Auf dem Teppich geblieben

Interview mit Martin Multhaupt, Geschäftsführer der Hamelner Teppichwerke GmbH & Co. KG

Drei Millionen Quadratmeter Teppich werden jährlich in Hameln hergestellt. Auslegware und Teppichfliesen, für Privatkunden und die Ausstattung großer Objekte. Die Teppichherstellung in Hameln hat Tradition – und vor rund zwei Jahren eine Zäsur erlebt.

Ambitionierter Neustart

Die Hamelner Teppichwerke GmbH & Co. KG haben ihre Wurzeln im Vorwerk-Konzern und wurden vor rund zwei Jahren im Rahmen eines Management-Buyout gegründet. Einer der Gründer war Martin Multhaupt, der zuvor im Vorwerk-Management tätig war.

„Die Pandemie hat Vorwerk 2020 vor große Herausforderungen gestellt“, sagt er. „Da Vorwerk vornehmlich im Direktvertrieb tätig ist, gab es angesichts der damals geltenden Kontaktbeschränkungen große Sorgen, wie der Vertrieb weiterlaufen sollte. Der Konzern steht für einen Umsatz von knapp 3,5 Milliarden EUR; die Teppichsparte für 40 Millionen. Vor diesem Hintergrund entschied Vorwerk, sich von allen Bereichen zu trennen, die nichts mit dem Kerngeschäft Elektrogeräte zu tun hatten.“

Herausforderungen gemeistert

Nach erfolgreichem MBO arbeiten die Hamelner Teppichwerke heute unabhängig vom Vorwerk-Konzern, sind Lizenznehmer und Markennutzer. 160 Mitarbeiter sind für das Unternehmen tätig, der Umsatz liegt bei knapp 40 Millionen EUR.

„Mit Übernahme des Unternehmens gab es keine Konzernmutter mehr im Rücken, die Dinge abfederte“, so Martin Multhaupt. „Das Unternehmen war damals wirtschaftlich angeschlagen und wir mussten einen Plan für eine langfristige gesunde Basis erarbeiten. Damit einher ging die Notwendigkeit eines Sozialplans, der die Halbierung der kompletten Mitarbeitermannschaft beinhaltete. Gleichzeitig stellte sich die ob langjährige Kunden uns weiterhin die Treue halten würden.“

Qualität made in Germany, made in Hameln

Die Teppichwerke meisterten die schwierige Situation und besannen sich auf die Kernkompetenzen – die Herstellung besonders hochwertiger Teppichböden. Das Portfolio umfasst das komplette Spektrum an Teppichbodenrollen, sogenannter ‘Wall-to-Wall-Produkte’, die vornehmlich für private Endkunden bestimmt sind. Parallel dazu konzentriert man sich im Objektgeschäft auf Bürogebäude, in denen schwerpunktmäßig Teppichbodenfliesen verlegt werden. Damit sind die Hamelner Teppichwerke sowohl im B2C- als auch im B2B-Geschäft tätig.

Kunden aus der DACH-Region, Skandinavien, dem Benelux, England, Frankreich und Osteuropa schätzen die hochwertigen Teppiche made in Germany. Eine hohe Fertigungstiefe ist kennzeichnend für das Unternehmen; der Zukauf-anteil macht maximal 5% vom Umsatz aus.

„Wir sind konsequent im Hochwertbereich unterwegs“, betont Martin Multhaupt. „Unsere Teppiche zeichnen sich durch besonders gute technische Eigenschaften aus, die direkten Einfluss auf den Look-and-feel-Effekt haben. Bei den Garnen setzen wir auf Polyamid 6.0 + 6.6-Garne, die sich auch in der hochwertigen Outdoor-Mode durchgesetzt haben. Die Garne haben einen Memory-Effekt, das heißt, Fasern, die zum Beispiel durch eine bestimmte Last plattgedrückt wurden, richten sich nach dem Bürstensaugen wieder auf.“

Am Standort Hameln deckt man zwei Fertigungstechniken ab. Zum Beispiel die klassische Webwarenproduktion, eine Technologie, die schon vor Christus nach identischem Prinzip praktiziert wurde und für außergewöhnliche Langlebigkeit und Qualität steht; in der gewerblichen Anwendung halten die Teppiche oftmals länger als 30 Jahre und werden dann meistens nur ausgetauscht, weil die Farbe nicht mehr gefällt.

„In Deutschland gibt es nur noch zwei Unternehmen, die so etwas herstellen“, so Martin Multhaupt. „Aufgrund des entsprechend hohen Preises ist der Anteil am Markt nur sehr klein.“ Daneben arbeitet das Unternehmen mit dem Tufting, einer Ende der 1950er-Jahre in den USA entwickelten Technologie, bei der ähnlich dem Nähmaschinenprinzip ein synthetisches Trägergewebe schlingenförmig eingestochen wird. Großen Raum nimmt nicht zuletzt die Verarbeitung recycelter Materialien ein, beispielsweise von Garn aus alten Fischernetzen. Nachdem die im Meer gesammelten Netze geschreddert wurden, können aus den Kleinteilen wieder Garne in Originalqualität hergestellt werden. Bereits seit den 1990er-Jahren ist das Thema Nachhaltigkeit fester Bestandsteil der Unternehmensphilosophie. Daran wird sich auch künftig nichts ändern. Eine weitere Herausforderung wird die Internationalisierung in den Kernmärkten Europas sein sowie die Entwicklung der „richtigen Produkte für die richtigen Marktsegmente“, wie Martin Multhaupt erklärt. Auf jeden Fall wird man in Hameln auch künftig auf dem Teppich bleiben – auch wenn die Teppiche das Zeug zum Höhenflug haben.

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