Lebensqualität zurückgewinnen – mit einem Hörimplantat

Interview mit Frank Wagner, Geschäftsführer Cochlear Deutschland GmbH & Co. KG

Wirtschaftsforum: Herr Wagner, für wen sind Cochlea-Implantatsysteme geeignet?

Frank Wagner: In Deutschland gibt es rund eine Million bis zu anderthalb Millionen Menschen, die mit einem Cochlea-Implantat besser hören könnten. Tatsächlich versorgt sind aktuell nur zwischen 50.000 und 60.000 Menschen. Es gibt also noch viel Potenzial. Die Implantate sind grundsätzlich für Kinder und Erwachsene und auch für Babys geeignet. Wenn die oder der Betroffene weniger als 60% der einsilbigen Wörter verstehen können, ist ein Cochlea-Implantat empfehlenswert und hilfreich. Häufig können Leute trotz Hörgerät immer noch nicht gut hören. Auch dann kann ein Cochlea-Implantat eine Lösung sein. Allerdings muss der Hörnerv noch funktionieren. Bei Kindern wie Erwachsenen gilt grundsätzlich: je eher das Implantat eingesetzt wird, umso besser funktioniert die Sprachentwicklung. Sogar bei tauben Kindern, die wir mit einem Cochlea-Implant versorgt haben, erzielen wir großartige Ergebnisse. Konnte man anfangs nur an einem Ohr ein Implantat haben, ist es inzwischen seit vielen Jahren möglich, beide Ohren mit einem Cochlea-Implantat zu versorgen.

Wirtschaftsforum: Wie genau funktioniert so ein Cochlea-Implantatsystem?

Frank Wagner: Ein Cochlea-Implantatsystem besteht aus zwei Komponenten. Das ist zum einen ein externer Soundprozessor und zum anderen ein Innenohr-Implantat, das von einem Chirurgen unter der Haut eingesetzt wird. Das Implantat beinhaltet einen Elektrodenträger, der in die Hörschnecke, die Cochlea, eingesetzt wird. Gemeinsam umgehen der Soundprozessor und das Implantat den geschädigten Teil des Ohres und leiten den Schall direkt an den Hörnerv weiter.

Wirtschaftsforum: Ist dies ein großer chirurgischer Eingriff?

Frank Wagner: Eine Cochlea-Implantation ist eine sogenannte elektive Operation, die meist unter Vollnarkose durchgeführt wird. Der Zugang zum Innenohr erfolgt hinter der Ohrmuschel über einen kleinen Schnitt. Der Eingriff gilt als Routineeingriff in spezialisierten Krankenhäusern.

Wirtschaftsforum: Wird das System von den Krankenkassen bezahlt?

Frank Wagner: Sobald eine ärztliche Indikation vorliegt, übernehmen die Krankenkassen komplett die Kosten für den Eingriff, die Nachsorge sowie regelmäßige Upgrades der Prozessoren.

Wirtschaftsforum: Was unterscheidet Ihre Implantatsysteme von denen anderer Anbieter?

Frank Wagner: Unsere Soundprozessoren sind kleiner und haben eine bessere Vorverarbeitung, zum Beispiel für das Hören in schwierigen Situationen, wie lauten Umgebungen. Es gibt verschiedene Implantatvarianten. Wir raten oft zur perimodiolaren Elektrode, die eng am Modiolus sitzt, sodass man genau die Stellen stimulieren kann, die man stimulieren möchte und erreicht somit ein hohes Maß an Zuverlässigkeit in der Übertragung. Auch mit unserer drahtlosen Verbindung zur Außenwelt, zum Beispiel zum Smartphone, sind wir dem Wettbewerb einen Schritt voraus. Wir haben 2017 unseren ersten Soundprozessor mit direktem Streaming ohne Zwischengerät herausgebracht, den Nucleus 7. Im Oktober vergangenen Jahres haben wir das Nachfolgemodell, den Nucleus 8 vorgestellt. Dieser weltweit kleinste Soundprozessor ist bereit für die zukünftige Technologie AuracastTM. So können sich die Träger dieses Modells an öffentlichen Einrichtungen, wie zum Beispiel Bahnhöfen und Flughäfen, einwählen und die Durchsagen klar und deutlich hören.

Wirtschaftsforum: Was sind ihre Themen für das Jahr 2023?

Frank Wagner: Natürlich entwickeln wir kontinuierlich unsere Systeme und Lösungen weiter. Wir werden verstärkt mit Hörakustikern zusammenarbeiten, damit sie den Menschen die Implantate näherbringen können. Dazu werden wir versuchen, als Verbindung zwischen den Akustikern und Kliniken zu agieren. Schwerhörige Menschen müssen Zugang zu dieser Therapie bekommen. Obwohl das Potenzial in Deutschland sehr hoch ist, ist es schwierig, die Implantatlösungen in die Breite der Versorgung zu tragen. Meine Vision ist es, Menschen flächendeckend mit dieser hervorragenden Lösung zu versorgen und ihnen so mehr Lebensqualität zu ermöglichen. Dafür kämpfe ich aus Überzeugung und mit meinem vollen Engagement, ebenso wie all unsere Mitarbeiter, die sich mit unseren Produkten und unserer Unternehmensphilosophie voll und ganz identifizieren.

