Personalrekrutierung als Herausforderung

Interview mit Susanne Wißfeld, Geschäftsführerin Business Area South bei Randstad

Wirtschaftsforum: „Frau Wißfeld, wie sehen Sie die Entwicklung am deutschen Arbeitsmarkt für 2017/ 2018? Wie lange hält der Boom noch an?“

Susanne Wißfeld: „Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist seit vielen Jahren stabil und aktuell gibt es auch keine Anzeichen dafür, dass sich das in der nächsten Zeit ändern wird. Die Nachfrage der Unternehmen nach gut qualifizierten Mitarbeitern ist nach wie vor sehr hoch. Deshalb können sich Bewerber in vielen Branchen ihre Stellen tatsächlich mittlerweile aussuchen. Gleichzeitig benötigen Unternehmen aber auch Flexibilität. Genügend Personal zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung zu haben, kann in der heutigen globalisierten Wirtschaftswelt ein entscheidender Wettbewerbsfaktor sein. Doch die Personalsuche gestaltet sich für Unternehmen zunehmend aufwändiger und schwieriger.

Wirtschaftsforum: „Was sind in den nächsten Jahren die Chancen, was die Herausforderungen für Unternehmen und Unternehmer?

 

Susanne Wißfeld: „Eine große Herausforderung ist sicherlich der Fachkräftemangel. Besonders in den sogenannten MINT-Berufen, also in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, gibt es gravierende Engpässe, aber auch in kaufmännischen Berufen mit gefragtem Experten- und Spezialwissen. Die Personalrekrutierung ist damit eine der großen Herausforderungen für HR in der Zukunft. Wir merken das in der gestiegenen Nachfrage der Kunden nach unserer Serviceleistung Direkte Personalvermittlung. Immer mehr Unternehmen beauftragen uns, für sie Kandidaten zur Direktanstellung zu suchen. Wir übernehmen dann den kompletten Rekrutierungsprozess. Durch unser flächendeckendes Niederlassungsnetzwerk haben wir oftmals den strukturellen Vorteil, auch in den Branchen mit Fachkräftemangel passende Mitarbeiter zu finden. Der Mangel kann aber auch als Chance genutzt werden. Nämlich jetzt verstärkt den Fokus auf die Weiterbildung und Weiterentwicklung der Mitarbeiter zu setzen, um den Personalbedarf für die Zukunft sicherzustellen. Hier liegt sicherlich noch viel Potenzial.

Susanne Wißfeld, Geschäftsführerin Business Area South
„Personalrekrutierung ist in Zukunft eine der großen Herausforderungen.“ Susanne WißfeldGeschäftsführerin Business Area South

Wirtschaftsforum: „In welchen Branchen sehen Sie zurzeit besonders gute Berufschancen, in welchen eher weniger?“

Susanne Wißfeld: „Das lässt sich pauschal nicht sagen und ist auch regional unterschiedlich. Sicherlich ist die Nachfrage nach Fachkräften aus dem gewerblich-technischen Bereich in Industrie und im produzierenden Gewerbe besonders hoch. Aber auch in der Pflege und im Sektor Kundenkommunikation werden qualifizierte Mitarbeiter gesucht.“

Wirtschaftsforum: „Welche Chancen haben ältere Arbeitnehmer (50+)?“

Susanne Wißfeld: „Aufgrund des engen Bewerbermarktes können es sich Unternehmen eigentlich heute nicht mehr leisten, auf diese Generation von Arbeitnehmern zu verzichten. Eigentlich! Durch unseren täglichen Austausch mit Unternehmen in ganz Deutschland merken wir aber, dass es da immer noch Vorbehalte gibt und vielleicht eine Strategie fehlt, diese Altersklasse besser ins Unternehmen einzubinden. Die Zusammenarbeit mit erfahrenen Arbeitnehmern bietet zahlreiche Chancen, die jedoch häufig übersehen werden. Hier ist Aufklärungsarbeit nötig.“

Susanne Wißfeld, Geschäftsführerin Business Area South
„In vielen Branchen können sich Bewerber ihre Stellen mittlerweile aussuchen.“ Susanne WißfeldGeschäftsführerin Business Area South

Wirtschaftsforum: „Wie wirkt sich die hohe Migrationsrate auf den deutschen Arbeitsmarkt aus?“

