Mehr als ein Fass aufgemacht
Interview mit Ralph Breiltgens Geschäftsführer der Reich GmbH Kunststoffverarbeitung

Wirtschaftsforum: Herr Breiltgens, Sie sind 2010 zur Reich GmbH Kunststoffverarbeitung gekommen, nachdem Sie zuvor in der Unternehmensberatung tätig gewesen waren. Wie war das Unternehmen damals aufgestellt?
Ralph Breiltgens: Reich kommt ursprünglich aus dem Schäffler-Handwerk und wurde 1936 von meinem Großvater gegründet. Er war, genauso wie mein Onkel, Schäfflermeister, stellte also Fässer her; ein Handwerk, das heute fast ausgestorben ist. Das Geschäft entwickelte sich schnell sehr erfolgreich, sodass man schließlich in den Tankbau einstieg und sich hier vor allem auf Weintanks konzentrierte. Als in den 1940er-Jahren GFK auf den Markt kam, markierte das einen Wendepunkt. Mein Onkel hatte in dem Bereich Erfahrung gesammelt und das große Potenzial des innovativen Materials erkannt. Er stellte die gesamte Produktion auf GFK um und fertigte Tanks und Silos aus GFK für die Agrar- und Lebensmittelindustrie, später auch für Winterdienste, bis heute ein Schwerpunktbereich. Bis 2010 führte er das Unternehmen, dann geriet es in eine Krise mit unklarem Ausgang. In dieser Situation übernahm ich die Geschäftsführung und begann, das Unternehmen komplett neu aufzustellen; ein Prozess, der bis 2017 andauerte. Mit der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft konnten wir 2017 einen Mitgesellschafter gewinnen, einen starken Partner, der Entwicklung und Wachstum fördert.
Wirtschaftsforum: Wie sehen heute die Kernkompetenzen von Reich aus?
Ralph Breiltgens: Mit knapp 50 Mitarbeitern konzentrieren wir uns auf GFK-Produkte, auf Silos und Behälter, die vom Anlagenbau über Pharma- und Agrarindustrie bis zur Nahrungsmittelindustrie eingesetzt werden. Überall dort, wo aggressive Medien gebraucht werden, ist GFK das ideale Material. Die Produkte gehen schwerpunktmäßig in die DACH-Region, Großbehälter auch per Schiff in die USA. Qualität ist unser Markenzeichen; das hat sich über die Grenzen Deutschlands hinaus herumgesprochen. Das gilt insbesondere für qualitativ hochwertige, extrem anspruchsvolle Bauteile.



Wirtschaftsforum: Können Sie einige Produkt- und Anwendungsbereiche aufzählen?
Ralph Breiltgens: Klassiker sind Behälter für Sole, ein Salz-Wasser-Gemisch, das von Kommunen und Straßenmeistereien bevorzugte Streumittel. In diesem Bereich waren wir Vorreiter. Was die Silos betrifft, bieten wir Klein-, Groß- und mobile Silos an. Egal, um welches Silo es geht, es sind immer zylindrische Produkte, die technisch sehr anspruchsvoll und auf hochoptimierten Wickelanlagen gefertigt werden.
Wirtschaftsforum: Reich hat unter anderem im Apparatebau Fuß gefasst. Gibt es in dem Bereich besondere Anforderungen?
Ralph Breiltgens: Wir haben es hier meist mit Auftragsfertigungen und damit mit sehr speziellen Apparaten für spezielle Funktionen zu tun. Im Bereich Kolonnenbau werden beispielsweise einzelne Prozesse hintereinandergeschaltet. Das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, da viel Verfahrenstechnik involviert ist und die Anforderungen an das Material besonders hoch sind. Es gibt nur wenige, die in diesem Bereich so viel Know-how aufweisen können wie Reich.
Wirtschaftsforum: Die Wassertechnik stellt ein weiteres Aufgabenfeld dar. Worum geht es hier?
Ralph Breiltgens: Wir fertigen Produkte für den gesamten Wasser- und Abwasserbereich; das heißt, für die Wasseraufbereitung, Wasserlagerung und Abwasserentsorgung. In allen Bereichen werden Lagerbehälter eingesetzt.
Wirtschaftsforum: Der Umsatz lag 2020 bei 7,5 Millionen EUR, 2021 bei 5,5 Millionen. Coronabedingt war 2021 ein schwieriges Jahr. Welchen Einfluss hatte und hat die Pandemie auf das Geschäft?
Ralph Breiltgens: Neben Personalausfällen, die schwer kompensiert werden konnten, hatten wir es mit einer schwierigen Rohstoffsituation und einer nie dagewesenen Preisexplosion zu tun. Wir mussten uns früh Gedanken machen, wie wir unsere Produktion aufrechterhalten und die Materialversorgung sichern konnten. Umsatzeinbußen lagen an fehlenden Aufträgen, aber auch daran, dass wir Aufträge durch die vielen Personalausfälle nicht realisieren konnten. Jetzt scheint sich die Situation allerdings zu entspannen. 2022 läuft sehr gut an; wir haben eine extrem gut gefüllte Pipeline. Das, was wir 2021 nicht machen konnten, wird 2022 zusätzlich dazukommen.
Wirtschaftsforum: Gibt es konkrete Zukunftsziele angesichts dieser optimistischen Stimmung?
Ralph Breiltgens: In drei bis vier Jahren wollen wir zukunftssicher aufgestellt und gewachsen sein. Qualität und Know-how sind in unserer Branche entscheidend; damit können wir gerade angesichts der Billigkonkurrenz aus Osteuropa punkten. Gestärkt werden wir nicht zuletzt durch unsere motivierten Mitarbeiter. Wir haben hier seit jeher einen sehr familiären Zusammenhalt, man kennt sich und schätzt sich. Mitarbeiter sind das wertvollste Kapital, das wir haben. Ihnen wollen wir arbeitstechnisch ein Zuhause geben und das langfristig. Das sollen auch neue Mitarbeiter wissen.