Mehr zum Thema Gesundheit, Medizin & Pharma

Technologieführer in der medizinischen Diagnostik

Interview mit Gerald Unden, Geschäftsführer der MIKROGEN GmbH

Technologieführer in der medizinischen Diagnostik

In der Coronapandemie ist die Bedeutung medizinischer Diagnostik in den Fokus der Menschen gerückt und der schnelle Nachweis einer SARS-CoV-2-spezifischen Immunreaktivität hat in der Bekämpfung der Pandemie eine wichtige Rolle…

Die Kraft der Stille

Interview mit Harald Schopf, Gesamtleiter des Kneipp- und Gesundheitszentrums der Barmherzigen Brüder

Die Kraft der Stille

„Gesund zu sein ist heute schon fast ein Synonym für ein glückliches Leben“, weiß Harald Schopf, Gesamtleiter des Kneipp- und Gesundheitszentrums der Barmherzigen Brüder im österreichischen Schärding. Das Kurhaus ist…

„Ich hab‘ Rücken – gehabt!“

Interview mit Wolfgang Ries, Geschäftsführer und Gründer der joimax® GmbH

„Ich hab‘ Rücken – gehabt!“

Für viele Menschen, die unter Rückenschmerzen leiden, ist eine Operation die letzte Lösung. Die joimax® GmbH aus Karlsruhe genießt weltweit einen ausgezeichneten Ruf als Experte für endoskopische minimalinvasive Wirbelsäulenchirurgie. Mit…

Spannendes aus der Region Region Hannover

„Wir entwickeln komplett neue Konzepte und Formate!“

Interview mit Christian Hohmann, Director Client Relations und Cris Vornkahl, Director Client Relations & Strategy der Holtmann GmbH & Co.KG

„Wir entwickeln komplett neue Konzepte und Formate!“

Die Krise war die Chance. Obwohl das klassische Messegeschäft durch Corona zum Erliegen kam, war die Holtmann GmbH & Co. KG aus Langenhagen bei Hannover, die sämtliche Leistungen unter der…

Mit Riesenschritten in die Zukunft

Interview mit Klaus Schultz, Vorstandsvorsitzender der GGG-Kraftfahrzeug- Reparaturkosten- Versicherungs-AG

Mit Riesenschritten in die Zukunft

Der Automobilmarkt, auch der Gebrauchtwagenmarkt, ist von den Turbulenzen und Entwicklungen der letzten Zeit nicht unbeeindruckt geblieben. Das merkt auch die GGG-Kraftfahrzeug-Reparaturkosten-Versicherungs-AG, Garantieanbieter für Gebrauchtwagen. Unter neuer Führungsriege möchte man…

„Mensch und Medizin im Einklang“

Interview mit Manuel Demes, Kaufmännischer Geschäftsführer der Sophienklinik GmbH

„Mensch und Medizin im Einklang“

Zeit ihres Bestehens ist die Sophienklinik in Hannover eine Belegarztklinik: Im Krankenhaus arbeiten nicht angestellte, sondern niedergelassene Fachärzte, die dort ihre eigenen Patienten behandeln, wodurch eine engmaschige Betreuung ‘aus einer…

Das könnte Sie auch interessieren

„Ich hab‘ Rücken – gehabt!“

Interview mit Wolfgang Ries, Geschäftsführer und Gründer der joimax® GmbH

„Ich hab‘ Rücken – gehabt!“

Für viele Menschen, die unter Rückenschmerzen leiden, ist eine Operation die letzte Lösung. Die joimax® GmbH aus Karlsruhe genießt weltweit einen ausgezeichneten Ruf als Experte für endoskopische minimalinvasive Wirbelsäulenchirurgie. Mit…

seleon GmbH: 25 Jahre Erfahrung im Bereich Medizintechnik

Interview mit Benjamin Klein, Direktor Sales Entwicklung und Produktion der seleon GmbH

seleon GmbH: 25 Jahre Erfahrung im Bereich Medizintechnik

Vor 25 Jahren als Spin-off der Universität Freiburg gegründet, hat sich die seleon GmbH in einem Vierteljahrhundert zu einem gefragten Dienstleistungspartner für die Entwicklung und Zulassung von medizintechnischen Produkten und…

Technologieführer in der medizinischen Diagnostik

Interview mit Gerald Unden, Geschäftsführer der MIKROGEN GmbH

Technologieführer in der medizinischen Diagnostik

In der Coronapandemie ist die Bedeutung medizinischer Diagnostik in den Fokus der Menschen gerückt und der schnelle Nachweis einer SARS-CoV-2-spezifischen Immunreaktivität hat in der Bekämpfung der Pandemie eine wichtige Rolle…

TOP