir uns ständig behaupten. In den USA sind wir erst seit 2012 und haben festgestellt, dass dort die Dichte an Mitbewerbern wesentlich geringer ausfällt. Perspektivisch bietet die USA gute Chancen, als Unternehmen zu wachsen.“

Als Geschäftsführer der US-amerikanischen Niederlassung ist Andrea Scanavini wöchentlich im Flieger unterwegs, lebt die internationale Ausrichtung von Somaschini praktisch vor: „Das macht uns für internationale OEMs wesentlich interessante als rein regionale Anbieter und ist sicher ein weiterer unserer Erfolgsfaktoren.“

Andrea Scanavini ist selbst schon seit neun Jahren bei Somaschini, in der Zahnradindustrie sogar seit 40 Jahren, tätig. Persönliche Kontakte und ein gutes berufliches Netzwerk haben sich positiv auf seine Arbeit ausgewirkt. Gerade in den USA konnte er das Unternehmen in den letzten Jahren nach vorne bringen.

Dieser Wille, etwas zu verändern, ist typisches Merkmal seiner täglichen Arbeit, die ihm auch viel Freude bringt: „Es ist für mich immer ein schöner Moment, wenn ich Unternehmen durch richtige Entscheidungen weiterentwickeln kann. Schließlich kann eine Firma nicht in einem Zustand verharren. Es geht weiter, entweder auf- oder abwärts. Meine Marschrichtung ist immer: hinauf!“

Für 2017/18 sieht Andrea Scanavini Somaschini in einer guten Position. Der Markt verzeichnet eine positive Entwicklung. Sorgen macht ihm die Abhängigkeit der Wirtschaft von politischen Themen, die selbst mittelfristige Planungen und Investitionen ungemein erschweren.

Trotzdem gibt sich Andrea Scanavini zuversichtlich. Schon längst hat er die drei Kerneigenschaften erkannt, mit denen Somachini den Erfolgskurs weiter halten kann: Qualität, Automation und internationale Präsenz.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Industrielle Zulieferer

Passion für Veränderungen

Interview mit Volker Brielmann, CEO der Adval Tech Gruppe

Passion für Veränderungen

Gerade im weltweit hart umkämpften Automotive-Segment hat sich Adval Tech mit seiner starken technologischen Expertise als kompetenter Zulieferer von Kunststoff-, Metall- und Hybridkomponenten nachhaltig als geschätzter Partner etablieren können. Welche…

Polymer-modifizierte Bitumen (PMB) für besondere Fälle

Interview mit Nick Brouwer, Direktor der Ooms Producten B.V.

Polymer-modifizierte Bitumen (PMB) für besondere Fälle

Bitumen ist ein vielseitiges Material, das in vielen Bereichen unverzichtbar ist. Je nach Anwendung werden unterschiedliche Anforderungen an das Produkt gestellt. Um optimale Produkteigenschaften für die jeweilige Anwendung zu gewährleisten,…

Von der grauen Masse zur ästhetischen Vielfalt: Beton neu gedacht

Interview mit Alexander Bauer, Geschäftsführer der Kirchdorfer Kies und Beton GmbH

Von der grauen Masse zur ästhetischen Vielfalt: Beton neu gedacht

Mit fünf Transportbetonwerken, drei Kieswerken und einer Lkw-Flotte produziert und liefert die Kirchdorfer Kies und Beton GmbH aus dem Großraum Linz Transportbeton und Zuschlagstoffe für verschiedenste Bauprojekte im ober­österreichischen Zentralraum.…

Spannendes aus der Region Trescore Balneario

Guter Generationswechsel als Aufgabe für die Zukunft

Interview mit Giovanni Valli, Sales & Marketing Specialist der Metalbottoni S.P.A.

Guter Generationswechsel als Aufgabe für die Zukunft

Giovanni Valli repräsentiert die zweite Generation der italienischen Metalbottoni S.P.A. Das Unternehmen aus dem lombardischen Chiuduno ist international bekannt für hochwertige und innovative Knöpfe sowie Accessoires, die sowohl an Jeans…

Mutmacher in der Krise: Vom Fahrrad zum Beatmungsgerät

Interview mit René Wiertz, Präsident und CEO der 3T Cycling SRL

Mutmacher in der Krise: Vom Fahrrad zum Beatmungsgerät

Das Coronavirus hat Italien über Wochen lahmgelegt und Menschen und Unternehmen in eine Krise gestürzt. Nicht so die 3T Cycling SRL aus Bergamo. Dank Präsident und CEO René Wiertz hat…

Sicherheit mit einem Plus

Interview mit Ing. Guglielmo Belotti, Geschäftsführer der Stilo S.r.L.

Sicherheit mit einem Plus

Beim Autosport geht es um mehr als nur die Fähigkeiten der Fahrer. Um zu gewinnen, sollte man mit dem besten Equipment auf dem Markt ausgerüstet sein. Selbst der Helm ist…

Das könnte Sie auch interessieren

Ein gut sortiertes Unternehmen

Interview mit Vincent Sonneville, Area Sales Manager der Optimum Sorting NV

Ein gut sortiertes Unternehmen

Bei Optimum Sorting trennt sich die Spreu vom Weizen: Denn der belgische Sortiermaschinenhersteller will mit seinen Anlagen konsequent sicherstellen, dass einwandfreie Produkte und möglicherweise gefährliche Ausschussware getrennte Wege gehen. Area…

Die Flamme weitergeben

Interview mit Nina Remagen, Geschäftsführerin der Hardy REMAGEN GmbH & Co. KG

Die Flamme weitergeben

Seit über 300 Jahren prägt die Hardy REMAGEN GmbH & Co. KG aus Hürth die Fleisch- und Lebensmittelbranche. Heute führen zwei Schwestern das Traditionsunternehmen bereits in der 10. Generation. Im…

Der Mensch bleibt das stärkste Netz

Interview mit Denise Link, Geschäftsführerin der comcontrol GmbH

Der Mensch bleibt das stärkste Netz

Die Digitalisierung verändert Arbeitswelten rasant. Die comcontrol GmbH aus Schwalbach am Taunus begleitet Kunden dabei in allen Fragen rund um Telekommunikation und Mobilfunk. Mit Geschäftsführerin Denise Link sprachen wir über…

TOP