Gestalter der Energieversorgung von morgen
Interview mit Michael Scherf, Geschäftsführer der Netzgesellschaft Lübbecke mbH und Markus Hannig, Geschäftsführer der Stadtwerke Lübbecke GmbH
Die Netzgesellschaft Lübbecke ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Stadtwerke Lübbecke und wurde im Jahr 2008 gegründet. Zu ihren Aufgaben gehört die Versorgung der Haushalte und Unternehmen in der Region mit Strom, Gas, Wasser und Wärme.
Hierzu betreibt die Netzgesellschaft Lübbecke in ihren drei Netzgebieten – den Städten Lübbecke, Rahden (Gas) und Preußisch Oldendorf (Gas) – die entsprechenden Versorgungsnetze. Darüber hinaus betreibt das Unternehmen Wärmenetze für die Versorgung des Hallenbads, einer Schule sowie verschiedener Wohn- und Gewerbegebäude in Lübbecke.
Verantwortlich für Versorgungssicherheit
Die Ursprünge der Netzgesellschaft und der Stadtwerke Lübbecke gehen zurück bis in das Jahr 1899, als in Lübbecke die erste Gasanstalt aufgebaut wurde. Im Jahr 2005 übernahmen die Stadtwerke das regionale Stromnetz vom RWE-Konzern. Drei Jahre später erfolgte aufgrund gesetzlicher Bestimmungen die Gründung der Netzgesellschaft.
„Um den Wettbewerb in der Energiewirtschaft zu fördern, hat der Staat das sogenannte ‘Unbundling’, die Trennung von Energievermarktung und Netzbetrieb, vorgeschrieben“, erläutert Markus Hannig, Geschäftsführer der Stadtwerke Lübbecke und seit 1994 in der Energiewirtschaft tätig. „Seit dem ‘Unbundling’ betreiben wir das Netz und machen alles, was die Versorgungssicherheit angeht“, ergänzt Dipl.-Ing. Michael Scherf, seit Januar 2022 Geschäftsführer der Netzgesellschaft Lübbecke und zuvor 24 Jahre in der Versorgungswirtschaft tätig.
In den Jahren 2016 und 2018 wurden die Gasnetze in den benachbarten Kommunen Rahden und Preußisch Oldendorf erworben; vor Kurzem wurde eine Breitband-Gesellschaft gegründet, um den Glasfaserausbau in der Region voranzubringen und damit das Versorgungsangebot weiter abzurunden „Mit unserer kompletten Netzinfrastruktur für Strom, Wasser, Gas, Wärme und jetzt auch noch Glasfaser sind wir der Versorger schlechthin“, sagt Michael Scherf. Ein flächendeckendes Glasfaserangebot soll bis 2025 zur Verfügung stehen. „Eine Mammutaufgabe“, so Markus Hannig.
Massive Investitionen geplant
Zusammen mit den Stadtwerken investiert die Netzgesellschaft Lübbecke große Summen in den Netzausbau sowie die eigene Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien. Aktuell werden mehrere städtische Photovoltaik-Projekte umgesetzt, um die Energiewende in der Region voranzubringen. Dem stehe die staatliche Regulierung jedoch im Wege.
„Die Bundesnetzagentur muss höhere Netzrenditen ermöglichen“, fordert Markus Hannig. „Die Energiewende ist in aller Munde und auch von der Politik gewünscht, wird aber vor Ort zu wenig unterstützt“, bekräftigt Michael Scherf. Problem sei auch, dass Stadtwerke und Netzgesellschaft als Unternehmen der Versorgungswirtschaft verpflichtet sind, ihre Eigenkapitalquote hoch zu halten und gleichzeitig massiv in die Netze investieren müssen.
„Man fühlt sich hier oft alleingelassen von der Politik“, sagt Markus Hannig. Zudem erfordern die zunehmende E-Mobilität und der Zubau von Photovoltaikanlagen eine zuverlässige Steuerung der Lastverteilung in den Stromnetzen. Eine weitere Herausforderung stellen lange Lieferzeiten für Komponenten dar. Diese würden zum Teil mindestens 60 Wochen betragen. „Da lässt sich kaum ein verlässlicher Jahresplan machen“, so Markus Hannig. Last but not least gelte ‘Ohne Hände keine Wende’, wie Michael Scherf erläutert: „Mittels Künstlicher Intelligenz kommt noch kein Kabel in die Erde.“ Man sei aber in der glücklichen Lage, noch nicht vom Fachkräftemangel betroffen zu sein. „Wir gelten als attraktiver Arbeitgeber und bekommen die Fachleute, die wir brauchen“, erklärt Michael Scherf. So würden Positionen von baldigen Ruheständlern bereits perspektivisch besetzt, um einen fließenden Übergang zu gewährleisten.
Ein Job bei den Stadtwerken oder der Netzgesellschaft gelte als sicher und wichtig für die Region, da man die Versorgung mit Strom, Gas, Wasser und Wärme sicherstelle. „In der ganzen Stadt die Versorgung sicherzustellen, ist ein anspruchsvoller, aber auch sehr erfüllender Job“, so Markus Hannig. „Wir haben die einmalige Chance, in Lübbecke die Energiewende mitzugestalten, Gestalter der Zukunft zu sein“, ergänzt Michael Scherf.
Ausbau des Wärmenetzes
In Zukunft will man neben dem Glasfaserausbau vor allem das Wärmenetz weiter ausbauen. „Wir haben viele große Industriekunden, die wir mit dem heutigen Netz nicht flächendeckend mit Wärme beliefern können“, erklärt Michael Scherf. Das Gasnetz hingegen ist rückläufig; in Neubaugebieten werden bereits keine Gasanschlüsse mehr verlegt.