Red Dot Award: Schwierigster und damit auch begehrtester Designwettbewerb im internationalen Vergleich
Interview mit Prof. Dr. Peter Zec

Wirtschaftsforum: Herr Prof. Dr. Zec, Innovation spielt bei der Vergabe des Red Dot Awards eine zentrale Rolle. Jetzt gestalten Sie selbst mit der Disziplin „Brand & Communication“ einen der drei Awards um. Warum gibt es diese Neuerung?
Peter Zec: Wir haben uns für den zusätzlichen Fokus entschieden, um die Bedeutung der Marke zu betonen. Denn man muss sich folgendes bewusst machen: Wir befinden uns in keiner reinen Dingwelt, in der sich der Konsument rational für das beste Angebot entscheidet. Der Mensch ist vielmehr von einer Markenwelt umgeben. In dieser wird kein Produkt oder eine Dienstleitung gewählt, da diese oftmals austauschbar sind, sondern eine Marke: Es ist die Marke, die mittels des Brand Designs einen besonderen emotionalen Mehrwert bereithält und somit Distinktion ermöglicht. Dieser Entwicklung möchten wir mit dem erweiterten Fokus gerecht werden und kennzeichnen diesen auch im Namen des Wettbewerbs aus dem „Red Dot Award: Communication Design“ wurde der „Red Dot Award: Brands & Communication Design“. Das heißt, dass wir nach wie vor die besten Gestaltungsprojekte des Jahres suchen, aber darüber hinaus auch auf der Suche sind nach überzeugenden Brands, die über verschiedene Kanäle hinweg ein zusammenhängendes Markenerlebnis zeichnen.

„Es ist die Marke, die mittels des Brand Designs einen besonderen emotionalen Mehrwert bereithält und somit Distinktion ermöglicht.“ Peter Zec
Wirtschaftsforum: In den Blick der Jury rückt dabei das „konsistente Bild einer Marke“. An welchen Bewertungsmaßstäben machen Sie diese Anforderung fest?
Peter Zec: Die Red Dot Jury, die wie gewohnt aus renommierten, internationalen Experten besteht, fokussiert bei der individuellen Bewertung drei Ebenen. Dabei handelt es sich um Idee, Form und Wirkung. Die eingereichten Brand Designs werden folglich dahingehend diskutiert und bewertet, ob die Vision und Markenwerte deutlich werden, ob auf formaler Ebene das Design und die Markenkommunikation überzeugend umgesetzt sind und ob das schließlich dazu führt, dass eine starke, emotionale Markenidentität geschaffen wurde, die sich auf dem Markt erfolgreich durchsetzen konnte. Und nur jene Projekte, von denen die Jury auf diesen Ebenen überzeugt ist, werden mit einem „Red Dot“ ausgezeichnet.
Wirtschaftsforum: Red Dot steht 2019 für viel mehr als nur eine Auszeichnung mit entsprechender Gala, sondern auch für ein weltweit agierendes Unternehmen. Wie eng sind Sie am operativen Geschäft selbst dran?
Peter Zec: In meiner Funktion als geschäftsführender Vorstand initiiere und begleite ich seit 1991 sämtliche Aktivitäten – von der Ausschreibung über die Jurierung bis hin zur Red Dot Gala, die ich jedes Jahr moderiere. Das umfasst auch unsere Maßnahmen im Ausland. Dadurch habe ich die Möglichkeit, sowohl im direkten Kontakt mit unseren internationalen Juroren, Teilnehmern und Preisträgern zu sein als auch aktuellen Entwicklungen in der Designwelt nachzuspüren.
„Designer, Agenturen oder Unternehmen [können] sicher sein: Wer ausgezeichnet wird, gehört zu den Besten.“ Peter Zec

Wirtschaftsforum: Gegenwärtig scheint es eine Vergabeflut von Qualitätssiegeln oder Auszeichnungen nicht zuletzt im Internet zu geben. Inwiefern besteht dadurch die Gefahr einer Abwertung des Red Dot Awards?
Peter Zec: Ich sehe darin keine Gefahr, sondern eine Chance für den Red Dot Award und seine einzigartigen Qualitäten. Zum einen reichen die Wurzeln des Wettbewerbs bis in die 1950er-Jahre zurück und sowohl die Marke als auch das damit verbundenen Qualitätssiegel „Red Dot“ sind seit den Neunzigerjahren bei Unternehmen und Verbrauchern bekannt und haben sich bewährt. Zum anderen ist bedeutend, dass mit dieser langen Historie eine hohe Expertise verbunden wird. Wir garantieren eine Unabhängigkeit in der qualifizierten Bewertung durch unsere Red Dot Jury, die jedes Produkt vor Ort physisch testet und begutachtet. Das macht den Red Dot Award zum schwierigsten und damit auch zum begehrtesten Designwettbewerb im internationalen Vergleich. Doch durch diese strengen Statuten können sich Designer, Agenturen oder Unternehmen sicher sein: Wer ausgezeichnet wird, gehört zu den Besten.
Wirtschaftsforum: Ein klassischer Designleitsatz lautet „Die Form folgt der Funktion“. Wie stehen Sie zu dieser Formel?
Peter Zec: Ohne Zweifel war das von dem Architekten Louis Sullivan geprägte Prinzip das dominante Gestaltungsprinzip Anfang des 20. Jahrhunderts. In Deutschland war es beispielsweise ein willkommenes Argument gegen die ornamentale Verzierung in der Architektur und der industriellen Produktgestaltung. Auch heute noch findet dieses Prinzip weltweit zahlreiche Befürworter, obwohl sich inzwischen gezeigt hat, dass Design auf ganz anderen Prinzipien basieren kann.
Ich hebe beispielsweise, neben der Qualität der Funktion und die des Gebrauchs, die Qualität der Verführung und Verantwortung hervor, natürlich unter dem Aspekt, dass aufgrund der unterschiedlichen Produktarten die vier Qualitäten stets individuell berücksichtigt werden müssen. Doch unabhängig welchen Prinzipien man folgt, es geht grundlegend immer um die Findung zeitgemäßer ästhetischer Qualitäten in einer sich wandelnden Kultur.
Interview: Markus Büssecker | Fotos: Red Dot GmbH & Co. KG