Mechanik aus dem Drucker

Interview mit Rainer Wittich, Vorsitzender der Geschäftsführung der EDAG Production Solutions GmbH & Co. KG

Rainer Wittich, Vorsitzender der Geschäftsführung von EDAG PS, ist ein Mann (aus) der Praxis. Vor über 25 Jahren begann der Maschinenbauingenieur bei der heute unter EDAG Engineering GmbH firmierenden Muttergesellschaft als Betriebsmittelkonstrukteur.

Später wurde ihm die Leitung internationaler Projekte anvertraut, bevor er deutschlandweit die Verantwortung für die Betriebsmittelkonstruktion übernahm. 2006 wurde unter seiner Führung die gesamte Kompetenz der Firma in der Produktionsentwicklung in einem Profitcenter zusammengefasst und damit der Grundstein für EDAG PS gelegt.

Das börsennotierte Unternehmen, das schwerpunktmäßig Kunden aus dem Automotive- und Karosseriebaubereich betreut, startete mit 240 Mitarbeitern und einem Umsatz von 22 Millionen EUR. Fortan ging es steil bergauf. „Wir sind zu 90% organisch gewachsen. In unserem Segment sind inzwischen 1.400 Mitarbeiter beschäftigt“, berichtet Rainer Wittich.

Das Portfolio wurde stark erweitert, um komplette Entstehungsprozesse abdecken zu können. Heute entfallen 5% des auf 118 Millionen EUR angestiegenen Umsatzes (Zahlen zum 31.12.2016) auf andere Branchen wie Logistik, Distribution oder Food and Beverage. Der Geschäftsführer betont: „Wir machen nur Brainware, keine Hardware. Das heißt, wir liefern die Engineering-Dienstleistung, keine Produkte.“

30 Millionen EUR beträgt der Exportanteil – und der soll, wie das gesamte Unternehmen, im Zuge weiterer Internationalisierung weiter wachsen.

(Nicht nur) digital

Das ganzheitlich ausgerichtete Portfolio steht ganz unter dem Thema Digitalisierung. „Unsere Kompetenzen liegen vor allem in der digitalen Fabrik und der Industrie 4.0. Wir übernehmen die Fabrik- und Prozessplanung für die unterschiedlichen Gewerke einer Fabrik“, erklärt Rainer Wittich.

Das Betätigungsfeld ist damit weit und erstreckt sich auf Montage, Logistik, Konstruktion, Simulationsbereiche, Sicherheitstechnik, CAE- und CAX-Lösungen sowie Managementkompetenz. Industrie 4.0 ist für ihn keine Blase, sondern eine Klammer um Produkte und Prozesse, die in einer Produktion benötigt werden. „Wir haben kein Standardrepertoire, aber viele Lösungen, sind Ideengeber für diejenigen, die es zu Ende bringen, und begleiten das Projekt auch in der Realisierungsphase.“

Die papierlose Fabrik, Predictive Maintenance und die Smart Factory werden mit EDAG PS Realität. Dass die Firma ausgerechnet für eine mechanische Lösung, einen komplett medienlosen Greifer, auf der AEE in Nürnberg mit dem Innovationspreis ausgezeichnet wurde, ist für den Ingenieur kein Widerspruch – immerhin entstand dieser im 3-D-Drucker.

„Medien sind extrem teuer. Unser Greifer spart Platz, braucht wenig Wartung, die Instandhaltungskosten sind gering. Ist ein Teil defekt, kann ich schnell ein neues aus dem Drucker holen. Mit solchen Ideen wollen wir Anregungen für die Zukunft geben.“ Greenfactory ist ein weiteres Zukunftsthema, das EDAG PS bereits beschäftigt.

Erfolg kommt von innen

Angesichts der immensen Größenordnung des Unternehmens steht Rainer Wittich heute nicht mehr am Zeichenbrett. Sein Geschäft ist es, national und international auf Managementebene Business zu generieren und das Dienstleistungsportfolio ständig den Bedürfnissen des Marktes anzupassen.

Bereits 2006 gab er den Impuls, Aktivitäten in Best Cost Countries wie Indien und Ungarn zu starten, seit 2012 ist EDAG PS auch in Korea vertreten. Heute betreibt das Unternehmen 28 Standorte weltweit, darunter 12 Standorte außerhalb Deutschlands. Der Erfolg gründet sich nicht nur auf technische Innovation, sondern auch auf die internen Strukturen, erklärt der Geschäftsführer: „Wir setzen auf Nachhaltigkeit in der Zusammenarbeit, profitieren von unseren selbst entwickelten Managementprozessen und unseren vielen Fachexperten. Schon früh haben wir angefangen, in Ausbildung und duale Studiengänge zu investieren.“

Die Unternehmenskultur beschreibt er als sehr mitarbeiterorientiert: „Im Fokus steht, dass die Menschen gesund bleiben. Nicht nur für Kunden, auch in unseren Büros setzen wir deshalb das Leise-Hell-Sauber-Konzept um.“ Er selbst empfindet es als Glück, die Möglichkeit zu haben, mit Menschen zu arbeiten und innovative Themen zu gestalten und voranzutreiben. „Und natürlich motiviert auch der Erfolg.“

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