Selbstoptimierung bis ins hohe Alter
Interview mit Dr. Thomas Höppner, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb der G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG


Wirtschaftsforum: Herr Dr. Höppner, Pohl-Boskamp hat eine sehr lange Historie. Welches waren die wichtigsten Entwicklungsschritte?
Dr. Thomas Höppner: Die Geschichte reicht bis ins Jahr 1835 zurück, als der Apotheker Wilhelm Rose mit der Herstellung von Weichgelatinekapseln begann. Ab 1878 produzierte Georg Gustav Pohl magensaftresistente Gelatinekapseln in Danzig. Nach der Flucht in den Westen siedelte sich das Unternehmen 1945 hier in Hohenlockstedt an. Seit 1991 führt Marianne Boskamp das Unternehmen in 4. Generation. Dieser Wechsel brachte nochmals einen großen Innovationsschub. Seitdem sind wir kontinuierlich gewachsen. Durch unsere zwei Produktionsstandorte hier in der Region haben wir die volle Kontrolle über die Qualität unserer Produkte. Das war uns immer wichtig.
Wirtschaftsforum: Wie erlebt Ihr Unternehmen jetzt die Corona-Zeit?
Dr. Thomas Höppner: Für uns sind es wirtschaftlich schwierige Zeiten. Da wir mit unseren Produkten im Erkältungsbereich unterwegs sind, sind wir durch die AHA+L-Regeln arg gebeutelt. Erkältung und Grippe sind nicht mehr existent. Wir hatten 2019 noch einen Umsatz von 100 Millionen EUR. Er ist 2020 eingebrochen, und dieses Jahr rechnen wir mit einem weiteren Rückgang.
Wirtschaftsforum: Sie führen derzeit eine Studie zu COVID-19 durch. Worum geht es dabei?
Dr. Thomas Höppner: Sie hat folgenden Hintergrund: COVID-19 ist zunächst einmal eine Atemwegs-erkrankung. Von der Politik sind Atemwegserkrankungen leider bagatellisiert und die Medikamente zu ihrer Behandlung aus der Erstattung durch die Krankenkassen herausgenommen worden. Mit GeloMyrtol® forte haben wir ein Atemwegstherapeutikum, mit dem auch trockener Husten behandelt werden kann. Wir führen damit nun eine Pacebo-kontrollierte Studie zu COVID-19 an 150 Patienten durch, um zu belegen, dass die Patienten einen therapeutischen Nutzen von dem Arzneimittel haben und ein geringeres Risiko, in die Beatmung zu kommen – und um die Wirksamkeit von Phytopharmaka bei der Behandlung von Atemwegserkrankungen wieder in die Köpfe der Politiker und Ärzte zu bringen. Ergebnisse sind voraussichtlich im Sommer oder Herbst zu erwarten. Im Moment ist die einzige ‘Therapie’ bei leichten COVID-Symptomen die Isolation. Eine Therapieempfehlung gibt es nicht.

„Wir lassen uns von Smartwatches sagen, ob die Nacht gut war. Das nimmt schon komische Züge an.“ Dr. Thomas HöppnerGeschäftsführer
Wirtschaftsforum: Und unabhängig von Corona – welche Entwicklungen beobachten Sie derzeit in Ihrer Branche?
Dr. Thomas Höppner: Es ist ein Trend zur Individualisierung in der Arzneimitteltherapie festzustellen. Wir haben ein Stück weit unsere eigene Körperbeobachtung abgegeben, und es findet eine Selbstoptimierung statt, bis ins hohe Alter. Wir lassen uns zum Beispiel von Smartwatches sagen, ob die Nacht gut war. Das nimmt schon komische Züge an. Dieser Verlust des Körpergefühls führt ein Stück weit zu einer Aufgabe der Selbstkontrolle. Generell wird der Fokus immer weniger auf der Krankheit und mehr auf der Gesundheit liegen.
Wirtschaftsforum: Was ist Ihre persönliche Motivation bei Ihrer Arbeit?
Dr. Thomas Höppner: Ich bin seit 24 Jahren im Unternehmen und die Arbeit hier hat mir immer Spaß gemacht. Mich treibt es immer noch an, Dinge verändern zu können, sich zu wandeln und Mitarbeiter zu entwickeln. Kurz gesagt ist es die Unternehmenskultur. Wir haben ein tolles Miteinander und sind sehr authentisch, vielleicht manchmal etwas ruppig miteinander, aber jeder darf so sein, wie er ist. Wir lieben auch Menschen mit Ecken und Kanten.