Vom Start-up zum Mittelständler
Interview mit Dipl.-Ing. (FH) Dieter Ladegast, Geschäftsführer der preccon Robotics GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Ladegast, Ihr Unternehmen hat sich innerhalb weniger Jahre von einem Start-up zu einer mittelständischen Firma entwickelt. Welche Entscheidungen haben diesen Erfolg bewirkt?
Dieter Ladegast: Wir sind 2006 als Dienstleistungsunternehmen für Programmierdienstleistungen in der Robotik gestartet. Das ist eine Leistung, die hauptsächlich vom Schreibtisch aus oder beim Kunden vor Ort vorgenommen wird. Wir haben uns aber in den Jahren 2008 und 2009 in Folge der Finanzkrise ganz bewusst zum Anlagenbauer hinentwickelt, der anspruchsvolle Kundenlösungen im Bereich Robotik bietet. Damit ging auch einher, dass wir uns als Unternehmen vom Platzbedarf und von den Mitarbeitern veränderten. Wir stellten uns so auf, dass wir die Anlagen bei uns im Unternehmen nicht nur konzipieren, sondern auch umsetzen und aufbauen konnten. Seither bilden wir alle dafür nötigen Gewerke ab.
Mit den Alleinstellungsmerkmalen der genau auf die Kundenbedürfnisse abgestimmten Robotermesstechnik, der Bildverarbeitung in Verbindung mit Robotik sowie der in die Praxis überführten Offline-Programmierung konnten wir im Zuge dessen gewisse Nischen besetzen und unseren Kundenstamm erweitern. Vor circa 2,5 Jahren erfolgte mit der Entwicklung von iMS® ein weiterer Meilenstein. Wir sahen bei der automatischen Roboterkalibrierung einfach ein großes Kundenbedürfnis und überlegten uns, wie wir für einen komplizierten Sachverhalt eine einfache Lösung entwickeln konnten.
Und letztendlich war auch der Umzug von den Räumen des Gründerzentrums der Neue Materialien Bayreuth GmbH in unser Firmengebäude in der Dieselstraße ein Meilenstein. Wir waren schon lange auf der Suche nach einem passenden Objekt und haben damit schließlich ein Gebäude gefunden, was genau auf unsere Bedürfnisse passt. Hier können wir beim Anlagenbau auch in die Teilefertigung gehen und so noch flexibler auf Lieferzeiten und nachträgliche Kundenwünsche reagieren. Auf diese Weise erreichen wir eine sehr hohe Fertigungstiefe und können räumlich wie personell Anlagen mit einem Volumen von bis zu fünf Millionen EUR umsetzen.
Wirtschaftsforum: Robotik ist eine enorm faszinierende Angelegenheit. Gibt es dennoch Teilbereiche, in denen Sie es schwierig finden, gut geschultes Fachpersonal zu bekommen – und wenn ja, was tun Sie dagegen?
Dieter Ladegast: Natürlich stellt der Bereich Robotik mit den Schwerpunkten Bildverarbeitung und Messtechnik eine große Herausforderung bei der Personalsuche dar. Aber es ist auch ein sehr spannender Bereich, der uns zu einem interessanten Arbeitgeber mit einem sehr breiten Tätigkeitsfeld macht. Viele unserer Mitarbeiter sind über ein Praktikum, eine Diplom- oder Bachelorarbeit bei uns eingestiegen. Zudem bilden wir selbst aus. Auch aktuell haben wir vier Auszubildende, die sich auf die Bereiche Informatik, Elektrotechnik und Buchhaltung verteilen. Hinzu kommt, dass wir eine geringe Fluktuation haben und ich würde behaupten, das liegt auch an der hohen Mitarbeiterzufriedenheit. Wir sehen unser Personal als ein hohes Gut an und versuchen, ein sehr mitarbeiterfreundliches Umfeld zu schaffen. So konnten wir stets sehr natürlich wachsen, ohne große Engpässe beim Fachpersonal.
Wirtschaftsforum: Stichwort Digitalisierung: Wo sehen Sie ganz persönlich Chancen, Entwicklungen und Risiken und welchen Herausforderungen stehen Ihre Kunden gegenüber?
Dieter Ladegast: Wir treiben die Digitalisierung intern bei uns im Hause ebenso wie in Verbindung mit unseren Kunden voran. Dafür ist iMS® wieder ein gutes Beispiel. Der Kunde wünscht bei einer Störung der Anlage geringe Ausfallzeiten und einen geringen Personaleinsatz bei der Wartung. Beides bekommt er mit iMS®. Durch die automatische Roboterkalibrierung wird die Anlage zu einem System, das sich autonom selbst vermessen und wiederherstellen kann. Dabei entstehen keine oder nur geringe Ausfallzeiten und auch um komplizierte Wiederherstellungsprozesse durchzuführen, ist kein Fachpersonal nötig. Ist iMS® einmal installiert, können wir bei Störungen den Kunden ganz flexibel via Fernwartung helfen.
Wirtschaftsforum: Was macht Ihnen in Ihrem täglichen Arbeitsleben ganz besondere Freude, gibt es ein Steckenpferd?
Dieter Ladegast: Ich arbeite sehr gern mit Menschen zusammen und dazu habe ich hier durch den Kontakt mit unseren Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten jeden Tag Gelegenheit. Ich empfinde es als große Freunde und gleichzeitig als wichtige Herausforderung, zu allen Seiten ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen und zu pflegen. Und natürlich ist auch die Robotik selbst ein Steckenpferd von mir und ebenso von meinem Partner Hartmut Lindner. Wir waren beide zuvor bei der Firma Stäubli in der Robotik tätig und kommen somit aus diesem Bereich. Ich selbst war lange Zeit für die Inline-Messtechnik bei großen Produktionslinien im Fahrzeugbau zuständig und weltweit unterwegs. Robotermesstechnik und Roboterkalibrierung sind auch bei preccon wichtige Schwerpunkte. Da schließt sich der Kreis hin zu iMS®, was als Produkt letztendlich die konzentrierte und automatisierte Form der Robotermesstechnik ist.
Wirtschaftsforum: Bitte geben Sie uns einen kurzen Ausblick in Ihre Zukunftspläne – wo sehen Sie Ihre Firma in den nächsten Jahren?
Dieter Ladegast: Wir wollen uns weiterhin den Herausforderungen der Digitalisierung stellen, digitale Lösungen für organisatorische Prozesse noch besser nutzen und unsere Leistungen und Produkte weiter auf die Anforderungen der Industrie 4.0 ausrichten. Ebenso wollen wir unseren Kundenkreis ausbauen und weitere namhafte Kunden, auch über den Bereich der Automobilindustrie hinaus, gewinnen und binden. Ein weiterer Zukunftsplan, an dem wir bereits aktiv arbeiten, ist, die Bekanntheit von iMS® weiter zu erhöhen, sodass dieses Produkt irgendwann weltweit und flächendeckend in den Roboterzellen zum Einsatz kommt. Damit schaffen wir, neben dem Anlagenbau, ein weiteres wichtiges Standbein. Mit all diesen Faktoren und dank des Umzugs in unser neues Firmengebäude sollten wir gut aufgestellt sein, um auch weiterhin stetig und gesund wachsen zu können.