Susanne Wißfeld: „In den nächsten Jahren gilt es, eine Vielzahl von Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Wir haben es mit Menschen mit ganz unterschiedlichen Bildungsabschlüssen und Qualifikationen zu tun, die häufig eine intensive Betreuung und Einarbeitung brauchen. Der Einstieg in den Arbeitsmarkt muss daher gut vorbereitet werden. Wir als Marktführer der Branche sind gerne dazu bereit, unseren Beitrag im Rahmen unserer Kernkompetenzen zu leisten. Wir haben Kompetenzfeststellungstests entwickelt, die sowohl den fachlichen Hintergrund, die kognitiven Fähigkeiten als auch die Deutschkenntnisse ermitteln. Zudem unterstützen wir bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Die nötige Beratung erhalten Mitarbeiter mit Migrationshintergrund bei Randstad auch durch ausgebildete Integrationsmentoren. Seit Anfang des Jahres engagieren wir uns zudem im DIHK-Netzwerk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge”. Politik und Wirtschaft müssen bei diesem Thema noch stärker an einem Strang ziehen. Die potenziellen neuen Arbeitnehmer können sicherlich als Chance in Zeiten von demographischem Wandel gesehen werden. Allerdings wird dies seine Zeit brauchen.“

Wirtschaftsforum: „ Wie wichtig ist Employer Branding im Kampf um die Talente?“

Susanne Wißfeld: „In der heutigen Zeit der medialen Überladung ist es für Unternehmen sehr schwer, sich voneinander am Markt abzuheben. Employer Branding ist einer der besten Wege, sich als attraktiver Arbeitgeber zu profilieren und eine positive Arbeitgebermarke zu formen. Es hilft dabei, sich aus der Masse der Wettbewerber um qualifiziertes Personal hervorzuheben. Und daran führt heute kein Weg mehr vorbei. Wir führen jährlich zu diesem Thema in 26 Ländern eine große Umfrage durch, die die besten Arbeitgeber ermittelt. Die Beurteilung der Unternehmen erfolgt nach zehn Schlüsselfaktoren, die in den letzten Jahren aufgrund von Erfahrungswerten für die Studie Randstad Employer Brand Research entwickelt wurden. Darunter zählen zum Beispiel Zukunftsperspektiven, ein angenehmes Arbeitsklima, langfristig berufliche Sicherheit und ein ausgewogenes Beruf- und Privatleben. Die Studie gewährt einen wichtigen Einblick in die Wahrnehmung und Vorlieben potenzieller Arbeitnehmer und hilft so Unternehmen bei der Rekrutierung und Bindung der besten Talente.“

Susanne Wißfeld, Geschäftsführerin Business Area South
„Employer Branding ist notwendig, um sich von der Masse der Wettbewerber um qualifizierte Mitarbeiter abzuheben.“ Susanne WißfeldGeschäftsführerin Business Area South

Wirtschaftsforum: „Was sind Vorteile des Modells Zeitarbeit?“

Susanne Wißfeld: „Für Unternehmen ist es wichtig, langfristig planen zu können. Das ist in unserer sich schnell drehenden Wirtschaftswelt aber kaum noch möglich. Zeitarbeit bietet Unternehmen die Flexibilität, die sie brauchen, etwa bei Auftragsspitzen oder Personalengpässen. Durch den Einsatz und die Unterstützung von flexiblem Personal können Unternehmen schnell auf veränderte Personalanforderungen reagieren. Die aufwändige Personalsuche entfällt in diesem Fall. Die Consultants des Personaldienstleisters treffen eine Vorauswahl geeigneter Kandidaten. Unternehmen können sich in der Zeit auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Die Zeitarbeitnehmer sind beim Personaldienstleister fest angestellt und erbringen ihre Arbeitsleistung im jeweiligen Kundenunternehmen. Durch die wechselnden Einsätze bringen sie einen großen Erfahrungsschatz mit, von dem auch Stammmitarbeiter profitieren.“

Wirtschaftsforum: „Sind deutsche Unternehmen schon bereit für die Digitalisierung der Arbeitswelt?“

Susanne Wißfeld: „Die zunehmende Digitalisierung der Wirtschafts- und Arbeitswelt wird mit tiefgreifenden Veränderungen einhergehen. Damit sind nicht nur die technischen Entwicklungen gemeint. Berufsfelder und Tätigkeitsbereiche werden sich ändern. Unternehmen haben hier die Aufgabe, eine Agenda zu entwerfen, mit der sie ihre Mitarbeiter für diese neuen Technologien begeistern und ihnen zum anderen eine zukunftsorientierte Weiterbildung sichern können. Bei den Beschäftigten herrscht da noch eine große Skepsis. In unserem aktuellen Randstad Arbeitsbarometer haben wir Arbeitnehmer in Deutschland befragt, ob ihr Unternehmen über eine Digitalstrategie verfügt. 48% verneinten das. Damit besteht für die Arbeitgeber noch ein deutlicher Handlungsbedarf, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und ihre Mitarbeiter auf die Reise mitzunehmen.“

Susanne Wißfeld, Geschäftsführerin Business Area South
„Unternehmen müssen nachhaltige Digitalisierungsstrategien entwickeln.“ Susanne WißfeldGeschäftsführerin Business Area South
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