Zweigleisig an zwei Standorten

Interview mit Andreas Radam, Geschäftsführer der RWS Railway Service GmbH

Ein Ansprechpartner für den gesamten Prozess von der Projektierung über Konstruktion und Fertigung hin zu Montage, Inbetriebnahme und Service – mit diesem Full Service hat sich die RWS in der Branche einen hervorragenden Namen gemacht. Und allen Grund, in diesem Jahr das 25-jährige Firmenjubiläum zu feiern.

Vom Bahnvirus infiziert

Als Geschäftsführer Andreas Radam 1999 den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, konnte er auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen. „Ich habe mein gesamtes Berufsleben in der Bahnbranche verbracht“, sagt er. „Vor der RWS-Gründung war ich in einem Systemhaus tätig, habe zwei Jahre im Ausland gearbeitet, dort 320 Reisezugwagen technisch betreut und mir entsprechendes Praxis-Know-how angeeignet. Weil ich dennoch das Gefühl hatte, mich nicht so einbringen zu können, wie ich es mir vorgestellt hatte, wuchs der Wunsch, mich selbstständig zu machen.

Dank einer Förderung durch das Land Brandenburg konnte ich diesen Wunsch 1999 mit einem kleinen Team und einer Halle in Neuenhagen verwirklichen.“

In Neuenhagen begann RWS mit der Fertigung und Reparatur von elektrischen Ausrüstungen für Schienenfahrzeuge und bot Services im Engineeringbereich wie Elektroprojektierung und Konstruktionsleistungen an. Das Konzept ging auf. Das Unternehmen wuchs kontinuierlich, erweiterte seine Kapazitäten und hat heute mit Neuenhagen und Elstal zwei Standorte und ein Team mit 32 Mitarbeitern.

Ein Hoch auf eine Halle

„Seit September 2021 haben wir in Elstal eine Service- und Wartungshalle mit drei Gleisen für den Umbau, die Inbetriebnahme und Instandhaltung von Schienenfahrzeugen“, sagt Andreas Radam. „Diese Halle macht einen großen Unterschied, sie ist das Zünglein an der Waage. Die örtliche Anbindung hier in Wustermark ist ein großer Vorteil; in Berlin gibt es nicht viele, die ähnliche Services anbieten können. Bei Inbetriebnahmen sind in der Regel Vertreter der Systemhäuser vor Ort und begleiten die Arbeiten; da sie keine entsprechenden Hallenkapazitäten haben, sind sie auf externe Partner angewiesen. Umbauten führen wir selbstständig durch. So wird beispielsweise die komplette Flixtrain-Flotte, die nach Berlin fährt, in unserer Halle instandgesetzt.“

Digitalisierung auf der Überholspur

Nicht nur mit den Hallenkapazitäten in Elstal hat die RWS einen besonderen Trumpf im Ärmel. Auch die Mitarbeiter sind ein entscheidendes Asset. „Wir haben in Elstal ein hervorragendes, motiviertes Team, das vom Bahnvirus infiziert ist“, betont Andreas Radam. „Die Mitarbeiter nehmen regelmäßig an bahnspezifischen Schulungen und Lehrgängen teil, damit wir mit neuen Entwicklungen Schritt halten können. Die Digitalisierung und der Einsatz künstlicher Intelligenz stehen dabei besonders im Fokus.“

Bahn frei für die Zukunft

RWS arbeitet bereits mit KI und beschäftigt sich derzeit mit einem neuen Entwicklungsprogramm zur Optimierung der Fehlererkennung an Fahrzeugen. Zudem wird am Standort Elstal ein PPS-System implementiert, um Planungen und Instandsetzungsarbeiten zu dokumentieren.

„Die Zukunft wird im Zeichen einer zunehmenden Digitalisierung stehen“, erklärt Andreas Radam. „Eine besondere Herausforderung für uns ist das Thema ETCS, das European Train Control System, ein neuer einheitlicher Standard für Zugsicherungssysteme in ganz Europa. Das Thema ist für uns sehr spannend; wir haben für die Deutsche Bahn bereits Fahrzeuge entsprechend nachgerüstet und wollen die Technik künftig in Elektrofahrzeugen installieren. Um in dem Bereich zuverlässig arbeiten zu können, werden wir allerdings Verstärkung im Team benötigen.“

Raum für eine weitere Expansion hatte sich ab 2016 mit dem Bahncampus Elstal geboten, wo mit finanzkräftiger Unterstützung des Landkreises Havelland auf dem Areal des ehemaligen Rangierbahnhofs ein Netzwerk aus bahnaffinen Dienstleistern entstehen sollte. „Auf diesem Gelände hätten wir auch Leistungen anbieten können, die uns am Standort Neuenhagen nicht möglich sind“, so Andreas Radam.

Doch obwohl die örtlichen Gebietskörperschaften insgesamt circa 20 Millionen EUR in die Erschließung des Areals investierten, hat bis heute nur ein Dienstleister dort entsprechende Produktionskapazitäten aufgebaut. „Ein anderes Unternehmen hat dort Grundstücke und Gebäude aufgekauft und lässt die Liegenschaften brachliegen, ohne sich dort wirklich zu engagieren. Das blockiert leider wichtige Impulse, die hier entstehen könnten – und die auch unseren lokalen Wirtschaftsstandort nachhaltig stärken würden.“

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