Wichtiger Erfolgsfaktor im zukünftigen Energiesystem
Interview mit Anja Jasper, Vice President Corporate Communication der SMA Solar Technology AG

Wirtschaftsforum: Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation des Energiemarktes?
Anja Jasper: Der Trend geht zur dezentralen Versorgung auf der Basis erneuerbarer Energien – also genau zu dem Konzept, mit dem SMA bereits 1981 gestartet ist. Der komplette Energiemarkt wird sich revolutionär verändern, vor allem bedingt durch die Digitalisierung. Photovoltaik wird zukünftig die wirtschaftlichste Energiequelle sein. Das Kostensenkungspotenzial ist weiterhin hoch. Wir werden komplett neue Geschäftsmodelle und Marktteilnehmer sehen. Die klassische Vertriebs-Pipeline wird es nicht mehr geben. Der Handel zwischen Erzeugern und Verbrauchern wird direkt erfolgen. Strom wird ein völlig neues Produkt werden.
Er wird frei verfügbar sein, eine Selbstverständlichkeit und kein exklusives Gut mehr. Wir werden von ‘Prosumenten’ sprechen. Das sind Menschen, die gleichzeitig Energie produzieren und verbrauchen. Für sie muss man passende Angebote machen.
Wirtschaftsforum: Wo werden in dieser neuen Welt die Schwerpunkte von SMA liegen?
Anja Jasper: Wir konzentrieren uns auf die PV-Systemtechnik und Integration. Dazu vernetzen wir uns mit anderen namhaften Herstellern, zum Beispiel von Batterien, Haushaltsgeräten oder aus dem Automobilbereich. Neben der klassischen Systemtechnologie bieten wir zum Beispiel auch Lösungen, mit denen man den Verbrauch von Solarstrom im Haus vollautomatisch steuern kann, abhängig von der Wetterprognose. So stellen wir sicher, dass der selbst erzeugte Strom optimal genutzt wird. Hier kooperieren wir zum Beispiel mit Miele und Bosch für die Steuerung von Haushaltsgeräten. Speicher und Elektromobilität können wir in das SMA Smart Home integrieren. Ganz wichtig ist, dass wir Lösungen für die Anwender bieten, die genau zu ihrem Lebensstil und ihrem Verbrauchsverhalten passen. Daten zur Erzeugung und zum Verbrauch von Solarstrom sind auch für die Betreiber der Stromnetze interessant. Wenn Solarstrom gut prognostizierbar ist, kann er einen höheren Wert bekommen. Netzbetreibergesellschaften können den Strom besser vermarkten und ihre Netze sicherer und wirtschaftlicher betreiben. All das sind neue Geschäftsmodelle, an denen wir einen ganz entscheidenden Anteil haben. Wir werden ein integraler Bestandteil des neuen Energiemarktes sein und ein wichtiger Erfolgsfaktor.
Wirtschaftsforum: Was sind aktuell die wichtigsten Standbeine von SMA?
Anja Jasper: Wir agieren heute mit fünf Business Units. Das ist zum einen die Unit ‘Residential’, in der es vor allem um Aufdachanlagen für Privathaushalte geht. Der String-Wechselrichter Sunny Boy ist hier unser Flaggschiffprodukt. Selbstverständlich bieten wir im Residential-Bereich auch Energiemanagement- und Speicherlösungen. Im Commercial-Sektor stehen die dreiphasigen String- Wechselrichter Sunny Tripower im Zentrum. Zurzeit wächst der Markt für diese mittelgroßen Solaranlagen sehr stark. Mit entsprechendem Know-how können Unternehmen durch die Kombination einer PV-Anlage und einer Speicherlösung ihre Energiekosten massiv senken. Unsere Utility-Unit bedient mit Zentral-Wechselrichtern, die auch Netzdienstleistungen übernehmen, solare Großkraftwerke.
Hier ist vor allem eine hohe langfristige Zuverlässigkeit bei gleichzeitig geringen Erzeugungskosten wichtig. Im letzten Jahr konnten wir in dieser Business Unit ein Wachstum von 48% verzeichnen. Im Bereich Off-Grid und Storage bieten wir unter anderem Systemtechnik zur Integration verschiedener Batterietechnologien. Über Kooperationen mit Tesla und Mercedes-Benz gelingt uns hier auch die Verlinkung zur Elektro-Mobilität. Nicht zuletzt ist unsere Service Unit ein wichtiges Standbein. Weltweit haben wir fast 50 GW installierte Wechselrichterleistung. Sie bieten gutes Wachstumspotenzial für kostenpflichtige Serviceleistungen wie Inbetriebnahme, Wartung und operative Betriebsführung. Unser weltweites Servicenetz ist beispiellos. Keiner unserer Marktbegleiter kann das bieten.
Wirtschaftsforum: Was sind aktuell wichtige Regionen für Sie und auf welche Märkte werden Sie sich in den kommenden Jahren konzentrieren?
Anja Jasper: Unsere Perspektive ist global. Wir haben einen Auslandsanteil von rund 90%. Die USA und Japan sind wichtige Märkte für uns, ebenso Indien und Australien. Die DACH-Region ist natürlich nach wie vor wichtig für uns, mit der höchsten installierten Basis, aber hier findet kaum noch Wachstum statt. Die Haltung der Politik hat dem Markt massiv geschadet. Aufgrund der politischen Entscheidungen hat Deutschland die Vorreiterrolle an die USA und Japan abgegeben. Der europäische Markt ist sehr reif. In den kommenden Jahren wird hier den Themen Energiemanagement und Speicherintegration eine hohe Bedeutung zukommen.
Wirtschaftsforum: Welche langfristigen Ziele verfolgt SMA?
Anja Jasper: Unsere Vision ist es, dass die Menschen durch den Einsatz von erneuerbaren Energien unabhängig in einer vernetzten Welt leben können. Dafür brauchen wir entsprechende Geschäftsmodelle. Hier werden wir mit SMA einen entscheidenden Beitrag leisten. Insbesondere unsere Schnittstellenkompetenz differenziert uns hier von anderen Unternehmen. Klar ist auf jeden Fall, dass Photovoltaik die günstigste Energiequelle werden wird.