In Deutschland gibt es bisher selten eine zweite Chance, wenn man als Unternehmer scheitert

Interview mit Frank Thelen, Unternehmer, Gründer, Skateboarder und Autor

Wirtschaftsforum: Herr Thelen, mit „Startup-DNA“ legen Sie im Alter von 42 Jahren Ihre Autobiographie, per Definition die Beschreibung einer Lebensgeschichte, vor. Warum haben Sie ausgerechnet diesen Zeitpunkt gewählt?

Frank Thelen: Ich habe das Gefühl, dass jetzt genau der richtige Zeitpunkt dafür ist, in mehrfacher Hinsicht: Zum einen bin ich gerade selbst in eine neue Lebensphase eingetreten, vom Gründer zum Investor. Dann glaube ich auch, dass wir aktuell in einer ganz besonderen Zeit leben: Noch nie hat sich die Technik so schnell entwickelt. Schaffen wir es, dass die neuen Entwicklungen wie KI oder Blockchain wirklich hierzulande ankommen? Das ist essentiell! Und dazu will ich meinen Beitrag leisten. Und da ich - nicht zuletzt auch Dank “Die Höhle der Löwen”, gerade die für so ein Buch entscheidende Aufmerksamkeit erhalte, habe ich mich für diesen Zeitpunkt entschieden.

Wirtschaftsforum: Der Untertitel lautet „Hinfallen, aufstehen, die Welt verändern“ und macht den roten Faden des Buches aus. Wodurch lässt sich die Welt mehr verändern, durch das Hinfallen oder das Aufstehen?

Frank Thelen: Was für eine Frage - natürlich durch das Aufstehen. Das Hinfallen darf nie das Ziel an sich sein. Aber wer etwas riskiert, der kann eben auch scheitern. Bisher war es in Deutschland leider so, dass man danach nur noch selten eine zweite Chance erhalten hat, was ein großer Fehler ist. Denn gerade der, der hingefallen ist, kann solche Fehler vermeiden und durch seine Erfahrungen anderen helfen. Er muss aber bereit sein, aus seinen Fehlern zu lernen.

Frank Thelen
„Das Hinfallen darf nie das Ziel an sich sein. Aber wer etwas riskiert, der kann eben auch scheitern.“ Frank ThelenUnternehmer, Gründer, Skateboarder und Autor

Wirtschaftsforum: Das Handbuch über MS-DOS 5.0 darf wohl zu den wichtigsten Büchern in Ihrem Leben gezählt werden, hat sich an ihm doch Ihr Interesse für Technologien entzündet. Damals waren Sie Schüler, aber PC-Unterricht gab es nicht. Vermittelt Schule 2018 Ihrer Meinung nach genug Begeisterung für das Thema?

Frank Thelen: Ich will niemanden zu nahe treten, denn es gibt sicher viele sehr engagierte Lehrer. Aber oft beobachte ich, dass die Schüler tiefer in der Thematik stecken als die Lehrer selbst. Und die veraltete Technik in den Schulen kann die Schüler wohl kaum begeistern. Hier herrscht auf jeden Fall dringender Handlungsbedarf, wenn wir nicht den Anschluss verlieren wollen.

Wirtschaftsforum: Dem Begriff „Disruption“ widmen Sie ein eigenes Kapitel. Warum ist dieser Begriff für Sie so wichtig und inwiefern hat Ihre Autobiographie selbst disruptives Potenzial?

Frank Thelen: Disruptiv sind ja Entwicklungen, die bestimmte Märkte grundlegend verändern. Daher ist mein Buch selbst sicher nicht disruptiv. Aber ich hoffe, dass es Menschen dazu motiviert, dass sie selbst disruptive Ideen entwickeln und den Mut haben, diese umzusetzen - und damit hätte es ja gerade wieder disruptives Potenzial. Wir leben eben gerade in einer Zeit, in der die disruptiven Änderungen immer schneller kommen - und dafür möchte ich sensibilisieren.

„Wir leben eben gerade in einer Zeit, in der die disruptiven Änderungen immer schneller kommen - und dafür möchte ich sensibilisieren.“ Frank ThelenUnternehmer, Gründer, Skateboarder und Autor
Frank Thelen

Wirtschaftsforum: Im Kapitel „Deutschland 4.0“ formulieren Sie durchaus Handlungsbedarf für Deutschland im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit. Hand aufs Herz: Tragen wir die rote Laterne im internationalen Vergleich?

Frank Thelen: Nein, es ist längst nicht alles so schlecht, wie es schlecht geredet wird. So ist unsere Breitbandversorgung - von einigen Lücken abgesehen - gar nicht so übel. Auf der anderen Seite müssen wir aber auch der Tatsache ins Auge sehen, dass keines der bedeutenden Technologie-Startups aus Deutschland kommt. Und das hat viele Ursachen: eine auch politisch vorgelebte Skepsis gegenüber neuen Entwicklungen, zu viel Bürokratie, keine Kultur des Scheiterns und oft auch Neid auf Erfolg - oder auch die unzureichende Situation in den Schulen. Ich habe aber das Gefühl, dass momentan eine Generation am Start ist, die das ändern will - und dass auch die Politik etwas ändern will. Aber jetzt müssen eben auch Taten folgen, damit wir nicht irgendwann mal die rote Laterne haben. Doch ich bin Optimist!

Frank Thelen
„Die Erfahrungen, die ich selbst als Gründer und Unternehmer gemacht habe, führen dazu, dass ich als Investor mehr bieten kann als nur Geld.“ Frank ThelenUnternehmer, Gründer, Skateboarder und Autor

Wirtschaftsforum: Eine abschließende Frage: Ihnen gelingt es, souverän als Gründer, Unternehmer oder Investor aufzutreten. Gibt es eine Rolle, in der Sie sich besonders wohl fühlen oder bedingen sich diese Facetten gegenseitig?

Frank Thelen: Ich bin ein Gesamtkunstwerk (lacht). Nein im Ernst: Ich bin davon überzeugt, dass sich diese verschiedenen Bereiche gegenseitig befruchten und bedingen. Die Erfahrungen, die ich selbst als Gründer und Unternehmer gemacht habe, führen dazu, dass ich als Investor mehr bieten kann als nur Geld. Ich habe viele Erfahrungen selbst gemacht und kann diese an unsere Startups weitergeben. Das ist etwas, was in dieser Form nur wenige Investoren leisten können - und dass ich alle Aspekte in mir vereine ist eben mein “unfairer Vorteil”.

Interview: Markus Büssecker Fotos: © Frank Thelen/frank.io

Lesen Sie von Frank Thelen auch: ­­­­­­­­Ideen brauchen echte Gründer und keine Erfinder

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