Maschinenbau im XXL-Format
Interview mit Alain Reynvoet, Chief Sales Officer der SCHIESS GmbH

„Wir bauen Drehmaschinen, große Portalfräsmaschinen und horizontale Bohrwerke“, beschreibt Alain Reynvoet das besondere Portfolio der SCHIESS GmbH. „Meistens sind das sehr große Maschinen im XXL-Format.“ So fertigt das Unternehmen aktuell zum Beispiel eine 45 m lange CNC-Maschine mit zwei jeweils 2-achsigen NC-Köpfen zur 5-Achs-Bearbeitung von Teilen für Flugzeugtragflächen.
„In jüngster Zeit entwickeln wir uns zunehmend in Richtung Luftfahrt, zum Beispiel mit einer fünfachsigen Brückenmaschine“, beschreibt der CSO die Tendenz. „Dank einer gemeinsam mit Projektpartnern entworfenen neuartigen Technologie verringern wir damit die Stillstandszeiten. Wir sind sehr stark bei den Sondermaschinen, würden aber auch gern kleinere Maschinen und Standardmaschinen bauen. Daran arbeiten wir verstärkt.“
Seit 1896 in Betrieb
Es sind das Know-how und die Erfahrung im Sondermaschinenbau, welche die große Stärke von SCHIESS ausmachen. „Genauigkeit, Robustheit und Stabilität der Maschinen – darauf können sich unsere Kunden verlassen“, versichert der Alain Reynvoet. „Es gibt Maschinen von uns, die seit 1896 laufen. Das hat uns ein Kunde auf der EMO erzählt.“
Auch die im Jahr 1936 größte jemals gebaute Maschine mit einem Planscheibendurchmesser von 18 m stammt von SCHIESS und ist bis heute in Betrieb. „Eine Maschine von SCHIESS aus dem Jahr 1978 haben wir komplett überarbeitet und zurückgeschickt“, betont Alain Reynvoet. „Jetzt hat sie eine neue Steuerung, neue Motoren und neue Lager und Führungen. Es ist gewissermaßen eine komplett neue Maschine, aber zu einem weitaus günstigeren Preis.“
Unabhängig von der Mutter
Namensgeber Ernst Schiess gründete das Unternehmen 1866 in Düsseldorf. Die Tradition des 1992 in den SCHIESS-Konzern eingegliederten Standorts Aschersleben reicht sogar bis in das Jahr 1857 zurück. Seit 2004 ist SCHIESS eine 100%ige Tochtergesellschaft der chinesischen SYMG Gruppe, einem der weltweit größten Maschinenbauer, agiert aber unter CEO Guan Xin völlig unabhängig.
Rund 250 Mitarbeiter erwirtschaften einen Umsatz von 50 Millionen EUR. „Aktuell wachsen wir sehr stark, die Wirtschaftslage ist sehr gut“, freut sich Alain Reynvoet. Neben dem Hauptsitz Aschersleben gibt es die Schwesterfirma SCHIESS Tech in Berlin mit 30 Ingenieuren und in Stuttgart mit zehn Beschäftigten.
Wichtigster Markt China
Luftfahrt, Windenergie, Hydroenergie, Marine und Schifffahrt sowie Rolllager und Nuklearanlagen sind Anwendungsbereiche für die Maschinen von SCHIESS. Aktuell werden alle Maschinen ins Ausland verkauft – überwiegend nach China. Aber auch aus den USA kommen viele Anfragen.
„Wir gehen direkt auf die Kunden zu und stellen ihnen unsere Maschinen vor“, beschreibt Alain Reynvoet die Vertriebsstrategie. „Zur Zeit bauen wir ein neues Händlernetzwerk auf, unter anderem in Osteuropa. Wir möchten unsere Händlerstrukturen erweitern, um auch unsere kleineren Maschinen verkaufen zu können.“
Wichtig ist auch die Präsenz auf den weltweit bedeutendsten Messen, unter anderem der EMO in Hannover, der CCMT in Shanghai, der IMTS in Chicago und der AMB in Stuttgart. „Der Sondermaschinenbau kann nicht das einzige Standbein sein, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben“, verdeutlicht Alain Reynvoet. „Deshalb müssen wir versuchen, mit den kleineren Standardmaschinen und Serien einen Ausgleich zu schaffen.“